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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Jahr abmildern zu können.
    Amra stellte den schweren roten Wein also für Barbara und Miladin in ihr Versteck. Sie mochten sich damit über ihren Abschied hinwegtrösten. Und tatsächlich schien er zu wirken. Amra hatte Barbara nie so glücklich und gelöst gesehen wie an diesem Abend im Vespergottesdienst.
    »Was ist?«, fragte sie später während der kurzen Freistunde zwischen Abendessen und Komplet. »Habt ihr eine Lösung gefunden? Sieht er Aussicht auf ein Lehen, noch bevor du dich ewig an dieses Kloster bindest?«
    Natürlich brach Barbara einen Schwur, wenn sie sich nach der Ewigen Profess weiter mit Miladin traf, und es wäre sicher besser, sich dabei nicht von der Äbtissin erwischen zu lassen. An göttliche Strafen glaubte Amra jedoch schon lange nicht mehr.
    Barbara schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, aber wir … wir haben uns … na ja, verabschiedet. Es war so schön. Ich bin so glücklich. Und ich werde davon zehren, auch wenn ich Miladin nie wiedersehe. Ich werde immer daran denken, ich werde … Amra, es war … es war, als hätte ich Gott gesehen, als hätte er uns gesegnet.« Die kleine Novizin strahlte überirdisch.
    Amra zuckte die Schultern. »Du wirst also die Ewigen Gelübde ablegen?«, fragte sie.
    Barbara seufzte. »Wenn nicht noch ein Wunder geschieht …« Aber dann lächelte sie auch schon wieder. »Was sage ich, das Wunder ist ja schon geschehen!«, flüsterte sie. »Gott hat mich reich beschenkt, es ist nur recht und billig, dass ich ihm jetzt den Rest meines Lebens diene.«
    Amra überlegte nüchtern, was wohl Wunderbares in dem Versteck aus Heugarben geschehen sein könnte, aber jetzt läuteten schon wieder die Glocken zum Komplet, und so fragte sie nicht nach. Es reichte ihr, dass Barbara sich offensichtlich entschieden hatte und damit nicht unglücklich war. Im Gegenteil, die junge Schwester schwebte geradezu durch die letzten Wochen ihres Noviziats.
    Den großen Tag begrüßte Barbara dann mit leuchtenden Augen und fiebrigem Eifer. Amra fand, sie habe die Freundin nie so schön gesehen – die Mitschwester hatte sich in den letzten Wochen sichtlich entwickelt. Unter dem weißen Habit, den sie heute als »Brautkleid« trug, waren schwellende Brüste zu erkennen, Barbara schien kräftiger geworden und nicht mehr ganz so hager.
    »Du scheinst dich ja wirklich zu freuen«, wisperte Amra ihr zu, als sie sich aufmachten, in feierlichem Zug zum Kirchgang zu schreiten. Bischof Berno war gekommen, um das Hochamt zu halten, die Novizinnen würden vor ihm und der Äbtissin die Ordensgelübde ablegen.
    »Mit dem heutigen Tag werden alle Sünden vergeben!«, flüsterte Barbara zurück. »Ich hatte in der letzten Zeit Sorge, aber heute … heute werden wir alle wieder vollkommen rein werden.«
    Sie wandte Amra ihre leuchtenden Augen zu, aber war es wirklich aufrichtige Freude, die sich darin spiegelte? Amra meinte, eher lodernde Furcht zu erkennen.
    »Das ist doch so, nicht?«, vergewisserte sich die Freundin. »Das hat Mutter Clementia gestern noch gesagt.«
    Daran erinnerte sich Amra, auch sie besuchte ja die regelmäßigen Unterrichtsstunden und Gebetskreise für die Novizinnen. Was man darunter allerdings zu verstehen hatte, war ihr unklar. Amra legte seit ihrer Taufe regelmäßig die Beichte ab, doch gereinigt hatte sie sich danach noch nie gefühlt. Allerdings gab es nichts, was ihr in den letzten beiden Jahren auch nur den Anflug eines schlechten Gewissens beschert hatte. Dafür war das Klosterleben viel zu ereignislos. Und Barbara hatte sich erst recht nichts zuschulden kommen lassen, außer der Geschichte mit Miladin. Und die hatte ihr Gott doch am Ende angeblich gesegnet …
    »Wird schon so sein«, murmelte sie jetzt vage und fiel dann ein in den Gesang der Mitschwestern.
    Sie intonierten Hymnen und Psalmen, während sie die neuen Ordensfrauen zur Messe geleiteten. Agatha wirkte dabei so glücklich, wie eine Braut nur sein konnte, andere lächelten eher gezwungen, als sie vor dem Altar niederknieten und sich dann flach auf den harten Steinboden legten. Barbara wirkte so voller Leidenschaft, sie hob nicht einmal den Kopf oder veränderte auch nur ein wenig ihre unbequeme Lage, während die Gemeinde die Allerheiligenlitanei vorbetete. Der Chor der Gläubigen antwortete mit einem »Bitte für uns!« oder »Erbarme dich unser!« Die Novizinnen mussten gänzlich ausgekühlt sein, als die über hundert Bitten um Erlösung endlich vorgetragen waren.
    Anschließend wurde eine Professe nach

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