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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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küssen. Magnus wehrte sie ab.
    »Das Jussi!«, sagte die junge Frau und wies auf ihren Freund. Anscheinend musste sie irgendetwas tun oder sagen, um ihrem Retter ihre Verbundenheit zu zeigen. »Und ich Amra.«
    Sie verstand nicht, warum der Ritter sich umwandte und die Hände vors Gesicht schlug. »Verschwindet endlich!«, brüllte er sie an.
    Als Jussi und Amra Hand in Hand durch den Wald davonhasteten, sah Magnus ihnen nicht nach.
    Magnus blieb den Rest des Tages im Wald. Er hoffte auf die Trunkenheit der Ritter. Sicher hatte noch niemand die Gefangenen gezählt, und mit etwas Glück hatte sich auch niemand die Gesichter Jussis und Amras gemerkt.
    Als er schließlich in der Dämmerung zurück zum Dorf ging, mischten sich dort aromatische Essensdüfte mit dem Gestank von Blut und brennendem Fleisch. Die Männer hatten die Leichen einfach in die Feuer der brennenden Hütten geworfen. Die meisten von Vaclavs Rittern lagen berauscht um die Lagerfeuer herum, einige mit apathischen oder weinenden Mädchen im Arm. Nur die Wächter der Gefangenen waren halbwegs nüchtern, doch auf diese Posten hatte Vaclav Söldner gestellt, welche die Häuser geplündert und nicht gesehen hatten, dass Magnus mit zwei Gefangenen in den Wald gelaufen war.
    Magnus suchte seine beiden dänischen Freunde und fand sie bei den Pferden etwas abseits vom Rauchgestank. Feuer machte die Tiere ängstlich und nervös, so hatte man sie hier angebunden. Die Männer saßen im Dunkeln, der Jüngere kaute an einem Kanten Brot. Wie Magnus schienen auch sie das Fleisch der gestohlenen Ochsen zu verschmähen.
    »Herr Magnus, wie konntet Ihr!« Aus den Worten des jungen Ritters sprach tiefste Empörung.
    Magnus gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen.
    Der andere sah ihn forschend an. »Eure … hm … Gefangenen …«, bemerkte er, »… sind entflohen?«
    Magnus lächelte müde. Es fühlte sich falsch an, wie würde er nach diesem Tag je wieder lachen können?
    Endlich schien der junge Ritter zu begreifen. »Wirklich? Ihr … Ihr habt sie laufen lassen? Ihr habt so getan, als wolltet Ihr … mit … mit beiden … Ihr habt Euch zum Spott der Ritterschaft gemacht! Und dann … dann habt Ihr sie laufen lassen?« Aufgeregt sah er zu Magnus auf. »Das ist wie in den alten Geschichten … wie bei Lancelot und Guinevere …«
    Magnus dachte an Amra, seine rothaarige wilde Amra. Sie liebte romantische Geschichten. Er grinste den Jungen an und suchte nach der richtigen Entgegnung.
    »Sagen wir: Ich schuldete meiner Minnedame die Befreiung einer Geisel.«

Kapitel 7

    A uch Amras zweiter Winter im Kloster verging, ohne dass sie irgendetwas von Magnus oder Herzog Heinrich hörte. Natürlich fanden Feldzüge statt – Miladin hatte vom Einsatz der Männer von Rujana gegen zwei pommersche Herzöge berichtet –, aber wenn Barbaras junger Ritter nicht gewesen wäre, hätte Amra in der abgeschotteten Welt des Klosters nicht einmal davon gewusst. Ihr Leben konzentrierte sich auf den Stall und den Garten, die Ordensgemeinschaft und die Liebesgeschichte zwischen Barbara und Miladin, dem Einzigen, das Farbe in ihren trostlosen Alltag brachte. Dabei schämte sie sich ihrer Neugier.
    Barbaras Verhältnis zu ihrem Ritter war schließlich eher ein Grund zur Sorge als ein Anlass zum Träumen. Die Novizin sehnte die Treffen mit ihrem Geliebten herbei und haderte gleichzeitig mit jedem Tag, der sie der Profess im Herbst näher brachte. Sie schwankte stets zwischen Glück und Freude, Reue und Scham. Amra hatte dem Liebespaar eine Ecke im Stall eingerichtet, wo Heu- und Strohgarben so gestapelt waren, dass dazwischen ein Hohlraum blieb. Wenn Barbara und Miladin sich dorthin zurückzogen, entdeckte sie kein Mensch. Amras größte Sorge war damit gemindert. Aber sie war trotz allem recht froh, als Miladin sich für Pribislavs Sommerfeldzug verabschiedete. Barbara gefiel ihr nicht, sie wirkte blass und fahrig und schaute oft auf wie ein gehetztes Tier, wenn die Äbtissin oder die Novizenmeisterin sie auf das bevorstehende Ewige Gelübde ansprach. Die junge Frau würde jetzt bald eine Entscheidung treffen müssen, aber sie steckte in einem hoffnungslosen Dilemma. Barbara sah sich nicht zur Ordensschwester berufen, sie war jedoch gläubig. Wenn sie die Profess ablegte und sich danach weiter mit Miladin traf, würde Gott sie verdammen, davon war sie fest überzeugt. Die Alternative war eine Flucht mit dem Fahrenden Ritter … aber selbst Amra gab dieser Idee keine Chance. Barbara war

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