Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
alles gut zu gehen. Mathilde rührte sich nicht. Sie schlief offensichtlich tief, ein unschuldiges, leichtes Lächeln auf den Lippen. Amra versuchte es, aber sie konnte sie nicht hassen. Eigentlich empfand sie nur Mitleid für diese Kindfrau, die mit allen Mitteln um die Gunst ihres Gatten kämpfte – bevor sie noch wusste, was Liebe war.
    Schließlich winkte Melisande von der Tür her. »Joana ist gleich da«, wisperte sie. »Du kannst schon gehen.«
    Amra atmete auf, als sie die Räume der Herzogin verließ. Sie eilte über den Flur, die Treppe hinunter und durch den Garten in Richtung der Ställe. Es war eiskalt, und Amra hüllte sich zitternd in Melisandes Mantel. Sie trug darunter nur leichte Kleidung. Aber zu frieren war besser, als eingesperrt zu werden …
    Amra erreichte den verschneiten Obstgarten. Zwei Tage zuvor noch hatte sie sich hier mit Magnus getroffen. Doch nun rasch weiter zu den Ställen. Der Falkner würde sie dort erwarten …
    Aber dann waren es nicht nur die erhofften zwei Pferde, die vor den Ställen auf Reiter warteten. Entsetzt erkannte Amra, dass eine ganze Gruppe von Pack- und Reittieren vorbereitet wurde. Sie wollte sich verstecken, der Ritter, der die Männer befehligte, hatte sie jedoch bereits kommen sehen und auch gleich erkannt.
    »Frau … Frau Amra!«, wunderte sich Heribert und verbeugte sich ehrfürchtig. »Was tut Ihr denn schon hier? Es eilt wirklich nicht, ich denke, wir werden noch zwei Stunden brauchen, bis wir abreiten.«
    »Abreiten?«, fragte Amra tonlos.
    »Herr Heribert führt Eure Eskorte ins Herzogtum Bayern.« Der Falkner trat neben den Ritter und sah Amra ebenso beschwörend wie bedauernd an. »Es sind einige Güter zu transportieren, die Herzogin wird dem Kloster großzügige Geschenke machen. Sie gab Befehl, früh mit dem Beladen der Packtiere zu beginnen.«
    Amra nickte geschlagen. »Ja … ja …«, sagte sie dann. »Ich … ich werde dann bereit sein. Und von Frau Melisande soll ich Euch sagen – es wird heute nichts mit der Falkenjagd. Die Herzogin hat sie die ganze Nacht über gebraucht, sie muss jetzt schlafen.«

Kapitel 2

    W o genau das Stift liegt, weiß ich gar nicht.«
    Mariana redete seit einer Stunde auf Amra ein, um sie irgendwie aufzuheitern, doch Amra fühlte sich nur erschöpft und übel. Sie mochte nichts von dem Griesbrei mit Honig, den die alte Edelfrau ihr brachte, und sie lehnte auch den Würzwein ab, der sie nach dem vergeblichen Gang in die Ställe aufwärmen sollte.
    »Aber es reitet ein Mönch mit, der sich gut auskennt. Eine göttliche Fügung, meinte die Herzogin. Bruder Martin kommt aus Bayern und war Schreiber für Bischof Berno. Sie hat ihn gestern konsultiert, um den richtigen Konvent für dich zu finden. Und da er sowieso darum gebeten hat, zurück in sein Heimatkloster gesandt zu werden, wird er uns gleich begleiten.« Mariana wirkte ausgesprochen fröhlich. »Doch nun komm, du musst dich ankleiden. Du willst doch nicht in diesen Hauskleidern reiten, da holst du dir ja den Tod.«
    Amra sah teilnahmslos zu, wie Mariana ihre wärmsten Sachen aus den Truhen holte. Sie hatte am Vortag viel Zeit zum Packen gehabt, aber Mathilde hatte sie anweisen lassen, nicht zu viel mitzunehmen. Im Kloster würde man sie einkleiden, schon als Novizin würde sie Klostertracht tragen.
    »Und der Mantel? Ist das nicht Melisandes? Das ist ja nett von ihr, dass sie ihn dir schenkt.«
    Mariana plapperte weiter. Dann hörten sie eine befehlsgewohnte Männerstimme auf dem Korridor vor den Kemenaten.
    »Ist mir egal, Frau Aveline, ob meine Gemahlin schläft!«, polterte Herzog Heinrich. »Ich will mit ihr sprechen, und zwar jetzt! Also weckt sie auf, oder ich werde es selbst tun. Ich habe ein für alle Mal genug von ihren Eigenmächtigkeiten, was diese Geisel aus Rujana angeht. Eine Unverschämtheit, sie hinter meinem Rücken nach Bayern schaffen zu wollen.«
    »Da geht’s um dich!« Mariana spitzte ihre Ohren. Bis in die Kemenaten reichte ihr Hörvermögen allerdings nicht.
    Sowohl die Hofdame als auch die nun ebenfalls neugierig gewordene Amra mussten warten, bis sich eine andere Gelegenheit ergab zu erfahren, was zwischen den Ehegatten vor sich ging. Die kam allerdings schnell. In den Frauengemächern der Burg Dankwarderode hatten die Wände immer Ohren gehabt.
    »Der Herzog hat Frau Mathilde scharf gerügt, weil sie dich nach Bayern schicken will«, berichtete Joana. Sie hatte im Nebenzimmer Mathildes Sachen geordnet und natürlich alles

Weitere Kostenlose Bücher