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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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wird. Wenn irgendjemand in die Zufahrt einbiegt, dann guckt man als Erstes aus dem Fenster. Danach steckt man vielleicht den Kopf zur Tür raus. Es dauert 'ne Weile, bis man sich eine Jacke überzieht und rausgeht, um nachzusehen, was los ist.«
    »Was ist, wenn sie sich weigert, mit uns zu sprechen?«, fragte Melanie.
    »Dann haben wir sie auf Band, wie sie sich weigert, mit uns zu sprechen.«
    »Und wenn sie auf uns schießt?«
    »Genau dasselbe. Außer dass wir dann diejenigen sind, die abhauen.«
    Marty stellte die Kamera auf den Tisch und stand auf; mit wenigen Schritten war er an einer Kontrollkonsole, die in die Wand direkt hinter dem Fahrersitz eingelassen war. Als er die Abdeckung aufklappte und anfing, Knöpfe zu drücken, leuchtete eine ganze Reihe grüner und roter Leuchtdioden auf. Er machte weiter, bis alles grün leuchtete. »Das Satellitensystem findet's super hier oben auf dem Dach der Welt«, verkündete er. »Wir könnten von hier aus bis nach New York übertragen.« Er warf Melanie einen raschen Blick zu. »Schön, dass das Ding endlich mal zu was nütze ist«, sagte er. Sein Ton verriet, dass er das nur halb im Scherz meinte.
    Lachend schob Melanie das Make-up-Täschchen zurück ins Handschuhfach. Sie blickte Corso an. »Wie sehe ich aus?«
    »Wundervoll«, erwiderte er. »Sie werden die Schönheit des Äthers sein.«
    »Was Sie nicht sagen, Mr. Corso, was Sie nicht sagen«, näselte sie.
    Die echte Verspieltheit in ihrer Stimme ließ Marty aufhorchen. »Schluss jetzt, ihr zwei«, drohte er. »Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um herumzuschäkern. Im Sender wartet eine vollständige Studiocrew auf uns. Wir schmeißen hier Geld zum Fenster raus wie besoffene Matrosen.«
    Er schlüpfte in die Gurte der Kamerahalterung. Sobald die Linse auf Höhe seines Solarplexus hing, schaltete er die Kamera ein und schaute auf einen kleinen Bildschirm direkt unter seinem Kinn. Als Nächstes zog er verschiedene Metallstücke aus einem der Kamerakoffer und verwandelte das Durcheinander aus Teilen mit wenigen Handgriffen in ein Stativ, das er so dann wieder zusammenschob und an der Unterseite der Kamera befestigte. Zufrieden ging er wieder zu der Kontrollkonsole hinüber. Er zeigte auf ein grellorangefarbenes Licht, das jetzt in der Mitte der Konsole blinkte.
    »Sie warten auf uns«, sagte er. »Also los.«
    Melanie holte einmal tief Luft und schaltete die Scheinwerfer des Wohnmobils ein. Äste kratzten über das Dach, als sie die Zufahrt hinauffuhren. Noch eine sanfte Rechtskurve, und das Haus kam in Sicht. Eins jener hölzernen Zedernblockhäuser, wie sie im Westen an den Highways verkauft werden. Es stand auf einer knapp einen Hektar großen Lichtung am oberen Ende eines Südhangs. Ein hübsches Plätzchen.
    Eine Minute verging, dann schwang die Vordertür auf. Eine Frau trat auf die Veranda hinaus, die Arme um den Körper geschlungen, um sich gegen die Nachtluft zu schützen. Erst als sie die Stufen ganz hinuntergegangen war und vom Scheinwerferlicht erfasst wurde, konnte Corso sie erkennen.
    Es war Doris Green. Ein bisschen schmaler vielleicht, doch es bestand kein Zweifel. Sie war es.
    »Das ist sie«, sagte Corso.
    »Warte«, flüsterte Marty.
    Da sie nicht durch die getönten Scheiben des Wohnmobils sehen konnte, ging Doris Green durch den Lichtkegel hindurch auf die Fahrertür zu.
    »Jetzt«, flüsterte Marty.
    Melanie sprang zu einer Seite hinaus, Marty zur anderen. Melanie hielt das Mikrofon dicht vor ihrer Brust, als wollte sie ihre Beute nicht verschrecken. »Mrs. Green«, fing sie an. »Ich bin Melanie Harris. Wir haben die Geschichte Ihres Sohnes verfolgt. Vielleicht könnten Sie …«
    Doris Green war durch Marty und das helle Licht der Kamera abgelenkt. Sie hielt einen Arm hoch, um ihre Augen vor dem grellen Schein zu schützen.
    »Glauben Sie, er wäre hier? Glauben Sie, mein Sohn wäre so dumm hierherzukommen?«
    »Nein, Ma'am«, versicherte Melanie ihr. »Wir wollten nur …«
    Doris zeigte mit einem langen, dünnen Finger auf Melanie. »Ich habe Sie gesehen«, sagte sie. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen.«
    »Ja, Ma'am«, sagte Melanie.
    Doris schaute zwischen Melanie und Marty hin und her, als wolle sie das, was sie sah, mit ihrem Verstand abgleichen, um sicherzugehen, dass sie sich das Ganze nicht nur einbildete.
    »Verschwinden Sie«, befahl sie. »Nehmen Sie diese ekelhafte Kamera und Ihren Trailer und verschwinden Sie dahin, wo Sie hergekommen sind.« Sie fuhr mit der Hand

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