Die Geier
er. Jemand hatte den Terroristen erschossen. Mit
einem häßlichen Geräusch schlug das Kommandomit-
glied auf dem Rasen direkt vor dem Botschaftsgebäude
auf.
Sogleich waren aus allen Richtungen laute Befehle
und entsetzte Schreie zu hören, welche die Panik der
Polizisten noch größer werden ließen. Die Tore zur
Hölle öffneten sich. Die Mitglieder der Cristal-Gruppe
begannen wie wild um sich zu schießen und zerschlu-
gen von innen die riesigen Fenster des Gebäudes. Eine
gewaltige Explosion erschütterte den Boden des sech-
zehnten Pariser Bezirks bis hin zur Place de l'Etoile.
Schwarze Rauchwolken stiegen aus dem linken Flügel
der Botschaft auf. Die Polizisten beantworteten das
Feuer und nahmen die Fassaden des Botschaftsgebäu-
des unter Beschuß. Etwa zehn Leichen lagen bereits auf
der Fahrbahn.
Die Rinde des Baumes, hinter dem Toland sich ver-
steckt hielt, flog in Stücke und schien von einer unsicht-
baren Säge zerfetzt zu werden. Um sich noch besser zu
schützen, klammerte sich der Sammler noch enger an
den Baum. Der junge Polizist lag sterbend auf dem Rük-
ken im Gras.
Außer dem Stakkato der Maschinenpistolen und den
unaufhörlichen Schüssen aus Revolvern und anderen
Waffen hörte Toland plötzlich das Surren eines Rotors.
Der Hubschrauber der G.l.G.N. flog heran. Die Grana-
ten zogen Rauchwolken durch die Nacht. Die Lage
wurde von Sekunde zu Sekunde auswegloser, und je-
der versuchte, um sein eigenes Leben zu kämpfen.
Sämtliche Scheinwerfer waren auf die Botschaft ge-
richtet, die in dichten Nebel gehüllt zu sein schien. Die-
sen Nebel ließ das grelle Scheinwerferlicht noch un-
durchdringlicher erscheinen.
Der Hubschrauber setzte etliche Polizisten auf dem
Dach der Botschaft ab. Unterdessen breitete sich im
nördlichen Flügel des Gebäudes ein riesiges Flammen-
meer aus, von der ersten bis zur letzten Etage. Toland
krümmte sich noch mehr zusammen. Sein ganzer Kör-
per bestand nur noch aus Angst. Einige Meter von ihm
entfernt sackte ein weiterer Polizist zu Boden. Kugel-
splitter hatten ihn getroffen. Die Busse und Wagen der
Ordnungskräfte wurden von den Kugeln durchlöchert,
manche Einschußlöcher waren so dick wie der Arm ei-
nes Kindes. Plötzlich wurden die Schüsse seltener. Statt
dessen waren dumpfe Explosionen zu hören, die das
ganze Viertel erschütterten. Der Rauch der Flammen,
der von einem lauen Wind am Boden gehalten wurde,
machte die Situation unbeschreibbar.
Dröhnend hielt ein zweiter Hubschrauber über der
Botschaft im Flug inne. Die Flammen griffen auf die öst-
liche Fassade des Gebäudes über. Mit ungeheurer Ge-
schwindigkeit zerstörten sie die massiven Mauern.
Toland, der zu ersticken drohte, hustete wie ein alter
Mann. Plötzlich wurde er von einer kräftigen Hand
hochgerissen.
»Was tust du denn hier?« brüllte Milan. »Es gibt Ar-
beit.«
Er drückte dem verdutzten Sammler eine Gasmaske
in die Hand und deutete auf den jungen Polizisten.
»Die Leber und die Nieren!« befahl er. »Dafür besteht
eine große Nachfrage. Und dieser Kerl hat in seinem
ganzen verfluchten Leben keinen einzigen Tropfen Al-
kohol getrunken! Los, beweg dich!«
Milan eilte zu einem anderen Toten, den er rasch auf
den Rasen zog. Die Geier spürten, wie die schreckliche
Hitze des Feuers ihnen durch die Lederuniform auf die
Haut brannte.
Eine halbe Stunde vor der Landung des von der Sirchos
Corporation gecharterten Flugzeugs war Mark Zorski
eingeschlafen. Als er wieder aufwachte, fühlte er sich
todmüde und völlig erschöpft. Gegen diesen Zustand
mußte er etwas unternehmen, und so schluckte er, ohne
Wasser, zwei Amphetamintabletten.
Eine strahlend weiße Limousine erwartete ihn beim
Verlassen der Maschine. Zorski hatte größte Mühe, die
schmale Gangway hinunterzugehen; schließlich nahm
er im Fond des Wagens Platz. Seine Lippen waren von
der starken Amphetamin-Dosis wie zugeschweißt.
Zwei Motorräder begleiteten den Wagen, der mit wahn-
sinniger Geschwindigkeit nach West Palm Beach raste.
Mit heulenden Sirenen jagten sie bei Rot über die Kreu-
zungen.
Auf dieser bewegten Fahrt kam Zorski allmählich
wieder zu sich. Das Aufputschmittel besiegte seine Er-
schöpfung, doch am nächsten Tag würde er für diese
Methode sehr teuer bezahlen müssen. In Gedanken
versunken, massierte er sich das Zahnfleisch sanft mit
dem Zeigefinger, um die eisige Betäubung loszuwer-
den, die die Zähne wie weißglühende
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