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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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warmes Wasser für alle Hausbewohner bereitzustellen.
    »Also, warmes Wasser gibt es ganz sicher nicht«, meinte die Burgherrin, als Amra danach fragte. »Das Klosterleben ist streng, Frau Amra, gezeichnet vom Verzicht. Die Nonnen beten und arbeiten, jeder Luxus gilt als verwerflich. Wie gesagt, genießt es noch einmal. Ab morgen werdet Ihr frieren, die Dormitorien der Nonnen sind auch nicht beheizt.«
    »Du könntest es höchstens noch einmal bei Herrn Heinrich versuchen«, meinte Mariana ohne große Hoffnung, als Amra am nächsten Morgen darüber klagte, schon vor Tau und Tag und bei eisiger Kälte in die Frühmesse gehen zu müssen. »Vielleicht lässt er mit sich reden, wenn du ihn ein bisschen umgarnst. Er war schließlich ganz vernarrt in dich.«
    Amra seufzte. Als Mariana ihr dann noch eröffnete, dass die Stundengebete in Klöstern auch bei Nacht verrichtet wurden, wäre sie zu allem bereit gewesen, um ihren Ordenseintritt abzuwenden. Sie bezweifelte jedoch sehr, dass Heinrich sie noch begehrte.
    Der Herzog ritt während der Reise vorn bei seinen Rittern, die Damen folgten im hinteren Teil des Zuges, wo es den Rittern leichterfallen würde, sie gegen Wegelagerer zu schützen. Heinrich hätte sich zwar zurückfallen lassen können, um mit Amra zu sprechen, aber das tat er nicht, und auch, wenn sie Rast machten, fragte er nicht nach ihrem oder Marianas Befinden. Amra war darüber erleichtert. Sie hatte vage befürchtet, dass der Herzog sich doch noch mit Gewalt das Recht nehmen würde, seine Geisel zu entjungfern. Amra blieb jedoch bei Tag wie bei Nacht unbehelligt. Und trotz aller Furcht vor dem Kloster war sie letztendlich zu stolz, um sich ihm anzubieten. Amra wollte keine Braut Christi werden, jedoch noch weniger eine Hure!
    Als die Reiter sich schließlich Walsrode näherten, lichtete sich der Wald zusehends. Die Gegend wurde offenbar schon lange landwirtschaftlich genutzt. Es wurde Holz geschlagen, was die Wälder ausdünnte und breitere, hellere Wege schuf. Die Ritter entspannten sich sichtlich. Hier war kaum noch mit Wegelagerern zu rechnen. Heinrich hätte jetzt ungezwungen neben Amra und Mariana reiten und mit ihnen plaudern können – die Regeln der Höfischkeit hätten das sogar von ihm verlangt. Der Herzog blieb jedoch standhaft, ignorierte die beiden Frauen, und Amra fühlte sich verfemt. Die strenge Rittformation der Männer lockerte sich auf, die Ritter lachten und schwatzten miteinander. Für Amra und Mariana fand jedoch niemand ein freundliches Wort.
    So war Amra froh, als ihr die Wirtin des Gasthauses, in dem sie am letzten Reisetag um die Mittagszeit einkehrten, versicherte, es sei jetzt nicht mehr weit bis zum Kloster. Hier erfuhren Mariana und sie denn auch endlich etwas mehr über den Konvent, in dem Heinrich seine Geisel und ihre Begleiterin zu verbannen gedachte.
    »Das ist ein sehr vornehmes Haus, unser Kloster«, meinte die Frau ehrfürchtig. »Man glaubt gar nicht, dass Frauen so klug sein können«, aus für Amra unverständlichen Gründen bekreuzigte sie sich. »Die Nonnen können alle schreiben und lesen und beherrschen das Lateinische – das ist so festlich, es geht einem das Herz auf, wenn man an der Klosterkirche vorbeigeht und ihre Stimmen dringen heraus. So muss es im Himmel sein, wenn die Engel singen … Es sind ja auch alles Edelfrauen, die Nonnen in Walsrode.«
    »Es sind nur adlige Damen in dem Konvent?«, wunderte sich Mariana.
    Die Frau nickte. »Das glaube ich wohl«, meinte sie. »Und reiche Damen, es ist doch ein Kanonissenkloster.«
    Mariana richtete sich interessiert auf. »Tatsächlich? Ich dachte, es wären Benediktinerinnen.«
    Die Wirtin zuckte die Schultern. »Das glaub ich nicht, die Benediktinerinnen haben ein Kloster in der Nähe des Dorfes, in dem meine Schwester lebt, und die sind ganz anders. Sie machen Krankenpflege, und es können auch arme Mädchen hingehen. Aber hier … Der Mutter Oberin gehören allein drei Güter, hier rund um Walsrode.«
    Mariana fragte nicht weiter, wirkte jedoch recht zufrieden, als die Frauen schließlich wieder auf ihren Pferden saßen.
    »Die Oberin hat drei Güter?«, erkundigte sich dafür Amra, kaum dass sie mit Mariana allein war. »Sagtet Ihr nicht, dass eine Ordensfrau Armut, Keuschheit und Gehorsam geloben und all ihr Geld und Gut dem Kloster geben muss?«
    Seit Amra das gehört hatte, fürchtete sie um ihren Schmuck. Sie hatte ihn während der Reise aus Melisandes Mantel herausgetrennt und in einem Beutel in ihren

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