Die Geier
Konkurrenz zu erdrücken. Trotz aller Sympa-
thie, die er Toland entgegenbrachte, konnte der Chirurg
der Lilien-Klinik, der ihn empfing, ihm nicht verspre-
chen, auch in Zukunft noch Organe zu kaufen, die viel
teurer waren als die, die der größte Lieferant des Landes
anzubieten hatte.
«Zudem gehört das nicht mehr in meinen Aufgaben-
bereich«, erklärte er. »Ich bekomme Schwierigkeiten mit
der Verwaltung.«
»Die Z.S.A. wird diese niedrigen Preise nur so lange
beibehalten, bis alle Unabhängigen das Feld geräumt
haben«, antwortete David. »Sobald wir von der Bildflä-
che verschwunden sind, werden die Preise erneut stei-
gen, und Sie können sicher sein, daß dieser verdammte
Steve Odds das verlorengegangene Geld schon wieder
eintreiben wird.«
Der Chirurg lächelte.
»Halten Sie uns nicht für dumm, Toland. Was Sie
eben gesagt haben, wissen wir schon lange. Die Z.S.A.
strebt das Sammlermonopol an. Das ist nicht unbedingt
wünschenswert, einverstanden, aber versuchen Sie
mal, sich der Gewerkschaft zu widersetzen. Wie wollen
Sie den Patienten erklären, daß sie für eine Operation
oder einen Krankenhausaufenthalt mehr bezahlen müs-
sen, nur damit die Konkurrenz überleben kann? Wie
wollen Sie die Finanzabteilung davon überzeugen, daß
sie von zwei gleichwertigen Artikeln den teueren kau-
fen muß? Und selbst wenn Ihnen das gelingen sollte,
würde die Z.S.A. unverzüglich eine gigantische Werbe-
kampagne starten, und sehr schnell hätte die Gewerk-
schaft sämtliche Verbraucher auf ihrer Seite. Wissen
Sie, Toland, in den USA sind die besten Sammler längst
Mitglied der mächtigsten Gewerkschaften . . . «
David verzog das Gesicht.
»Sie sind schon der zweite verdammte Arzt, der mir
an diesem verdammten heutigen Tag diesen Vorschlag
macht. Aber Sie verlieren damit nur Ihre Zeit. Ich habe
nicht die Absicht, mich in Steve Odds' Dienst zu stel-
len.«
Als sie erneut im Cherokee saßen, schien Gerard
Roussel völlig entmutigt zu sein. Wütend zerriß er die
letzten Meldungen über die Zwischenfälle in der Nähe
von Bercy.
»Diesmal, glaube ich, gibt's nichts mehr zu retten ...«
David drehte sich zu ihm um.
»Ich habe rasch eine kleine Berechnung aufgestellt«,
erklärte sein Partner. »Mit dem, was wir in diesem Mo-
nat verkauft haben, können wir nicht einmal unsere
Unkosten decken, selbst wenn wir uns den neuen Tari-
fen anpassen. Weißt du, was das bedeutet? Wir arbeiten
mit Verlust, mein Lieber. Mit Verlust!«
David nickte.
»Genau!« erwiderte er.
Roussel runzelte die Stirn.
»Was willst du damit sagen?«
»Die Z.S.A. hat doch noch viel höhere Unkosten als
wir, oder?«
»Na und?«
»Ewig lange wird sie das also nicht durchhalten«,
sagte David lächelnd. »Odds kann die New Yorker
Banken nicht ständig um finanzielle Unterstützung
bitten. Wir müssen nur lange genug Widerstand lei-
sten.«
»Widerstand leisten?« stöhnte Roussel. »Aber wie,
verdammt noch mal? Wenn das so weitergeht, halten
wir es keine vierzehn Tage mehr aus. Und spätestens in
zwei oder drei Monaten werden die Gerichtsvollzieher
unsere ganze Ausrüstung beschlagnahmt haben. Erklär
mir mal, wie du unter solchen Voraussetzungen Wider-
stand leisten willst!«
»Indem wir doppelt soviel Arbeit leisten«, antwortete
David gelassen und steuerte den Cherokee zum Aus-
gang des Lilien-Hospitals.
Keiner von beiden bemerkte den Studebaker, der am
Bürgersteig parkte. Am Steuer des mit dem Z.S.A.-Sie-
gel gekennzeichneten Wagens saß Mirko Milan und be-
obachtete die Abfahrt des Cherokee ...
Siebtes Kapitel
So unwahrscheinlich es auch erscheinen mochte, aber
Alexander Sirchos hatte beschlossen, im Hospital zu
bleiben, nur etwa fünfzig Meter vom Zimmer seiner
Frau entfernt. Man hatte ihm einen Raum zur Verfü-
gung gestellt, den er in wenigen Stunden einrichten
und umgestalten ließ und der ihm sowohl als Büro als
auch als Schlafzimmer diente. Er hatte sogar beschlos-
sen, dort etliche seiner Vorstandssitzungen abzuhalten.
Was auch immer geschehen mochte, Sirchos war nicht
bereit, das Sprague-Hospital in Miami für mehr als zwei
Stunden zu verlassen. Pamela brauchte ihn; die ande-
ren sollten zu ihm kommen. Unter der strengen Auf-
sicht seiner Innenarchitekten hatte sich das einstige
Krankenzimmer mit den sechs Betten in ein luxuriöses
Wohnzimmer mit herrlichen königsblauen Seidenbe-
hängen an den Wänden verwandelt. Ferner war es mit
bequemen
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