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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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durch die Luft. »Sie haben hier nichts zu suchen. Machen Sie, dass Sie wegkommen.«
    Unerschrocken trat Melanie noch einen Schritt auf sie zu und hielt ihr das Mikrofon hin, während sie sprach: »Mrs. Green, wir haben gehofft, Sie würden …«
    Doris Green schlug Melanie das Mikrofon ins Gesicht. Dann fing sie an zu schreien: »Eine Story. Alles, was Sie wollen, ist eine Story.« Sie wedelte mit den Armen. »Ich werde Ihnen eine Story liefern. Ich werde Ihnen eine Story liefern, über einen Mann, der einfach zu viel Ehre im Leib hatte für diese Welt. Einen Mann, der immer seine Pflicht getan hat. Einen Mann, der seinem Land gedient hat, nur damit eine dahergelaufene Hure … eine widerliche Hure …« Ihr Gesicht war knallrot angelaufen. Ihre Lippen schaumbefleckt. Sie schwankte unsicher und hob den Arm, um sich den Mund mit dem Ärmel abzuwischen.
    Das meiste erwischte sie. Ein einzelnes Schaumflöckchen hing noch an ihrer Unterlippe, als sich die ersten Anzeichen von Unwohlsein auf ihrem Gesicht zeigten. Ein seltsamer Ausdruck. Eher Verwirrung als Schmerz, als hätte sie plötzlich vergessen, was sie als Nächstes sagen wollte. Sie griff sich mit einer Hand an die Brust, dann mit der anderen, fast als wollte sie etwas davon abhalten, aus ihrer Brust zu springen. Und dann, als hätte die Hand eines Riesen sie an den Schultern gepackt und nach hinten gerissen, sackte sie in sich zusammen. Mit verblüffter Miene hickste sie einmal und blieb dann reglos liegen, die Augen geschlossen, den Mund weit geöffnet.
    »Mrs. Green, Mrs. Green …« Melanies Stimme war der einzige Laut in der Nachtluft. Sie trat vor und sah einen Augenblick auf Doris Green hinunter, als sei sie sich nicht sicher, ob das hier wirklich geschehen war. Dann fiel sie auf die Knie. Sie schaute zu Marty auf. »Sie muss einen Herzinfarkt oder so was haben. Oh Gott«, jammerte sie. »Ich glaube, sie ist tot.« Tränen begannen ihr übers Gesicht zu laufen. »Oh Gott! Was soll ich nur machen? Was soll ich nur machen?«
    Corso sprang aus dem Wohnmobil und rannte dorthin, wo Doris Green ausgestreckt auf dem Rücken zwischen Blättern und Farnen lag. Ihre Glieder waren steif, ihr Gesicht aschgrau.
    Inzwischen hatte Marty die laufende Kamera auf dem Stativ stehen lassen und mit der Herzdruckmassage begonnen. Er sah zu Corso hoch, ohne aus dem Rhythmus zu kommen. »In einem der Kamerakoffer ist ein Satellitentelefon. Rufen Sie den Notarzt.«
    Corso drehte sich um und sprintete zum Wagen zurück.

37
    Driver saß auf der Bettkante und sah ohne Ton fern. Er war im Begriff aufzubrechen. Sie erkannte es an der Art, wie er all seine kostbaren Waffen auseinandernahm und die Einzelteile in Handtücher aus dem Badezimmer wickelte.
    »Biiiiitte«, jammerte sie. »Lassen Sie mich hier nicht ganz allein.«
    Er sah mit diesen verschleierten schwarzen Augen zu ihr auf.
    »Komm her«, sagte er.
    Sie durchquerte das Zimmer und kniete zu seinen Füßen nieder wie ein Apostel. Lehnte sich fest gegen seine Beine, in der Hoffnung, die Berührung ihrer Brüste würde ein Flämmchen in seinen Lenden entzünden. Nichts zu machen.
    Er schaute auf sie herunter. »Hat irgendwer gesehen, wie du jemanden getötet hast?« Er zog den Reißverschluss der linken Sporttasche zu.
    »Ich habe nie …«, stammelte sie.
    Er fiel ihr ins Wort. »Es ist mir scheißegal, ob du jemanden umgebracht hast oder nicht, Mädchen. Ich will nur wissen, ob irgendjemand, der noch am Leben ist, gesehen hat, wie du irgendwem das Licht ausgeblasen hast oder auch nur mit einer Waffe auf jemanden gezielt hast oder irgendwas gemacht hast, das danach ausgesehen hat, als hättest du bei der ganzen Geschichte freiwillig mitgemacht.«
    Sie dachte nach, überlegte, ob es ihm wohl lieber wäre, wenn sie jemanden umgebracht hätte, oder nicht. »Der einzige Mensch, den ich getötet habe, war diese alte Frau in dem Drugstore. Der einzige Mensch, der dabei war, war ihr Alter, und auf den hat Harry ein paarmal geschossen.«
    »Gut«, sagte er. »Also, du machst Folgendes …« Als er nach unten sah, war sie in ihre eigenen Gedanken versunken. »Hörst du mir zu?«, fragte er.
    »Ich höre zu«, beteuerte sie.
    »Das Zimmer ist bis morgen Mittag bezahlt«, erklärte er. »Du legst dich hin und schläfst dich noch mal ordentlich aus. Morgen früh rufst du die Rezeption an und sagst der Lady da, dass du mit den Cops reden musst. Du sagst ihr, du wärst gekidnappt worden. Sag denen, ich wäre irgendwann während der Nacht

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