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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Satteltaschen verstaut – wo sie ihn allerdings verstecken sollte, wenn man ihr wirklich jedes persönliche Besitztum abnehmen und sie vollständig neu einkleiden würde, war ihr noch ein Rätsel.
    Mariana nickte lächelnd. »Aber die Kanonissen bilden eine Ausnahme«, erklärte sie ihrem Schützling. »Sie leben zwar in klösterlichen Gemeinschaften, haben jedoch mehr Freiheiten. Die wichtigste davon ist, dass sie Land besitzen dürfen – und sie stellen ihre Regeln mehr oder weniger selbst auf. Natürlich an andere Ordensregeln angelehnt, je nach Konvent tragen sie zum Beispiel ihre eigenen Kleider und haben eigene Zellen.«
    »Zellen?«, fragte Amra entsetzt.
    »So nennt man die Schlafräume der Ordensleute«, beruhigte sie Mariana. »Sofern es denn solche gibt. Meist schlafen alle gemeinsam in Dormitorien. Klosterzellen sind sehr schlicht eingerichtet, aber mit Verliesen haben sie nichts zu tun.«
    »Sind sie vielleicht beheizt?«, fragte Amra hoffnungsvoll.
    Mariana zuckte die Schultern. »Erwarte nicht zu viel, mein Kind. Aber es geht hier sicher freier zu als in dem Konvent, in den Frau Mathilde uns schicken wollte.«
    Amra blickte denn auch etwas optimistischer in die Zukunft, als sie das Kloster schließlich erreichten. Es war ein großer Backsteinbau, der an eine Kirche angeschlossen war. Darum herum erstreckte sich ein Dorf.
    »Wie eine Burg!«, staunte Amra. »Wie viele Frauen leben wohl hier?«
    Mariana zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Fünfzig? Aber es ist sicher kein kleiner Konvent, die Wirtin sagte, er bestünde schon mehr als hundert Jahre. Ein Graf Wale habe ihn gegründet, seine Tochter sei die erste Äbtissin gewesen.«
    Das erklärte den relativen Luxus, die Komtess hatte sicher nicht darben wollen.
    Amras Hoffnung, ihre Kleider behalten zu dürfen, erfüllte sich jedoch nicht. Die Schwester Pförtnerin, bei der Herzog Heinrich vorsprach, woraufhin sie sich vor Aufregung kaum halten konnte, trug schwarze Ordenstracht.
    »Doch, doch, Herr, Euer Bote hat uns erreicht. Aber die Mutter Oberin erwartet Euch erst morgen … Dennoch, wir freuen uns natürlich, unser Gästehaus wird gerade bereitet.«
    Die Ordensschwester wusste nicht, ob sie dem ersten Hofknicks noch weitere hinzufügen oder doch lieber davoneilen sollte, um die Äbtissin von der Ankunft des Herzogs in Kenntnis zu setzen.
    Heinrich machte eine abwehrende Handbewegung. »Bemüht Euch nicht, wir werden nicht bleiben. Ich reite weiter nach Stellichte, sobald ich mein … hm … Mündel und seine Begleitung hier in guten Händen weiß. Ich würde jedoch gern kurz mit der Mutter Oberin reden, wenn es möglich wäre.«
    Die Schwester Pförtnerin versicherte ihm, dass das selbstverständlich möglich sei. »Nur nicht gerade jetzt, verzeiht, bitte, aber hört Ihr, die Glocken rufen zur Vesper. Da kann sie nicht, ich meine, sie wird eher nicht …«
    Heinrich seufzte. Er hätte die Oberin sicher mit nur leichtem Druck dazu zwingen können, das Abendgebet auszulassen, aber er mochte sie nicht verärgern.
    »Wir begehen die Vesper gern gemeinsam mit Euch«, meinte er schließlich, was der Pförtnerin ein strahlendes Lächeln entlockte.
    Schnell wies sie den hohen Herrschaften Anbindeplätze für die Pferde an. »Und Ihr könnt Euch auch gern im Gästehaus frisch machen.« Das Gästehaus des Klosters lag außerhalb der Mauern, war dem Komplex aber angeschlossen. »Und Euer Mündel … Ich habe bereits nach einer Schwester rufen lassen, die es einweisen wird.« Damit öffnete sie die Klosterpforte für Amra und Mariana.
    Die Ordensschwester, die gleich darauf erschien, um die Frauen in Empfang zu nehmen, wirkte jünger, aber sichtlich gefestigter als die Pförtnerin. Sie trug einen weißen Schleier zu ihrem schwarzen Gewand und stellte sich als Schwester Maria Agatha vor.
    »Kommt mit, ich zeige Euch, wo Ihr Eure Pferde einstellen könnt. Die Äbtissin wird entscheiden, wo Ihr untergebracht werdet.«
    »Können wir die Pferde behalten?«, fragte Amra hoffnungsvoll.
    Die junge Ordensfrau zuckte die Schultern. »Es wird erwartet, dass Ihr sie dem Kloster spendet«, erklärte sie dann.
    Amra sah Mariana Hilfe suchend an. »Das heißt Nein«, sagte die Edelfrau kurz.
    Amra machte es traurig, sich von Sternvürbe trennen zu müssen. Sie hatte das Pferd in all der Zeit lieb gewonnen. Sie klopfte die Stute und sprach mit ihr, während sie sie in einen der Verschläge stellte. Wohl angelockt von den freundlichen Worten sprang gleich darauf ein

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