Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
einen Weg für sie beide. Doch jetzt bezweifelte er das.
„Ich stimme Euch zu“, gab Cai zu.
Jakes Miene drückte Bedauern aus. „Ihr müsst mich verstehen. Ich will meine Schwester glücklich sehen. Sie denkt im Moment, sie könne mit ihrer Liebe allem trotzen. Doch was ist nach zehn Jahren zermürbender Zeit als Außenseiterin? Ich will das Beste für Lizzie. Und so sehr ich mir für sie und Euch eine gemeinsame Zukunft wünsche, so weiß ich doch, dass die Welt noch nicht bereit ist für eine Mischlingsehe.“
Cai stellte sein Glas fort und verschränkte seine Arme vor der Brust. Sein Herz fühlte sich wie zerfetzt von Fuchsgeistern an. Ein Mandarin stand immer über den Dingen. Doch noch nie war es Cai so schwer gefallen, seine wahren Gefühle zu verbergen.
„Ich verlasse Hongkong morgen früh in aller Stille. Ich reise eine Weile zu Freunden nach Beijing. Ich nehme an, nach all dem hier werdet Ihr mit Eurer Familie und Lizzie nach England zurückkehren?“
Jake nickte.
„Lizzie wird mich nach diesem Abend nie wieder sehen. Ich gebe Euch darauf mein Ehrenwort als Mandarin des Kaisers.“
Jake schüttelte seine Hand. „Ich hoffe, Ihr könnt mir eines Tages verzeihen.“
Cai neigte seinen Kopf. „Ihr bedürft nicht meiner Vergebung. Mich seht Ihr nie wieder. Lizzies Wohlbefinden sollte Euer Streben gelten.“
Jake hob resigniert die Schultern.
„Erlaubt, dass ich mich zurückziehe. Die erste Dschunke, die ich zu nehmen gedenke, legt kurz nach Morgengrauen ab.“ Er verneigte sich tief vor Jake und verließ den Salon.
Lizzie lag in tiefstem Schlummer, als sie davon geweckt wurde, wie Cai unter ihre Bettdecke schlüpfte. Sein nackter, warmer Körper schmiegte sich an ihren. Sie fühlte seinen Penis an ihrem Po, seine Arme lagen um ihre Taille, und ihr Kopf kuschelte sich an seine Brust.
„Ich dachte schon, du kämst heute Nacht nicht.“
„Es ist meine letzte Nacht im Himmel, wie könnte ich widerstehen?“
„Wie poetisch“, murmelte Lizzie schlaftrunken und sank wieder in den Schlaf.
Als Lizzie das nächste Mal erwachte, war es immer noch stockdunkel und der Platz neben ihr im Bett war warm, aber leer. Sie wartete einen Moment, dann hörte sie unten die Haustür zuschlagen. Verwirrt lauschte sie, erinnerte sich an Cais Worte und daran, wie seltsam er abends gewesen war.
Mit einem Schlag war sie hellwach. Sie sprang aus dem Bett. Lizzie gab dem unbestimmten Gefühl nach und lief zum Fenster. Draußen sah sie Cai die Straße hinabeilen. Über seiner Schulter hing der Sack, in dem sich seine Habseligkeiten befanden.
„Cai!“, flüsterte sie entsetzt.
Ein Schmerz durchschnitt ihre Brust, so intensiv, so durchdringend, dass sie sich krümmte und keuchte. Warum verließ er sie? Tränen stiegen in ihr hoch und kullerten über ihr Gesicht. Sie liebten einander! Lizzie schlang ihre Arme um sich und biss so heftig auf ihre Lippen, dass sie der Schmerz zu klarem Verstand brachte.
Ihr Bruder hatte sich mit einer Mischung aus Schuldbewusstsein und überschwänglicher Zuneigung zum Schlafengehen verabschiedet. Er wusste es! Er musste Cai überredet haben, sie zu verlassen. Lizzie kniff ihre Augen zusammen. Sie hatte ein gewaltiges Hühnchen mit ihrem Zwilling zu rupfen. Doch erst galt es, Cai aufzuhalten.
Sie schlüpfte in Windeseile in eins ihrer Qipao -Kleider, ehe sie aus dem Haus rannte. Lizzie gab sich keine Mühe, leise zu sein. Sollte doch alle Welt erfahren, dass sie ihren Mann zurückholte.
Die Luft war kühl und frisch. Zwischen den engen Häuserschluchten lag Morgennebel. So früh am Tag befanden sich noch nicht einmal die Händler und Arbeiter auf den Beinen. Vereinzelt torkelten die allerletzten Gäste verschiedener Teehäuser und Opiumhöhlen durch die Straßen, doch Lizzie beachtete keinen von ihnen und lief so rasch sie konnte zum Hafen hinunter.
An dem Hafenkai herrschte regeres Leben. Seeleute tummelten sich, beluden ihre Schiffe und bereiteten alles für die Abfahrt vor. Lizzie blieb stehen und überblickte die Straße, die Boote und die Menschen. Sie entdeckte Cai, als er die Rampe einer Dschunke ansteuerte. Sie rannte los, wissend, dass sie Cai nie wieder sehen würde, wenn er erst davonsegelte.
„Cai!“
Sie befand sich nur wenige Meter hinter ihm. Als er ihre Stimme vernahm, erstarrte er für einen Augenblick.
„Cai.“ Lizzie stand direkt hinter ihm. Sie war außer Atem.
„Was tust du hier?“, fragte Cai, ohne sich umzudrehen.
„Warum willst du in aller
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