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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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unterbrach. »Es deutet alles darauf hin, dass es Mr. Driver irgendwie gelungen ist, das Band zu löschen, auf dem seine Aktivitäten in der Zelle aufgezeichnet worden waren.«
    »Wie konnte ein Gefangener …«
    Romero nahm die Frage vorweg. Er hatte nur darauf gewartet. »Mr. Driver ist kein Durchschnittsverbrecher, Mr. Blitzer . Er hat zwei Universitätsabschlüsse. Einen in moderner Kriegsführung von der Marineakademie, und einen in Elektrotechnik von Harvard. Er ist ein hoch qualifizierter Profi und folglich zu Dingen befähigt, die … außerhalb der Reichweite normaler Gefangener liegen.«
    Romero unterdrückte ein Lächeln. Er hatte die Worte ›folglich‹ und ›befähigt‹ unbedingt in seinen Antworten zu Driver unterbringen wollen. Es hörte sich wirklich vornehm und gebildet an. »Stimmt es, dass er als Navy SEAL ausgebildet wurde?«
    »Ja. In San Diego. 1994.«
    Aus dem hinteren Teil des Raums wurde gefragt: »Aber er ist nie als SEAL eingesetzt worden.«
    »Da müssen Sie die Navy fragen.«
    Elias Romero nickte der Menge zu. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen …«, setzte er an, als das Lärmen gebrüllter Fragen den Raum überschwemmte. Bevor die Versammlung sich wieder beruhigen konnte, tauchte Romero nach rechts ab, stieg vom Podium und verschwand durch die Tür, durch die er vor zehn Minuten hereingekommen war.
    Von der anderen Seite lehnte er sich schwer gegen die Tür, schloss die Augen und atmete ein paarmal tief durch. »Iris«, sagte er. Keine Antwort.
    Er schlug die Augen auf. Das provisorische Büro war leer. Er fluchte. Sah aus, als sei dieses verdammte Weib in letzter Zeit ständig weg. Kein Zweifel. Wenn die Lage sich wieder beruhigt hatte, wenn alles wieder normal lief, würde er sie auf jeden Fall feuern müssen.

21
    Driver strich das letzte Stückchen Pflasterband glatt, dann ließ er die Schere und den Rest der Rolle aufs Bett fallen. »Das muss reichen«, sagte er. »Nehmen Sie einfach weiter Ibuprofen. Besser wird's nicht.«
    Corso saß auf der Bettkante und hielt seine bandagierte Hand im Schoß. Das Geschoss hatte seinen Handrücken glatt durchschlagen. Als Driver die Wunde von beiden Seiten mit Wasserstoffperoxyd gespült und dann das Innere mit einem Wattestäbchen gereinigt hatte, wäre Corso beinahe in Ohnmacht gefallen. Der hämmernde Schmerz in seiner Hand hatte seinen Arm taub werden lassen. Eine Handvoll Aleve-Tabletten hatte den Schmerz zumindest so weit gedämpft, dass er nicht laut aufschrie. Was er brauchte, war ein Arzt, doch das würde auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Er stand auf und ging zu dem anderen Bett, setzte sich erst auf die Bettkante und ließ sich dann langsam, die Füße immer noch auf dem Boden, auf den Rücken sinken.
    Sie hatten sich im Palm Garden Hotel verkrochen, einem zerfallenden Überbleibsel aus den Tagen des Mafioso Bugsy Siegel, etwa fünf Meilen nördlich des heutigen Zentrums von Las Vegas. Aus dem Hinterfenster konnte man über die Müllcontainer und das halbe Dutzend Junkies hinweg, die dieses Gebiet als ihre Heimat betrachteten, die neue Skyline des Strips erahnen, die durch den allgegenwärtigen Staubnebel der Wüste kaum auszumachen war.
    Kehoe hatte heftig für eine luxuriösere Unterkunft in der City votiert. Das Bellagio oder das Luxor oder etwas in der Art. Sie waren mit knapp elftausend Dollar aus dem Waffenladen gekommen, und das Geld brannte Kehoe in der Tasche. Driver hatte zu bedenken gegeben, dass die größeren, besseren Hotels wahrscheinlich über umfangreicheres und effektiveres Sicherheitspersonal verfügten und dass ihre Chancen besser stünden, wenn sie etwas fänden, das auf dem absteigenden Ast war, wo die Sicherheit im Vergleich zur Stromrechnung nur die zweite Geige spielte. Nach einem heftigen Streit hatten sie sich auf das Palm Garden geeinigt, ein vierstöckiges pinkfarbenes, mit Stuck verziertes Gebäude, das zwischen einem Arby's Fastfood-Restaurant und der North-Vegas-Tierklinik klemmte. Gepeinigt von einer gnadenlosen Sonne und den wirbelnden Winden, blätterte die Farbe so schnell von der Fassade ab, dass es sich anhörte, als ginge ein Regenschauer nieder.
    Mit Driver hinterm Lenkrad waren sie die dreihundert Meilen von Phoenix durchgefahren, ohne anzuhalten, und hatten die Randbezirke von Las Vegas kurz nach halb vier Uhr nachmittags erreicht. Die digitale Anzeige an der Spielbank zeigte vierundzwanzig Grad. Dann ein Smiley. Dann dreiundzwanzig Grad. Corso saß zusammengesunken auf

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