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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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einzuweihen, den sie mit Melisande geschmiedet hatte. Sie hasste es, die alte Hofdame damit schon wieder enttäuschen zu müssen. Hoffentlich machte sie überhaupt mit.
    Mariana hörte sich Amras Enthüllung ruhig an und rieb sich dann die Schläfe. »Kindchen, ob darauf ein Segen liegt?«, fragte sie zweifelnd. »Willst du dich wirklich in eine so unsichere Zukunft stürzen? Den Ritter mit in den Abgrund reißen? Kannst du dich nicht ein Mal in dein Schicksal ergeben?«
    Amra schüttelte entschlossen den Kopf. »Ich will keine Braut Christi sein«, erklärte sie bestimmt. »Und gestern habt Ihr noch gesagt, man müsste dazu eigentlich berufen sein. Aber ich fühle mich nicht berufen, ich habe nur Angst davor, von Mauern umgeben zu sein. Ich bin für so etwas nicht geschaffen, Frau Mariana! Und das kann auch Euer Gott nicht wollen. Er hat Magnus und mich so oft zusammengeführt. Es muss sein Wille sein, dass wir heiraten und Kinder haben.«
    Mariana zog die Brauen hoch. »So soll denn sein Wille geschehen«, murmelte sie.
    Was dann jedoch geschah, war der Wille der Herzogin – und Amra würde sich Zeit ihres Lebens fragen, ob hier wirklich Gott seine Hände im Spiel gehabt hatte, oder ob es doch Mariana, eine Lauscherin oder die unglaubliche Intuition einer am Minnehof ihrer Mutter erzogenen Prinzessin gewesen war. Als sich Amra und die beiden älteren Damen bereits zur Ruhe gelegt hatten, klopfte Melisande an ihre Tür.
    »Amra?«, fragte sie und ihr unglücklich verzogenes Gesicht verriet Amra sofort, dass irgendetwas schiefging. »Du sollst kommen. Die Herzogin ist krank, und wir sollen ihr aufwarten.«
    »Wir?«, fragte Amra verwirrt. »Ich?« Sie stand nervös auf und warf eine Tunika über ihr Unterkleid.
    Melisande nickte. »Ja. Sie sagt, sie fühle sich nicht gut, und sie möchte, dass du ihr vorliest. Und ich soll heißen Würzwein holen und Kräuter gegen Kopfschmerz … Verlier nicht den Mut, Amra, mit ein bisschen Glück schläft sie in einer Stunde ein.« Die letzten Worte wisperte sie der Freundin nur zu, als Amra ihr auf den Korridor folgte.
    »Das glaube ich nicht!«, gab Amra verzweifelt zurück. »Das … da steckt doch ein Plan dahinter. Sie muss irgendetwas wissen … Melisande, ich kann nicht bis morgen warten! Ich gehe jetzt!« Sie wollte direkt loslaufen, aber Melisande fasste sie hart am Arm.
    »Amra, denk doch mal nach! Es ist bereits dunkel, die Burg ist verschlossen. Du kämest hier gar nicht heraus.«
    »Ich könnte mich irgendwo verstecken«, überlegte Amra, doch natürlich wusste sie, dass es aussichtslos war.
    Selbst wenn man sie nicht gleich fand, wenn die Wache erst alarmiert war, würde es ihr niemals möglich sein, heimlich die Burg zu verlassen. Tatsächlich bestand die einzige Chance darin, dass sich Mathilde doch noch so weit erholte, dass sie Melisande und Amra zurück in ihre Schlafkammer schickte.
    Amra vermutete ganz richtig, dass dahinter ein Plan steckte. Die kleine Herzogin hatte nicht die Absicht, die zwei Verschwörerinnen in dieser Nacht zur Ruhe kommen zu lassen. Sie fühlte sich angeblich immer schlechter. Sie ließ sich Wadenwickel anlegen und die Schläfen massieren, verlangte, dass man ihr warme Steine an die Füße legte und duftende Kräuter in ihrer Kemenate verbrannte. Erst als der Morgen schon graute, senkte sie die Lider und schien sich zu entspannen.
    »Tun wir’s jetzt?«, fragte Amra leise, als Mathilde offensichtlich eingeschlafen war. »Du kannst Joana wecken, damit die Herzogin nicht allein ist, wenn sie aufwacht. Und wir …«
    Melisande nickte. »Warte hier, ich hole dir meinen Mantel und sage Joana Bescheid. Vielleicht geht ja doch noch alles gut.«
    Der Mantel war wichtig. Nicht nur, dass er Amra in der beißenden Kälte warm halten würde – die junge Frau hatte am Tag zuvor all das Gold und die Juwelen, mit denen der Herzog sie in den letzten Monaten beschenkt hatte, in seinen Saum eingenäht. Sie hatte die ganze Zeit gebangt, dass Mathilde oder der Herzog jemanden schicken würde, das Geschmeide abzuholen, aber das war nicht geschehen. Mathilde schien es einfach vergessen zu haben. Vielleicht wusste sie auch nicht, wie viel Gold in die Hände ihrer Rivalin gelangt war. Amra hatte den Schmuck ja nie getragen. Und der Herzog … Amra wollte fast glauben, dass er bereit war, ihr das Vermögen zu lassen.
    Jetzt wartete sie mit zitternden Knien am Bett der kleinen Herzogin. Sie wagte kaum zu atmen, um das Mädchen nicht zu wecken, doch es schien

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