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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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jetzt war er offensichtlich hungrig und durstig, er trank genüsslich. »Du hast … du hast selbst … du kannst melken, Amra?«
    Amra lächelte. »Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Herr Baruch hielt immer eine Kuh. Außerdem war ich im Kloster für die Tiere zuständig. Ich kann besser melken als beten oder Altartücher besticken, Magnus. Ich weine der Hofdame nicht nach, Liebster. Aber jetzt komm, es tagt endlich. Und heute ist Markttag, sie sollten die Burgtore bald öffnen.«
    Amra hatte Mühe, Magnus in Vaclavs Rüstung zu helfen, sie war ihm erheblich zu groß. Selbst wenn er nicht abgemagert gewesen wäre, hätte sie ihm nicht gepasst. Er war etwas kleiner und schmaler als der ranische Ritter. Schließlich führten die beiden die Pferde hinaus, und Magnus zog sich mühsam in den Sattel. Amra reichte ihm Vaclavs Mantel hinauf und fand ihrerseits eine Aufstiegshilfe, um in Sternvürbes Sattel zu kommen.
    Nun musste es aber auch schnell gehen, denn auf dem Burghof regten sich inzwischen die ersten Mägde. Amra konnte nur hoffen, dass sie Vaclav nicht entdeckten. Sie atmete auf, als sie sich schließlich dem Haupttor der Burg näherten, das tatsächlich eben geöffnet wurde. Vor der Burg warteten ein paar Bedienstete, die in der Siedlung wohnten, auf Einlass. Der Wächter, ein grobschlächtiger Knecht, kein Ritter, ließ sie mit ein paar Scherzworten durch.
    »Und Ihr, Herr Ritter?«, fragte er freundlich und ohne Arg. »Was führt Euch so früh aus der Burg, zumal in Begleitung einer Dame? Was liegt an, dass Ihr den Kampf versäumt, mit dem der Herr Niklot gerächt werden soll?«
    Das Prinzip eines Gottesurteils war den meisten Bewohnern von Mikelenburg noch nicht so geläufig. Aber dem Kampf fieberte auch das Volk bereits entgegen, Pribislav hatte freies Essen und Bier für alle angekündigt.
    »Ich begleite Frau Amra von Arkona ins Kloster nach Walsrode«, behauptete Magnus. »Ihr wisst schon, die Dame, die Herr Niklot ehelichen sollte. Sie ist von großem Schmerz erfüllt, der nun wieder auflodert, da der Gefallene endlich Gerechtigkeit erfahren soll. Und sie wünscht sich nichts mehr, als einen Zufluchtsort, um ihr Leben fürderhin Gott zu widmen.«
    »Ja?«, fragte der Wächter, jetzt doch ein wenig zweifelnd, und versuchte, neugierig einen Blick auf Amras Gesicht zu werfen. Sie trug ein dunkles Reisekleid und den Umhang der Äbtissin, ihr Haar verbarg sie unter einem züchtigen Gebände, darüber hatte sie einen Schleier geworfen. »Ist das nicht schade? Ein so hübsches junges Ding? Aber gut … Dann eine glückliche Reise, Herr …«
    »Gisbert von Hagen, Ritter des Herzogs Heinrich von Sachsen«, sagte Magnus schnell.
    »Herr Gisbert … und Frau Amra, es tut mir leid, dass Euer Aufenthalt hier mit einem so großen Leid geendet hat.«
    Der Mann verbeugte sich artig. Magnus warf ihm einen Kupferpfennig hin, den er in der Tasche von Vaclavs Mantel gefunden hatte. Dann sprengten sie hinaus.
    »Und jetzt weg von hier, so schnell und so weit wir können!«, rief Amra, als auch Wuff das Burgtor unbehelligt passiert hatte. »Ich will diesen Pribislav und vor allem Vaclav nie wiedersehen!«
    Magnus überlegte. »Lass uns zunächst nach Süden reiten«, antwortete er. »Da wird man uns vielleicht am wenigsten vermuten. Ich denke, sie werden annehmen, wir versuchen es in Dänemark. Später werden wir weitersehen …«
    Magnus fiel das Reiten schwer nach der langen Zeit der Untätigkeit, aber er bestand dennoch darauf, so schnell voranzukommen wie nur eben möglich. Amras kleine Stute musste immer wieder angaloppieren, um mitzuhalten, und oft genug lief Amra dabei Gefahr, herunterzufallen. Am Abend fühlte sich die junge Frau genauso zerschlagen und erschöpft wie ihr Geliebter. Außer ein paar Beeren, die am Weg wuchsen, hatten sie zudem nichts in den Magen bekommen. Aber nun folgte Magnus einem Bach, der vom Weg fortführte, um einen Platz für ein Nachtlager zu finden.
    »Es mag Forellen im Bach geben, vielleicht gelingt es uns ja, welche zu fangen«, sagte er.
    Der Bach mündete sehr bald in einen versteckt liegenden kleinen Weiher mitten im Wald, an dessen Ufer sich eine Lichtung auftat.
    »Hier können wir rasten.«
    Magnus ließ sich aufatmend vom Pferd gleiten. Mühsam befreite er sich, erneut mit Amras Hilfe, von Vaclavs Rüstung. Wenn sie irgendwann einen etwas größeren Ort erreichten, konnte er sie verkaufen und vielleicht auch seinen Streithengst gegen ein weniger auffälliges und

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