Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
bliebe Lizzie sein geheimer Gast, solange er es wünschte.
Lizzie nickte langsam.
„Du hast recht. Wir sind nicht mehr an Bord der Tea Princess , man würde reden. Schanghai wird nicht anders sein als London.“
Cai lächelte und drückte ihre Hand, die seinen Ellenbogen umfasste.
„Nein“, gab er zu. „Nicht ein bisschen.“
Sie mussten selbst für die Seemänner ein exotisches Bild abgeben. Ein chinesischer Mandarin in seiner bunten, reich bestickten Robe führte eine hellhäutige, blauäugige Europäerin die Gangway hinunter. Lizzie glaubte die Blicke der Leute im Hafen auf sich gerichtet, doch als sie sich umsah, stellte sie fest, dass sich niemand für sie und Cai interessierte.
Cai steuerte eine Gruppe Männer an, die um eine Sänfte herumstanden. Die Träger warfen sich zu Boden und erhoben sich erst, als er mit ihnen sprach. Seine Stimme klang befehlsgewohnt, dominant, doch die Worte muteten weich und melodisch an.
Er wandte sich an Lizzie.
„Steig ein!“
Lizzie starrte auf die Sänfte, ein winziger Kasten verglichen mit dem Korpus einer Kutsche, mit zwei langen Holzstangen nach vorn und zwei identischen Stangen nach hinten. Die Träger positionierten sich an den Tragebalken und verharrten geduldig.
„Ich weiß nicht.“
Cai schob sie sacht auf die gepolsterte Sänfte zu. Er half ihr beim Einsteigen und ließ sich auf der gegenüberliegenden Seite nieder.
Wie ein Mann hoben die Träger die Sänfte, und Lizzie griff erschrocken nach Cais Händen. Die Männer waren geübt und miteinander vertraut, denn sie bewegten sich in völliger Harmonie, sodass Lizzie der Eindruck überkam, die Sänfte schwebte dahin.
„Sollen wir die Vorhänge schließen?“
Lizzie schüttelte den Kopf. Sie war viel zu neugierig auf Schanghai, als dass sie auf die ersten Eindrücke verzichtet hätte. Die Straßen führten an aneinandergedrängten Häuserzeilen vorbei. Kein Anzeichen von Gold und Juwelen oder anmutigen, edel gekleideten Chinesinnen, stattdessen erblickte Lizzie Männer mit kahlrasierten Oberköpfen und langen Zöpfen. Neugierig sah sie zu Cai.
„Das sind Han-Chinesen.“
„Du trägst dein Haar ähnlich.“
„Ich bin ein Mandschu“, erklärte Cai.
Sie runzelte fragend die Stirn.
„Chinese ist nicht gleich Chinese.“
Lizzie nahm es hin, vermutlich war es dasselbe wie mit den Briten. Nicht jeder Brite war ein Engländer. Aber jeder Engländer war Brite.
Lizzie sah erneut hinaus.
Die Fassaden waren teils schäbig, Farbe und Putz blätterten ab, und auch die Säulen und Rundbögen, die Dächer und Balkone stützten, trugen freundlich betrachtet nur zur Bewunderung der architektonischen Besonderheiten bei. Straßenhändler fuhren mit Karren die Straße entlang, andere besaßen feste Stände.
Lizzie sah eine Geflügelhändlerin, die ihre Hühner, Gänse und Enten in engen Holzkäfigen bis weit über ihren Kopf neben sich aufgestapelt hatte. An ihrer schmutzigen Schürze klebten Blut und Federn, und als sie Lizzie und Cai in der Sänfte entdeckte, rief sie ihnen etwas zu und hob ihren Arm. Erst jetzt erkannte Lizzie, dass die Frau ein Huhn an den Füßen hielt, dem sie wohl eben erst den Kopf abgeschlagen hatte. Blut tropfte aus dem Hals. Ungerührt schüttelte die Verkäuferin das tote Tier, sodass das Blut als feiner Sprühregen durch die Luft stob. Ein Mann schimpfte und entriss der Geflügelfrau das Tier. Offenbar hatte er das Huhn bereits bezahlt, denn die Frau wandte sich achselzuckend ab. Ein paar Meter weiter saß ein Mann an einem Schreibpult, Papier und Schreibwerkzeug vor sich liegend, und wartete ebenfalls auf Kundschaft.
Ein Gewirr an Geräuschen drang an Lizzies Ohren. Ein Singsang an Stimmen, Klappern von Metall und Holz, Schnattern und Grunzen und Blöken; hohe, zittrige Musik, das Poltern der Räder von umherfahrenden Karren. Gerüche machten das Chaos komplett, Wohlgerüche wechselten sich mit eher unangenehmen Düften ab. Essensdünste wehten in das Innere der Sänfte. Das Aroma von Fleisch und Gebäck mischte sich mit dem Gestank von Schweinen, menschlichen Ausscheidungen und einem widerwärtig süßlichen Geruch.
Lizzie beugte sich vor und sah eine offene Tür, die zu einem besonders schäbigen Haus gehörte. Wie ein schwarzes Loch der Hoffnungslosigkeit gähnte der Eingang in der Wand. Der Geruch wurde intensiver, und Lizzie erkannte eine wankende, ausgemergelte Gestalt, die sich in das Loch stürzte.
„Was ist dort drin?“
„Eine Opiumhöhle“, erklärte Cai
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