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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Mischlingshund, erkennbar männlich, an ihr hoch. Eben noch hatte er in einer Kiste in einer Stallecke gelegen. Amra wehrte das Tier sanft ab und streichelte es.
    »Na, das ist ja eine stürmische Begrüßung«, sagte sie freundlich. »Wer bist du denn? Ein Klosterbruder unter lauter Nonnen?«
    Amra sah sich neugierig um. Der Stall lag innerhalb der Klostermauern, sicher war es den Schwestern nicht verboten, ihn zu betreten … Als der Hund sich schwanzwedelnd auf sein Lager verzog, reifte in Amra ein Plan. Sie unterzog die Hundeecke einer Prüfung und kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht besonders gepflegt wurde. Wahrscheinlich kam nie jemand auf den Gedanken, dort einmal gründlich sauberzumachen.
    »Ich gebe dir jetzt eine Aufgabe, mein Freund«, raunte sie dem weiß-braun gefleckten, freundlichen Mischling zu. »Du wirst etwas für mich bewachen. Tust du das?«
    Mariana mühte sich noch mit ihrem Sattelzeug – bisher hatte sie ihr Pferd wohl noch nie allein abwarten müssen –, als Amra bereits die Hundekiste beiseitegeschoben, ein Loch in den Naturboden darunter gebuddelt und den Beutel mit ihrem Schmuck hineingelegt hatte. Die Ecke sah gänzlich unberührt aus, als sie die Kiste wieder darüberzerrte. Der Hund sah sie treuherzig an, scheinbar froh über so viel Zuwendung.
    »Ab jetzt bist du ein reicher Hund«, beschied ihn Amra. »Und ich bringe dir auch mal eine Wurst mit.«
    Maria Agatha rümpfte die Nase, als sie den Stall betrat, um Amra und Mariana abzuholen. Sie schaute unwillig auf den Hund, der sich bei ihrem Anblick in seiner Kiste zusammenrollte. Amra fragte die Schwester nach seinem Namen.
    »Fehlte noch, dass wir dem dreckigen Vieh einen Namen geben, ich weiß sowieso nicht, warum wir es hier durchfüttern.« Maria Agatha schüttelte angewidert den Kopf. »Aber es jagt wohl Ratten. Seid Ihr fertig? Dann kommt, die Vesper beginnt.«
    Die junge Ordensschwester eilte zunächst durch einen Küchengarten voraus und bog dann in einen Kreuzgang ein. Amra und Mariana folgten ihr. Das kunstvoll gestaltete Gewölbe bildete das Zentrum des Klosters, von hier aus ging es sowohl zur Kirche als auch zu den Wohn- und Gemeinschaftsräumen. Hier hielt Maria Agatha in ihrem Schritt inne und wies auf Mariana, die sie bisher geflissentlich übersehen hatte.
    »Wer ist sie?«, fragte sie. »Eure Dienerin oder Eure Amme?«
    Mariana blitzte sie an. »Ich bin Gräfin Mariana von Arkona, geborene Baroness von Reichenwalde im Herzogtum Bayern. Und ich bitte um ein wenig Respekt, junge Dame, auch wenn Ihr Euch viel auf Euren geistlichen Stand einbildet.«
    Die junge Klosterfrau erwiderte den Blick gelassen. »Agatha, Komtess von Kassberg«, konterte sie. »Verzeiht mein Betragen. Aber Frau Anna Maria wurde uns als Fürstentochter angekündigt. Es ist eher selten, dass eine solche ohne Bedienstete erscheint.«
    »Darf man denn Bedienstete haben?«, fragte Amra verblüfft. Auch das widersprach allem, was Mariana ihr über das Leben im Kloster erzählt hatte.
    »Bislang hatten viele Kanonissen hier ihre Dienerinnen«, meinte die Schwester. »Aber die neue Oberin begrüßt das nicht so sehr. Neuerdings orientieren wir uns stärker an den Regeln des heiligen Benedikt, unsere Oberin verehrt die Mutter Hildegard von Bingen. Und die nimmt das wohl sehr ernst mit dem ›Bete und arbeite‹. Aber was tun wir denn jetzt mit Euch, Frau Mariana von Arkona? Für eine Novizin seid Ihr vielleicht schon etwas zu … hm … alt.«
    »Vielleicht lassen wir das einfach die Oberin entscheiden«, meinte Mariana. »Der Herzog wird sich ja sicher mit ihr über uns beraten.«
    Schwester Agatha nickte erleichtert. »Gut, dann kommt jetzt erst mal mit zur Kirche, alles Weitere wird sich finden«, beschied sie die Frauen.
    Sie betraten die Kirche dann auch gleich durch den Kreuzgang. Das Gotteshaus war kleiner als der Dom zu Braunschweig, allerdings kostbar gestaltet mit bunten Fenstern und vielen verzierten Heiligenfiguren. Liebevoll bestickte Altartücher schmückten jede Nische, man sah die weibliche Hand, die über diese Kirche wachte. Eine äußerst begüterte weibliche Hand.
    Heinrich der Löwe und seine Ritter knieten bereits in den vorderen Kirchenbänken. Die Ordensschwestern hatten in respektvollem Abstand zu den Herren Platz im hinteren Bereich genommen. Die Oberin, eine hochgewachsene hagere Person mit strengem, langgezogenem Gesicht, erhob sich eben, um die Schwestern zur Vesper zu begrüßen. Es folgte ein feierlicher Gesang, dann wurden

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