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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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einer Stunde so weit.«
    »Die haben das Waffendepot gestürmt«, gab der Gouverneur zu bedenken.
    Der Colonel lächelte ihn höhnisch an. »Haben sie Panzerfäuste?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Angereichertes Uran? Artillerie? Luftunterstützung?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Romero nervös.
    »Dann sitzen die in der Scheiße«, erklärte der Colonel. »Ich habe vierhundert Mann, die gerade neunzehn Monate in Bagdad verbracht haben. Sie waren nicht mal eine Woche bei ihren Familien. Man darf also annehmen, dass sie nicht sonderlich erfreut über diese kleine Übung sind, in die sie da heute Abend geworfen werden.« Er machte eine effektvolle Pause. »Es ist mir egal, was für Erbsenschleudern diese Häftlinge haben. Wenn wir durch diese Tore kommen« – er versetzte der Luft einen Handkantenschlag –, »dann sollten die sich lieber auf Höllenfeuer und Verdammnis einrichten, denn genau das werden sie kriegen.«

10
    »Ungefähr noch einen Tag«, sagte Melanie Harris in den Hörer.
    Das Schweigen am anderen Ende der Leitung sprach Bände. Sie versuchte es anders. »Vielleicht könnten wir uns ja ein paar Tage freinehmen. Nach Michigan fahren … deine Eltern besuchen …« Sie brach ab. Das Schweigen dauerte noch eine ganze Weile an, bevor Brian den Bann brach.
    »Du hörst mir nicht zu.«
    »Natürlich höre ich dir zu.«
    »Weißt du, Mel … Du hast eine wirklich erstaunliche Fähigkeit, nur das zu hören, was du hören willst. Als hättest du einen eingebauten Filter oder so was. Eine Vorrichtung, die verhindert, dass etwas Negatives dem großen Plan in die Quere kommt.«
    Sie atmete tief ein. Nutzte die Kraft, um ihre Stimme zu dämpfen. »Das nennt man fokussieren, Brian. Die Fähigkeit, an etwas dranzubleiben, bis es erledigt ist.«
    »Was ich natürlich nicht kann.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Brauchtest du auch nicht. Das kommt eh jedes Mal auf den Tisch.«
    »Nicht von mir«, insistierte sie.
    »Weißt du … Ich glaube, du warst zu oft in diesen Meetings, wo alle auf ihren gut betuchten Hintern sitzen und Blödsinn abnicken. Du hast vergessen, wie es ist, einfach zu sagen, was du denkst.« Bevor sie widersprechen konnte, fuhr er fort: »Du solltest es ab und zu mal probieren. Das ist wie ein Schwall frische Luft. Hör zu … Ich zeig's dir, ja?« Er holte tief Luft. »Ich finde Hollywood zum Kotzen, und ich ziehe zurück nach Michigan.« Sie konnte seine Leidenschaft durchs Telefon hindurch spüren. »So. Hast du das gehört, oder soll ich's noch mal sagen?«
    »Ich kann das jetzt nicht brauchen.«
    »Soll das ›jetzt‹ andeuten, dass es irgendwann einen besseren Zeitpunkt geben könnte, um darüber zu reden?«
    »Ich hasse dich, wenn du so bist.«
    Er lachte bitter. »Du beachtest mich doch gar nicht genug, um etwas so Starkes wie Hass zu entwickeln.«
    Melanie geriet ins Stottern. »Ich … Ich meine … Wie kannst du nur …«
    Die Tür des Wohnwagens flog mit einem Knall auf. Die Stoßdämpfer gaben nach, als jemand auf die Treppe trat. Martin Wells kam hereingestürzt, jenes ausgelassene Grinsen im Gesicht, das normalerweise Schulkindern vor einer Freistunde vorbehalten ist. In der rechten Hand schwenkte er eine DVD in einer unbedruckten weißen Hülle. Der normalerweise sorgsam auf seinem Schädel drapierte Haarschopf stand wie ein Hahnenkamm zu Berge.
    »Wir haben es«, verkündete er triumphierend.
    Melanie zwang sich zu einem Lächeln und legte die Hand auf die Sprechmuschel. »Kannst du uns noch ein paar Minuten geben, Marty?«, fragte sie mit gepresster Stimme.
    Wells war viel zu aufgeregt, um sich so leicht ausbremsen zu lassen. Er wedelte mit der DVD herum. »Wir haben die ganze verdammte Nummer. Nur wir … Sonst keiner …«
    Melanie hob die Stimme und fiel ihm ins Wort. »Ein paar Minuten, Marty … Bitte!«
    Als er sich nicht rührte, zeigte Melanie auf seinen Kopf und machte eine glättende Handbewegung. Marty verstand und strich sich mit beiden Händen die Haare glatt, bevor er zum Rückspiegel hinüberging, um das Ergebnis seiner Bemühungen zu begutachten.
    »Fürs Erste kannst du mich bei meinen Eltern erreichen«, sagte Brian. »Wenn ich was Dauerhaftes habe, lasse ich es dich wissen.«
    Jetzt konnte sie es nicht mehr länger unterdrücken und seufzte tief in den Hörer. »Komm schon, Brian, lass uns vernünftig sein … Ich stecke mitten in einer Gefängnisrevolte … Ich bin in ein paar Tagen zu Hause … Dann setzen wir uns zusammen und …«
    Ohne

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