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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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vielen
    türlosen Gänge zurück, die ihn immer noch an ein von
    einem Wahnsinnigen entworfenes Labyrinth erinner-
    ten. Eine andere Sekretärin erwartete ihn am Ende des
    Flurs und führte ihn langsamen Schrittes zum Ausgang.
    Als Russel das Gebäude verließ, hatte er nicht einmal
    das wohltuende Gefühl, frische Luft einzuatmen. Wie
    eine schmelzende Bleiglocke lastete die Luft von Fort
    Lauderdale auf der ganzen Umgebung. Um hier
    Selbstmord zu begehen, brauchte man sich nur eine
    dicke gefütterte Windjacke zu kaufen und zwanzig Mi-
    nuten lang zu tragen.
    Er überquerte den Parkplatz der Sirchos Company
    und beachtete nicht im geringsten die Männer in den
    geschmeidigen Uniformen der Aerospatial Research, an
    denen er vorbeiging.
    Im Innern der Corvette war es so heiß wie in einem
    Grillgerät. Die Klimaanlage war defekt. Das Leben war
    wirklich grandios ...
    Seit dem Tag, an dem er Steve Odds das erste Foto ge-
    schickt hatte, lebte Mouss vorsichtshalber bei einem
    Freund. Dieser Freund wohnte in einer Siedlung am
    Rande der Stadt und war mit einem Weib verheiratet,
    das den Mund nur auftat, um irgendwelche Obszönitä-
    ten von sich zu geben, und das ihm drei schreckliche
    Kinder geboren hatte, deren Haupteigenschaften vom
    Wandalismus bis zur Inkontinenz reichten. Eigenschaf-
    ten, bei denen es den reizenden Kleinen weder an
    Phantasie noch an Hartnäckigkeit mangelte.
    Aufgrund der Bürgerkriegsstimmung, die unentwegt
    in der Wohnung herrschte, war Mouss physisch wie
    psychisch völlig am Ende, und einen Moment lang
    überlegte er sich, ob er nicht doch in seine Wohnung zu-
    rückkehren sollte. Die Versuchung war so groß, daß er
    sich sogar auf den Weg dorthin machte, um es sich auf
    halber Strecke dann doch wieder anders zu überlegen.
    Sein derzeitiges Problem bestand darin, daß er kein
    Geld hatte. Zwar würde er bald ein reicher Mann sein,
    aber im Moment war er völlig blank. Rasch rechnete er
    seine mageren Ersparnisse zusammen, mit denen er
    sich allerdings nicht einmal eine Übernachtung in einer
    der erbärmlichsten Pensionen hätte leisten können.
    Dann zog er sein Scheckbuch aus der Tasche. Auf
    seinem Konto verblieben ihm noch einige hundert
    Franc.
    Vor dem Eingang zur Metro, wo sich um diese Zeit
    nur mehr sehr wenig Leute aufhielten, zögerte er plötz-
    lich. Was zum Teufel sollte diese Knauserei? In wenigen
    Tagen würde er reich sein, unglaublich reich. Und um
    den bevorstehenden Kampf angehen zu können, mußte
    er einen klaren Kopf haben, ausgeruht und in bester
    Verfassung sein. Schließlich rang er sich zu einem
    Kompromiß durch und eilte entschlossenen Schrittes
    auf das Hotel Stella los. Ein gemütliches Etablissement mit noch vernünftigen Preisen, das nur wenige Meter
    vom Bahnhof Cardinet entfernt lag.
    Er ahnte nicht im geringsten, daß dieser Entschluß
    ihn vor dem grausamsten aller Tode gerettet hatte ...
    Nachdem er sich vergewissert hatte, daß der Mieter
    nicht zu Hause war, drang Mirko problemlos in Mouss'
    Wohnung ein. Er nahm sich die Zeit, die Klinke abzu-
    schrauben, den Riegel zu lösen und das Schloß, das er
    zuvor aufgebrochen hatte, wieder einzusetzen. Natür-
    lich hätte er diese Tür in wenigen Sekunden aufbrechen
    können, aber er wollte keine Spuren eines Einbruchs
    hinterlassen. Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen
    hatte, blieb er eine Weile reglos im winzig kleinen, völlig dunklen Flur stehen.
    Seltsamerweise erinnerte dieser Tag ihn an seine Ein-
    brechervergangenheit, und er wunderte sich über diese
    Erregung, die ihn jedes Mal ergriff, wenn er in fremde
    Wohnungen eindrang, um sie auszurauben. Im Gegen-
    satz zu seinem Bruder Vito hatte er dabei nie auch nur
    die geringste Angst verspürt. Dieses berauschende Ge-
    fühl, in die Privatsphäre eines Fremden einzudringen,
    dieser zwischen Diebstahl und Voyeurismus schwan-
    kende Trieb, dieses wahre Glücksgefühl, das über ihn
    kam, wenn er Möbelstücke durchsuchte, mit den Fin-
    gern in Schubladen herumwühlte wie in den Scham-
    haaren eines Mädchens, wenn er zu riechen, zu fühlen,
    die Atmosphäre wahrzunehmen begann ... Nichts von
    all dem hatte er völlig verloren ...
    Er schüttelte sich, faßte sich wieder und griff in seine
    Westentasche. Er zog eine kleine Taschenlampe hervor,
    die ein sehr helles, stark gebündeltes Licht ausstrahlte.
    Der grelle Lichtpunkt begann auf den Wänden zu tan-
    zen. Milan ging ins Wohnzimmer. Er drehte an dem
    Rädchen seiner Lampe und der Strahl wurde

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