Die Geier
aussehen ließ.
»Vito hat dir ganz deutlich zu verstehen geben, daß
du nur die Ausrüstung zerstören solltest, nicht die
Männer!« knurrte Milan.
»Ach so! Deswegen bist du gekommen! Um mir Vor-
würfe zu machen? Mir?« sagte Bismark und legte seine
tätowierte Hand auf die Brust. »Hierher bist du ge-
kommen, um mir Vorwürfe zu machen?«
»Du wurdest für eine ganz bestimmte Arbeit bezahlt,
für eine einfache Arbeit, die ich den Kindern aus der
Gegend für eine Handvoll Kröten hätte anbieten kön-
nen. Und du bist nicht imstande, das zu erledigen?«
zischte Milan und trat vorsichtigerweise einen Schritt
nach hinten.
»Der Geier ist tot?« fragte der Bandenführer belustigt.
»Nein, aber so gut wie. Er liegt im Koma, im Saint-
Louis.«
»Ich hab ihn kaum angerührt, das schwör ich dir«,
verteidigte sich Bismark. Dabei grinste er, ehrlich wie
ein Versicherungsagent. »Hör zu, Milan, du kennst sie
doch, diese Giftzwerge. Oder? Wenn du sie nicht dau-
ernd anbrüllst, nehmen sie dich nicht für voll. Ich hab
ihm wirklich nicht den Kopf einschlagen wollen. Was
kann ich denn dafür, daß deine Kumpel Köpfe wie Ka-
narienvögel haben, verdammt noch mal!«
Milan schüttelte den Kopf.
»Du weißt nicht, wie stark du bist«, sagte er ironisch.
»Genau«, frohlockte Bismark und schnippte mit den
Fingern. »So ist es. Ich kenne meine Kraft nicht.«
Er lachte laut und spuckte Milan genau zwischen die
Stiefel.
»Ich warte nur darauf, daß jemand kommt und seine
Kräfte mit mir mißt«, schloß er mit rauher Stimme.
Milan schauderte. Er hatte große Lust, diesen Drecks-
kerl mit dem Kopf in den Schlamm zu stopfen und ihn
auszupeitschen. Dieser Wunsch stand ihm wohl im Ge-
sicht geschrieben, denn Bismark drehte sich langsam
um und faßte sich mit der Skorpionhand an den Gürtel.
»Wenn ich jetzt in meine Jacke greife, legst du mich
dann um?« murmelte Milan.
»Unter uns gesagt, so was tut man nicht ...«, antwor-
tete Bismark.
»Um so besser«, grinste Milan und zog ein Bündel
Banknoten aus der Tasche.
Bismarks Verkrampfung löste sich merklich.
Gewiß hatte die Zeit ihn vieles vergessen lassen, doch
er hätte sich unbedingt daran erinnern müssen, daß er
Milan nie, nicht einmal eine halbe Sekunde lang, aus
den Augen lassen durfte. Dessen wurde er sich aber lei-
der erst wieder bewußt, als ihm das Messer in den Un-
terleib drang. Milan packte ihn am Nacken und ver-
setzte ihm zwei Schläge zwischen die Augen. Dann zog
er ihn nahe an sich heran.
»Erinnerst du dich an die gute alte Zeit, Bismark?«
flüsterte er ihm ins Ohr, während der Blick des Banden-
führers sich trübte. »Keine Zeugen, hieß es. Niemals ei-
nen Zeugen.«
Bismark sank in die Knie. Milan drückte ihn gegen die
Tür des Studebakers.
»Sauhund!« zischte Milan. »Du stinkst bereits nach
Aas, aber so einfach kommst du mir nicht davon. Ich
habe noch eine kleine Überraschung für dich. Stefan!
Vito!«
Entsetzen breitete sich in Bismarks Augen aus, als er
Milans Brüder aus dem Studebaker springen sah. Vito
hielt eine Maschinenpistole auf das Pavillon gerichtet, wo sich nichts und niemand rührte. Mit gierigen Augen
näherte sich Stefan, das Riesenbaby, dem Apachen-
führer und öffnete bereits den Reißverschluß seiner
Hose.
»Du wirst merken, wie gut das tut!« tobte Milan.
Verzweifelt schüttelte Bismark den Kopf. Milan warf
ihn auf alle viere in den Schlamm. Mit dem Messer
schnitt er die Lederhose des Apachenhäuptlings auf
und entblößte dessen riesigen runden Hintern.
»Du bist 'ne Sau!« spie Milan. »'ne dicke brünstige
Sau!«
Das Schauspiel erregte Stefan, der das wirklich nicht
nötig hatte ...
Die Lichter waren nicht mehr so grell und kreisten lang-
samer. Es erinnerte nun an einen scheußlichen Alkohol-
rausch. David hatte unbändige Lust zu kotzen. Als er
versuchte, sich aufzurichten, vernahm er eine Stimme
in seinem Kopf:
»Bleiben Sie ruhig liegen, Monsieur Toland.«
Warum schrie man denn so? David wurde erneut be-
wußtlos.
Wie erwartet, lösten die Nebelschwaden sich nach einer
guten Tasse Kaffee und einer Dusche allmählich auf.
Als Mouss mit den Croissants vom Bäcker zurückkam,
konnte Sylvie sich wieder ganz genau an den Mann er-
innern, der ihr die Filmrolle gegeben hatte. Aber sie
sagte kein Wort, sondern blieb eher nachdenklich.
Mouss setzte sich, nahm ein Croissant aus der Papiertü-
te, schnitt es der Länge nach auf, strich Butter
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