Die Geier
tun . . . «
»Wessen Lebenserwartung?« fragte die junge Frau
leise. »Und auf wessen Kosten?«
Brutal stieß Armyan seinen Stuhl nach hinten, erhob
sich und nahm seine Jacke.
»Du redest genauso wie die Journalisten dieser ver-
fluchten Zeitschriften!« schrie er, bevor er das Haus ver-
ließ und in die Blue Bar eilte.
Einige Stunden später kam er, nach Rum stinkend,
nach Hause zurück und stieg mühsam die letzten Trep-
penstufen zu den Schlafzimmern hoch. Sein Blick fiel
auf den Lichtstrahl unter der Tür von Juniors Zimmer.
Er schaute kurz auf seine Uhr, runzelte die Stirn und
klopfte leise an die Tür, in der Hoffnung, um drei Uhr
nachts sei sein Sohn längst eingeschlafen und habe nur
vergessen, das Licht zu löschen.
»Komm rein!« flüsterte Junior.
Ziemlich verdutzt, hin und her gerissen zwischen
Wut und Trunkenheit, betrat Armyan das Zimmer sei-
nes Sohnes. Junior saß vor seinem Computer, dessen
Bildschirm den Raum in ein flackerndes grünliches
Licht tauchte.
»Ich werde dir das ganze Zeug erneut wegnehmen
müssen«, seufzte Armyan.
»Ich muß morgen erst um elf zum Unterricht«, vertei-
digte sich Junior. »Und ich glaube, ich habe etwas sehr
Wichtiges herausgefunden. Komm und sieh es dir an!«
»Und was soll das sein?« brummte Simba. »Hast du
erneut eine Versicherungsgesellschaft bespitzelt?«
Aufgeregt klimperte Junior auf den Tasten des Com-
puters herum.
»Hast du schon mal was von >Global Control War<
gehört?«
Armyan runzelte die Stirn.
»Ein neues Spiel?«
»Jede dritte Information, die Alexander Sirchos
übermittelt wird, trägt diesen Code-Titel«, erklärte Ju-
nior.
Simba mußte sich hinsetzen. Verdutzt betrachtete er
die Zahlen, die mit unglaublicher Geschwindigkeit auf
Juniors Bildschirm vorbeizogen.
»Es ... es ist dir gelungen, Sirchos' Mitteilungen zu
dechiffrieren?« stammelte er.
Sichtlich betrübt schüttelte Junior den Kopf.
»Nicht ganz. Aber es ist mir gelungen, mit Hilfe die-
ses Zugangscodes Verbindung mit der Zentrale der Sir-
chos Corporation aufzunehmen. Leider haben sie ein
System, das sämtliche Anrufe nach einer Viertelstunde
automatisch abschaltet. Ich habe versucht, eine neue
Verbindung herzustellen, aber das hat nicht geklappt.
Das reinste Geduldsspiel, dieses Ding!«
Armyan deutete auf die Zahlen auf dem Bildschirm.
»Und das? Was ist das?«
Unruhig rutschte Junior auf seinem Stuhl hin und
her.
»Habe ich noch nicht herausgefunden, aber es wird
nicht mehr lange dauern«, entgegnete er. »Da gibt's
Namen von Ländern, von Städten, deren Codenummer
sich mit jedem Abschnitt ändert. Innerhalb der Ab-
schnitte gibt es noch komplexere Informationen, wahr-
scheinlich die Namen von Gesellschaften, politischen
Parteien, sowie weitere Angaben, mit denen ich nichts
anzufangen weiß.«
Junior zögerte einen Moment lang.
»Und noch etwas ...«
»Was?«
»Als ich versuchte, erneut mit der Zentrale der Sir-
chos Corporation Verbindung aufzunehmen, spielte der
Computer plötzlich verrückt.«
»Verrückt?«
»Plötzlich liefen Telefonnummern mit großer Ge-
schwindigkeit über den Bildschirm.«
Auf einmal wurde seine Stimme leiser, unsicherer.
»Die Vorwahl entsprach Philadelphia«, fügte er hinzu
und senkte den Blick.
Simba riß die Augen auf.
»Wann war das?« flüsterte er.
Junior zuckte mit den Schultern.
»Vor ungefähr einer halben Stunde ... Vielleicht auch
später ...«
Wütend sprang Simba auf und packte seinen Sohn
am Sweatshirt-Kragen.
»Sie suchen nach dir, Dummkopf!« schrie er. »Hast
du das nicht begriffen? Sie versuchen, den Anruf zu lo-
kalisieren!«
»Aber Papa, ich habe doch gleich wieder aufgelegt!«
jammerte Junior. »Ich schwöre dir, sie hatten nicht ge-
nug Zeit, um ...«
Es war Junior nicht vergönnt, seinen Satz zu Ende zu
bringen. Im Erdgeschoß zersplitterte soeben die Ein-
gangstür ...
Nur die unschätzbare CD-Sammlung von Charlie Min-
gus, das Bett, ein Tisch und drei Stühle waren übrigge-
blieben. Alles andere war mitgenommen, durchwühlt,
von den Wänden gerissen worden - was blieb, waren
die lächerlichen Überreste der Razzia. Ein halbes Dut-
zend blauer und weißer Quittungen lagen auf dem
Tisch. Diesmal waren nicht anonyme Apachen für die
Verwüstung verantwortlich, sondern offizielle Ge-
richtsvollzieher, vereidigte Geier, die sehr wohl befugt
waren, sich den Besitz anderer Leute anzueignen oder
zu zerstören. Die ganze Ausrüstung,
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