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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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einschlafen können. Pa sei ganz einfach, wie
    das öfters bei ihm der Fall war, viel zu betrunken gewe-
    sen, um nach Hause zu finden, und habe sich in die
    Straße gelegt, nur um ein wenig zu schlafen. Mit dem
    Gesicht im Rinnstein habe Ma ihn dort liegen gesehen,
    sei ins Haus zurückgeeilt und mit einem Küchenmesser
    in der Hand wieder herausgekommen. Doch heute
    wagte der Dreckskerl es nicht mehr, diese Geschichte zu
    erzählen.
    Im Gegensatz zu den anderen Damen ihres Alters
    hatte Ma ein völlig glattes, frisches Gesicht. Abgesehen
    von den drei Furchen, die sie seit jeher auf der Stirn hat-te, durchzog keine einzige Falte ihr Gesicht. Milan sah
    es nicht gern, wenn sie allzuoft zum Unterernährten
    nach Montreuil fuhr, aber er wagte es nicht, seiner Mut-
    ter deswegen Vorwürfe zu machen. Ma wußte nur zu
    gut, wie man sich eines Schürhakens bediente.
    Stefan ließ sich am Tisch nieder, beugte sich über
    seine Tasse und schlürfte den heißen Kaffee in langen
    Zügen. Ma gab ihm einen kräftigen Klaps auf den Hin-
    terkopf.
    »Trink nicht so schnell, du wirst dich noch verschluk-
    ken!«
    Verwirrt stellte Stefan seine Tasse auf den Tisch zu-
    rück, zog die Nase hoch und wischte sich die Lippen mit
    dem Ärmel ab. Fast flehend schaute er Milan an, so als
    suche er Hilfe, Trost.
    »Wo ist Vito?« fragte der Sammler und warf seine
    Jacke über die Rückenlehne eines Stuhls.
    »Der Taugenichts schläft«, antwortete Ma und reichte
    ihrem Jüngsten zwei Butterbrote. »Er hatte mal wieder
    eine Schlägerei und hat die ganze Nacht gesoffen wie
    ein Loch. Und wer kümmert sich heute um die Kunden?
    Kannst du mir das sagen? Wer wohl?«
    »Ich lege mich ins Bett«, sagte Milan und ging hinaus.
    Mit haßerfüllten Augen sah seine Mutter ihm nach.
    »Möchtest du keinen Kaffee trinken?«
    »Ich lege mich ins Bett«, wiederholte Milan und ver-
    ließ die Baracke.
    Mas schrille Stimme drang durch die wackeligen
    Holzwände nach draußen.
    »Verfluchte Saubande! Es wäre klüger gewesen, euch
    alle drei einfach abtreiben zu lassen!«
    Rasch überquerte Milan den Schrottplatz, durch eine
    Ölpfütze watend. Verängstigt flüchteten die Hunde
    un-
    ter die Wracks.
    Mark Zorski genoß den Augenblick, als er den Straight
    Flush langsam durch die Finger gleiten ließ. Die Neun,
    die ihm fehlte, hatte er unter seiner Jacke hervorgezo-
    gen. Ein kurzes Frösteln lief ihm über den Rücken.
    Seine beiden Gegner beobachteten ihn. Seit dem Be-
    ginn des Spiels war der Chirurg bestrebt, sein Spiel
    schnell zusammenzulegen, wenn er schlechte Karten in
    der Hand hielt. In den seltenen Fällen, wenn er ein gu-
    tes Blatt in der Hand hielt, breitete er sein Spiel langsam aus. Oft hatte er geblufft und nach zwei Stunden fast
    viertausend Dollar verloren. Nun legte er seine Karten
    zusammen, verzog nicht die geringste Miene und schob
    drei Hundert-Dollar-Jetons über den Teppich. Einer
    seiner Gegner konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Zorski wußte, daß die Falle zuschnappen, ihre Beute ge-
    fangenhalten würde. Es gelang ihm, den in ihm aufstei-
    genden Haß einzudämmen, der auf das Gefühl von
    Entspannung folgte, die ihn überkam, sobald der Feind
    in der Falle saß. Die beiden anderen Spieler, die sich
    von der Partie zurückgezogen hatten, taten so, als wür-
    den sie sich für etwas anderes interessieren, und disku-
    tierten mit gedämpfter Stimme über die Gewinnchan-
    cen eines gewissen >Gold Moon<, ein fünfjähriger Wallach, der am Nachmittag im Hollywood Park an den
    Start gehen sollte. Von den beiden übriggebliebenen
    Spielern hatte der eine seinen Einsatz erhöht und drei
    Karten verlangt, was darauf hinzudeuten schien, daß er
    bereits ein gutes Pair in der Hand hielt, während der
    andere sich auf zwei Karten beschränkte, was besten-
    falls bedeutete, daß er einen Dreier, schlimmstenfalls
    gar nichts in der Hand hatte. Der Mann mit dem guten
    Pair schloß sich Zorski an und erhöhte seinen Einsatz
    mit einem gequälten Lächeln um tausend Dollar. Der
    dritte zog sich zurück.
    Für den letzten Gegenspieler schien die Sache klar
    auf der Hand zu liegen. Der hochnäsige Zorski hatte
    sein Spiel wütend zusammengelegt, was soviel bedeu-
    tete, daß er die erwünschte Karte nicht bekommen hat-
    te. Mit einem Two Pairs und dem As hatte er so gut wie
    gewonnen. Trotzdem zuckte er zusammen, als der Chir-
    urg seinen Einsatz um dreitausend Dollar erhöhte. Die
    anderen hörten zu diskutieren auf und

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