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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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könnte das doch auch alles getan haben,
    ohne Ihnen Bescheid zu sagen«, erwiderte Mescard.
    »Bestimmt schickte sie Ihnen doch nicht jedesmal ein
    Telegramm, wenn sie einen neuen Stuhl kaufte, oder?«
    »Ihre Möbel waren so gut wie neu«, protestierte der
    junge Mann. »Und den Teppich haben wir erst letzten
    Monat zusammen mit Freunden gelegt.«
    Mescard wandte sich an einen seiner Kollegen.
    »Wem gehörte der Wagen?«
    »Er war geklaut.«
    »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß Sylvie ein
    Auto geklaut haben soll«, meinte der junge Mann und
    zuckte mit den Schultern. »Das ist doch wirklich lächer-
    lich ...«
    Außer Mescard, der nach einem Aschenbecher such-
    te, schauten alle Polizisten ihn an.
    »Nahm sie Rauschgift?« fragte der Inspektor zerstreut
    und ließ die Asche auf den Fußboden fallen.
    »Wie bitte?« schluckte der junge Mann.
    »Haschte sie? Spritzte sie?«
    Der junge Mann wurde feuerrot im Gesicht.
    »Bestimmt nicht.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Sie schliefen doch
    kaum noch mit ihr und sagen doch selbst, daß sie de-
    pressiv zu sein schien. Vielleicht ging sie sogar auf den
    Strich, um sich Stoff kaufen zu können ...«
    »Sind Sie wahnsinnig?« schrie der junge Mann.
    Einer der Polizisten gluckste leise.
    »Was glauben Sie denn, was passiert ist?« fragte Mes-
    card ungeduldig. »Daß jemand das Mädchen entführt,
    es in einen gestohlenen Wagen gesetzt und gegen einen
    Baum krachen gelassen hat, um anschließend hierher
    zurückzukommen und die Möbel und den Teppich aus-
    zuwechseln? Ich weiß sehr wohl, wie schwierig es heut-
    zutage ist, eine Wohnung zu finden, aber trotzdem ...«
    Der junge Mann war ganz verwirrt.
    »Wie heißen Sie?« fragte der Inspektor.
    »Carron. Serge Carron«, stotterte der junge Mann.
    »Und Sie liebten diese ... diese ...«
    Er wandte sich an einen Kollegen.
    »Wie hieß sie noch gleich?«
    »Sylvie Vercauteren.«
    »Und Sie liebten diese Sylvie Vercauteren, Monsieur
    Carron?«
    »Nun ja ... nein«, stammelte der Freund. »Ich meine,
    ich mochte sie, sie war eine gute Freundin ...«
    »Aber es wäre Ihnen lieber gewesen, wenn sie nicht
    mit jedem ins Bett gegangen wäre?«
    »Sylvie war eine emanzipierte Frau«, antwortete Car-
    ron mit zusammengebissenen Lippen. »Sie tat das, was
    sie für richtig hielt.«
    Mescard lächelte. Dann begann er, mit den Händen
    auf dem Rücken im Zimmer auf und ab zu gehen. Er-
    staunt beobachteten die Polizisten ihn. Plötzlich blieb er vor einem von ihnen stehen und fragte:
    »Hat in diesem Haus nicht vor kurzem ein Journalist
    Selbstmord begangen, in der Nacht der Manifestationen
    in Bercy?«
    Neunzehntes Kapitel
    Bereits zum dritten Mal innerhalb von zwei Minuten
    wiederholte Goldman, daß Milan sich um die Sache
    kümmerte und er keine anderen Anweisungen gegeben
    hatte, als die These des Unfalls offiziell zu bestätigen
    und sich der Leiche von Sylvie Vercauteren anzunehmen.
    Steve Odds konnte nicht mehr ruhig auf seinem Stuhl
    sitzen. Er bewegte die gewaltige Fettmasse, die dicken
    Backen und den angeschwollenen Hals durch das Büro
    und schnaubte dabei wie ein Stier im Zwinger. Gold-
    man hüttete sich vor dem Hinweis, daß der Chef selbst
    Milan auf diesen Fall angesetzt hatte und er zwangsläu-
    fig hätte wissen müssen, daß dieser Kerl unberechenbar
    war, sobald man ihn mit einer offiziösen Mission be-
    traute. Milan auf einen solch verworrenen Fall anzuset-
    zen, hieß nach Goldmans Ansicht soviel, wie einen mit
    Nitroglyzerin vollgeladenen Lastwagen auf eine mit
    Wellblech ausgelegte Strecke zu schicken. Mit ernstli-
    chen Problemen mußte gerechnet werden.
    »Er könnte zumindest anrufen, verdammt noch mal!«
    brüllte Odds in seltsam weinerlichem Ton. »Mir sagen,
    wie's steht.«
    Beinahe hilflos wandte er sich Goldman zu, so als su-
    che er Unterstützung.
    »Da Sie die Adresse dieses verfluchten Arabers ken-
    nen, sollte man vielleicht eine Mannschaft hinschik-
    ken.«
    Goldman, der von der Vorstellung, die Verantwor-
    tung für eine solche Operation übernehmen zu müssen,
    nicht sonderlich begeistert war, fand die richtige Ant-
    wort.
    »Milan kennt sich aus mit solchen Jobs. Wir würden
    ihm nur im Weg stehen.«
    Odds fluchte.
    »Aber warum ruft dieser Idiot nicht an?« wiederholte
    er und setzte sich an seinen Schreibtisch zurück.
    Er quetschte seine Fettwülste zwischen die Sesselleh-
    nen, öffnete eine Schublade und nahm ein Spraydös-
    chen hervor, mit dem er sich zweimal kräftig in

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