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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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steif nach der Reise und hielt sich im hinteren Bereich der Truppe. Vaclav dagegen sprengte neben dem jungen Aufklärer her, ohne auf die Bedürfnisse seines Schimmels Rücksicht zu nehmen. Er führte die Männer auf einem ausgetretenen Pfad durch den Wald. Es musste hier also wirklich eine Ansiedlung geben. Aber eine Festung oder eine Burg? Die hätte eigentlich auf den Karten eingezeichnet sein müssen, die Magnus in Dänemark eingesehen hatte.
    Und dann lichtete sich der Wald, und unter dem grauen Morgenhimmel konnte man Äcker erkennen. Eher kleine Anpflanzungen, vergleichbar mit den Feldern bei Burg Arkona. So nah am Meer lebte man eher vom Fisch als vom Ackerbau. Und wie ein Fischerdorf wirkte denn auch die Ansiedlung, die jetzt hinter Sanddornhecken sichtbar wurde. Ein paar schmucke Häuser, ähnlich denen in Vitt. Man lebte nicht schlecht vom Heringsfang. Eine Kirche … sicher, die Pommern waren Christen.
    Magnus fragte sich erneut, was Vaclav hier wollte, er sollte es jedoch bald erfahren. Zu seinem Entsetzen zog der Ranenkrieger sein Schwert, wandte sich lachend zu seinen Rittern um und rief zum Angriff.
    »Los, Männer, holt euch die Beute!«
    Und damit brach die Hölle über die Menschen in dem Fischerdorf herein. Wie ein verheerender Sturm stürzten sich die Ritter und in ihrem Gefolge auch die Söldner auf die kleine Siedlung. Sie brachen den Zaun nieder und begannen, die Dächer der Heuschober in Brand zu setzen. Für die frühe Stunde waren schon recht viele Bewohner des Dorfes unterwegs. Sie mochten die Ankunft der fremden Schiffe bereits bemerkt haben, Verteidigungsvorbereitungen hatten sie allerdings nicht getroffen. Wie auch, was halfen ein paar Messer und Heugabeln gegen so viele schwer bewaffnete Kämpfer? Die Bevölkerung setzte denn auch nicht auf Kampf, sondern flüchtete sich schreiend in die Kirche.
    »Das ist das Gute bei den Christen!«, rief Vaclav Magnus zu. »Sie verkriechen sich alle in einem Haus, man braucht sie da nur einzusammeln, zu fesseln und rauszutreiben.«
    Ein paar Ritter umzingelten nun das Gotteshaus, während sich andere über die Fischerhütten hermachten, bevor sie die Häuser in Brand setzten. Viel war hier natürlich nicht zu holen. Doch ein paar Münzen hatte mancher gespart, und die Sonntagskleidung der Frauen war mit fein geklöppelter Spitze versehen und gut gepflegt. Besonders die Söldner ließen auch Fischernetze und andere Gebrauchsgegenstände mitgehen. Sie frohlockten bereits über die reiche Beute und schwenkten die Krüge mit Wein. Die gab es hier in jedem Haus. Magnus erkannte mit Entsetzen, dass Vaclavs kleines Heer binnen kürzester Zeit gänzlich berauscht sein würde.
    Und natürlich ging es nicht ohne Blutvergießen ab. Es gab Männer, die ihre Häuser verteidigten und von den Plünderern niedergemacht wurden. Die Ritter setzten Fliehenden johlend nach und stürzten sich auf die Frauen, die nicht rasch genug in die Kirche kamen. Kinder und alte Leute wurden sofort hemmungslos getötet.
    Vaclav brüllte Magnus an, als der sich schützend vor einen Greis stellte. »Was wollt Ihr mit dem? Der bringt doch kein Geld auf dem Markt. Und die Gören auch nicht, das ist nur Ballast!«
    Magnus begann zu begreifen, auf was Vaclavs Vorgehen zielte. Die »Beute«, die Vaclav in so reichem Maße heranbrachte, bestand aus Sklaven. Diese Armee suchte keinen ritterlichen Kampf. Sie hatte überhaupt kein Interesse daran, die Herzöge Bogislav und Kasimir zu finden und zu besiegen. Hier ging es nur um Rache für Heinrichs Attacken gegen Dänemark. Um die Zerstörung von Dörfern, um Mord und Brand und Angst.
    Alles in Magnus sträubte sich dagegen, dies zuzulassen. Er und zwei weitere dänische Ritter beobachteten fassungslos das Morden. Hilflos sahen sie zu, wie einer der Ranen den Priester des Dorfes aufspießte, als er vor die Kirche trat, um seine Gemeinde zu schützen.
    »Tut bloß nicht so, als wärt ihr keine Heiden!«, brüllte Vaclav die Dorfbewohner an und lachte, als seine Leute die schönsten Mädchen herauszerrten und gleich auf dem Dorfplatz über sie herfielen. »Wehe, ich höre hier einen beten.«
    Brutal ließ er die Menschen aus der Kirche treiben und auf dem Dorfplatz aufstellen. Sie mussten mit ansehen, was mit ihren Frauen und Kindern geschah.
    »Warum tut er das?« Der Ritter neben Magnus war noch sehr jung, anscheinend hatte er gerade erst seine Schwertleite gefeiert. »Wenn es doch Christen sind … Wenn wir doch alle Christen sind …«
    Er

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