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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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sagte: »Dieser Tim Driver war ein guter Mann, der in eine schlimme Lage geraten ist. Nach zwanzig Jahren Selbstdisziplin und redlichem Dienst an seinem Land kommt er eines Tages nach Hause und sieht sich mit einer Situation konfrontiert, die völlig außerhalb seines Begriffsvermögens liegt. Etwas, wofür er kein Handbuch hat. Die Vorstellung, dass ihn jemand dermaßen verraten könnte, dass jemand, den er liebte, mit jemand anderem in seinem eigenen Bett fremdgehen könnte – das war einfach etwas, worauf er in keiner Weise vorbereitet war.«
    »Eine Menge Leute erwischen ihre Ehepartner beim Fremdgehen und erschießen niemanden.«
    »Die meisten von denen leben auch nicht nach demselben Ehrenkodex wie er. Wir reden hier über einen Mann, der ein paar Dutzend Nuklearsprengköpfe unter seinem Befehl hatte. Für ihn war das einfach die schlimmste überhaupt denkbare Art von Verrat. Das kann vielleicht etwas damit zu tun haben, dass sein Vater die Familie verlassen hat, als er klein war. Vielleicht war das mit seiner Frau nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.«
    Sie schaute in den Rückspiegel und wechselte die Spur, um einen mit rostigen Maschinenteilen vollgestopften Tieflader zu überholen.
    »Was wollte er von Ihnen?«
    Corso lachte. »Glauben Sie mir, ich bin mir immer noch nicht ganz im Klaren darüber. Ich denke, ich sollte wohl sein Boswell oder so etwas sein. Vielleicht wollte er mich dabeihaben, um zu dokumentieren, was immer er sich für sein großes Finale ausgedacht hatte.« Er tat ihren Unglauben mit einem Achselzucken ab. »Wenn er so redet, dann versteht das außer ihm selbst kaum jemand. Ich denke, das ist es, worüber er die ganze Zeit in der Isolationshaft nachgedacht hat. Wahrscheinlich hat er versucht, nicht verrückt zu werden, und ist gescheitert.«
    »Also glauben Sie, die haben ihn verrückt gemacht?«
    »Entweder das, oder er hat eine fortschreitende Gehirnkrankheit. Irgendetwas, das ihn in der letzten Phase seiner Gefangenschaft befallen hat.«
    »Oder es liegt in der Familie. Der Vater ist abgehauen. Sie haben selbst gesagt, dass seine Mutter ziemlich seltsam war. Vielleicht ist er einfach nur die nächste Generation von Bekloppten.«
    »Schon möglich.«
    »Aber Sie glauben das nicht.«
    »Nein.«
    »Sie geben dem Staat die Schuld.«
    »Nicht dem Staat. Der Randall Corporation.«
    »Und Sie finden das nicht in Ordnung?«
    »Das ist, als hätte man schwierige Kinder, die man bei den Nachbarn abgibt und dann wegzieht. Das ist einfach nicht richtig. Die Privatisierung verändert alles. Sträflinge werden plötzlich Teil einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Sie verlieren alle ihre Rechte und werden zu bloßen Nummern auf einer Tafel – einer Tafel, auf der die einzige Nummer, die zählt, die unter dem Strich ganz unten ist.«
    Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu. »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie eine selbstgerechte Ader von mindestens einem Meter Breite haben?«
    »So ziemlich jeder.«
    Die Luft im Wohnmobil begann zu dröhnen, als sie von einer Horde Harley-Davidsons links überholt wurden. Mit Fransen und allem, was dazugehört. Keine Extras. Einzeln und in Paaren röhrten sie vorbei, ungefähr fünfundzwanzig an der Zahl, alle in den modernsten Bikerklamotten. Vor zwanzig Jahren wären sie mit Sicherheit eine Bande von Geschwindigkeitsfetischisten gewesen, bewaffnet und gefährlich und jederzeit bereit, eine Schlägerei vom Zaun zu brechen. Heute waren es möglicherweise alles Urologen.
    »Glauben Sie, die lassen sich schnappen?«
    »Auf keinen Fall. Driver nicht. Und Kehoe auch nicht. Die lassen sich nicht lebend einbuchten.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, wohin sie wollen?«
    »Kehoe will über die Grenze nach Kanada. Er denkt, das ist die einzige Möglichkeit, der Todeszelle zu entgehen, falls er geschnappt wird.«
    »Und Driver?«
    »Früher oder später wird Driver sich zu seiner Mutter aufmachen. Ich denke, das ist es, was er meint, wenn er immer davon redet, dorthin zurückzukehren, wo er angefangen hat.«
    »Das FBI kann seine Mutter nicht finden«, sagte Melanie. »Es hat sich rausgestellt, dass sie gar nicht da lebt, wo sie dachten.«
    Eine Minute verstrich. Als sie zu ihm hinüberschaute, sah sie Corso tief in Gedanken versunken.
    »Wissen Sie das mit Sicherheit?«, fragte er schließlich.
    »Das ist die Information, die Marty von jemandem aus der Gefängnisleitung gekauft hat. Seit er in Meza Azul war, sind ihre Briefe immer in

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