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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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An
    jenem Abend jedoch wäre er gern an Simbas Stelle ge-
    wesen, hätte er gern das friedliche Leben und die treue
    Leidenschaft seines Kollegen genossen.
    Dieser Anflug von Eifersucht hielt jedoch nie lange
    an. Solche Gefühle waren beim Meister der Herzchirur-
    gie nicht von langer Dauer. Allerdings machte der Kon-
    trast zwischen Simbas scheinbarem Einfallsreichtum
    und der Beständigkeit seines Familienlebens Zorski
    weiterhin stutzig. Zorski war das genaue Gegenteil von
    Simba, die Rückseite des Spiegels, das Negativ, sowohl
    von der Hautfarbe als auch von der Lebensart her.
    Junior, Armyan Simbas Sohn, trat ins Wohnzimmer.
    Er trug einen ausgefallenen orangefarbenen Trainings-
    anzug und warf seine Sporttasche aufs Sofa. Er ließ
    sich in einen Sessel fallen und seufzte laut.
    »Schon wieder verloren?« erkundigte sich Simba.
    Junior verzog den Mund und nickte traurig mit dem
    Kopf.
    »Diese Idioten haben eine Basis gesprengt, und der
    Schiedsrichter hat nichts gesehen«, knurrte er.
    »Und euer neuer Werfer?«
    »Kannst du vergessen!« zischte Junior und sprang mit
    einem Satz auf.
    Er trat an den Tisch und reichte Zorski die Hand.
    »Guten Tag, Mister Zorski. Entschuldigen Sie bitte,
    aber ich bin total erledigt.«
    »Das kann ich gut verstehen« sagte Zorski lächelnd
    und schüttelte Junior die Hand.
    Der Junge wandte sich an seinen Vater.
    »Papa, gibst du mir bitte den Schlüssel zum Univer-
    sum zurück?«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Bitte«, flehte Junior. »Ich muß ein neues Spielpro-
    gramm ausarbeiten. Ich bin sicher, daß ich es diesmal
    verkaufen kann.«
    »Am Sonntag sprechen wir noch mal darüber«, ent-
    schied Simba mit ruhiger Stimme. »Geh in die Küche,
    deine Mutter hat dir etwas zu essen gemacht.«
    Junior zuckte mit den Schultern und verließ das
    Wohnzimmer.
    »Der Schlüssel zum Universum?« fragte Zorski er-
    staunt.
    Simba lächelte.
    »Das ist das Zimmer, wo er seine Computer stehen
    hat«, erklärte der schwarze Riese. »Nach zwei Geldstra-
    fen und fünf Polizeibesuchen war ich gezwungen, das
    Zimmer abzuschließen. Ich sage dir, Mark, diese Com-
    puter-Kids werden in diesem Land noch für so manches
    Durcheinander sorgen. Apple und American Express
    habe ich bereits Schadenersatz zahlen müssen, mit Na-
    tional Drug und der Informatikabteilung des M.I.T.
    habe ich einen Prozeß laufen. Wenn das so weitergeht,
    arbeite ich am Ende nur noch, um für Juniors Dumm-
    heiten zu bezahlen.«
    Zorski lachte.
    »Du beklagst dich, daß du einen begabten Sohn
    hast?«
    »Du hast gut reden«, seufzte Simba. »Letzten Monat
    hatte er nichts Besseres zu tun, als in das System meiner
    Bank einzudringen und imaginäre Einzahlungen auf
    mein Konto zu verbuchen. Es ist ihm gelungen, die Ge-
    heimcodes sämtlicher Versicherungen hier aus der Ge-
    gend zu entschlüsseln und täglich mehr als tausend
    Dollar auf mein Konto zu überweisen. Kannst du dir
    das vorstellen? Dieser Bursche treibt mich noch in den
    Wahnsinn.«
    Zorski lachte noch lauter, doch dann plötzlich hielt er
    inne.
    »Was hast du?« fragte Simba beunruhigt.
    »Heißt das, daß Junior verschlüsselte Systeme knak-
    ken kann?«
    Simba nickte.
    »Natürlich nur dann, wenn er den Einstiegscode her-
    ausgefunden hat. Viele Kinder vertreiben sich mit sol-
    chen Spielereien die Zeit.«
    »Und wenn er keinerlei Operationen vornimmt, kann
    niemand ihm auf die Spur kommen?«
    Simba schlug die Hände über dem Kopf zusam-
    men.
    »Mein Gott, woher soll ich das wissen? Das mußt du
    ihn schon selbst fragen. Aber warum ...«
    Zorski beugte sich leicht nach vorne.
    »Ich möchte, daß Junior versucht, Verbindung mit
    dem Miami Hospital aufzunehmen«, murmelte er.
    Elftes Kapitel
    Abgesehen von einer leichten Migräne, anhaltenden
    Beschwerden in der Leistengegend und einem ständi-
    gen Obelkeitsgefühl ging es David Toland viel besser. Er
    war wieder bei Bewußtsein, und auch wenn seine Erin-
    nerungen nach wie vor in dichten Nebel eingehüllt wa-
    ren, so wußte er doch wieder, wer er war und wo er sich
    befand, als er seinen Freund Loic Gaborit ins Zimmer
    treten sah.
    Der Arzt lächelte, konnte seine Besorgnis aber nur
    schwerlich verbergen.
    »Kannst du mir vielleicht erklären, warum diese blöde
    Krankenschwester sich weigert, mir zu essen zu ge-
    ben?« schimpfte David und richtete sich in seinem Bett
    auf.
    Gaborit trat an sein Bett und schob ihm ein zusätzli-
    ches Kissen in den Rücken.
    »Eine Anweisung von mir«, gestand der

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