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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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tastete unsicher nach seinem Schwert. Aber nur ein Narr hätte die Waffe gegen Vaclavs entfesselte Kämpfer erhoben – die zudem ganz im Sinne ihres Anführers handelten.
    »Wenn es Christen sind, kann er sie nicht versklaven«, sagte Magnus kurz und erkannte seine eigene Stimme kaum wieder. Sie klang tonlos und hohl. »Er muss sagen, dass er heidnische Götterstandbilder in ihren Hütten gefunden hat.«
    »Aber das hat er doch nicht! Muss er es nicht beweisen?«
    Der Junge glaubte anscheinend noch an die Ehre eines Ritters. Fassungslos blickte er in die auflodernden Feuer, sah Vaclavs Männer nun auch Vieh zusammentreiben und Ochsen schlachten, um den »Sieg« zu feiern.
    »Ein paar Amulette wird er schon finden«, meinte Magnus. »Ich denke, er weiß, wo er suchen muss. Der macht das hier nicht zum ersten Mal.«
    »Und von denen ist auch keiner mehr Christ, wenn das hier vorüber ist«, meinte der dritte Ritter, der sich Vaclavs Morden verweigerte. »Wenn sie heute um den Beistand der Dreifaltigkeit bitten und erleben, dass dies hier auch noch im Namen des neuen Gottes über sie hereinbricht, dann kehren sie ganz schnell zum Götzendienst zurück.«
    Die drei Dänen sahen zu, wie ihre Mitstreiter die Lebensmittelvorräte der Fischer plünderten und Ochsen auf Spieße schoben, um später ein Festmahl zu halten. Bis das Fleisch gar war, vertrieben sie sich die Zeit mit der Durchsuchung von Hütten und Ställen und mit den Frauen des Dorfes.
    Vaclav suchte ein rothaariges Mädchen aus, das Magnus an Amra erinnerte – Amra, wie sie bei ihrem ersten Zusammentreffen gewesen war. Dieses Kind war sicher kaum älter als dreizehn Jahre. Der Ritter zog das schreiende Mädchen von seiner Familie weg hinter eine Hecke.
    Magnus sah ein blondes, kaum älteres Mädchen, das sich wimmernd in die Arme eines braunhaarigen Mannes schmiegte. Ihr Bruder, ihr Verlobter? Er dachte an das Mädchen, über das Pribislav sich in Rujana hergemacht hatte, und an das Mädchen auf dem Sklavenmarkt. Dann gab er sich einen Ruck.
    »Ich werde jetzt etwas für meine unsterbliche Seele tun«, sagte er zu den beiden anderen Rittern, die sich von der Szene abgewandt hatten. »Denkt nichts Falsches von mir.«
    Damit schritt er auf die Gefangenen zu und stieß einen betrunkenen Ranen mit gespieltem Lachen beiseite, der eben auf das Mädchen zusteuerte.
    »Platz für den Verwandten des Königs!«, rief er ihm zu und bemühte sich um eine trunkene Stimme und ein ebenso schmieriges Lachen wie das Vaclavs zuvor.
    Magnus zog das blonde Mädchen an sich. Der junge Mann stürzte sich auf ihn, um es zu schützen, er schien bereit, es mit seinem Leben zu verteidigen.
    »Still, du Narr!«, zischte Magnus ihm zu, wurde aber nicht verstanden.
    Der Fischer konnte kein Dänisch, und irgendeine andere Sprache an ihm auszuprobieren als seine eigene, war sicher müßig. In Magnus wehrte sich auch alles dagegen, den Mann einfach niederzuschlagen. Vielleicht, wenn er … Die Sache würde ihm wahrscheinlich ewig anhängen, aber besser das, als noch mehr Blut an seinen Händen.
    »Willst du mitspielen?«, rief er laut – und zog mit dem einen Arm den Mann, mit dem anderen das Mädchen an sich heran. Im Gesicht des Mannes spiegelten sich Unverständnis und Ekel, als Magnus streichelnd über seine Schulter fuhr. »Hast nicht Unrecht, zu dritt macht’s mehr Spaß.«
    Magnus hatte sich nie so geschämt wie jetzt, da er seine beiden »Opfer« an den ranischen und dänischen Rittern vorbeizerrte.
    »Herr Magnus!«, höhnte einer seiner Landsleute. »Ich wusste gar nicht, dass Ihr ein Rebhuhn im Wappen führt.«
    Der Mann bewies damit fundierte, heraldische Kenntnisse, und Magnus errötete zutiefst. Humorvolle Landesherren pflegten weibischen Rittern gern zu gestatten, ein Rebhuhn im Wappen zu führen. Eine Peinlichkeit, die diesen Männern bis in die dritte Generation nachhing – sofern sie denn Interesse daran zeigten, Nachkommen zu zeugen.
    Der junge Fischer schleuderte Magnus todesmutig Schmähungen entgegen, aber der Ritter achtete nicht darauf. Er ließ das Paar erst los, als er sich tief genug im Wald und fern genug des Dorfes wähnte.
    »Lauft weg!«, flüsterte er und unterstrich seine Worte mit Gesten. »Verschwindet, so schnell und so weit wie möglich. Aber flüchtet euch nicht ins nächste Dorf. Dieser Sturm zieht morgen weiter.«
    Das junge Paar begriff nicht gleich, dann fiel das Mädchen jedoch schluchzend vor Magnus zu Boden und versuchte, seine Hände zu

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