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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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zurück in die Küche gegangen und versteckte sich nun zwischen den Küchendienern und Mägden. Sie fürchtete, dass Vaclav sie unter irgendeinem Vorwand zu sich rufen ließ – wenn er etwas zu essen oder zu trinken orderte, bestand er stets darauf, es sich von Amra in seine Räume bringen zu lassen. Amra befürchtete, dass er eine solche Situation eines Tages ausnutzen und sich ihr unsittlich nähern würde, doch der Ritter verhielt sich tadellos. Er umwarb sie, unternahm jedoch keine Versuche, sie zu etwas zu zwingen.
    Nun half sie bei der Zubereitung eines großen Kessels Eintopf für die Geflüchteten – und erzählte dem Küchenpersonal dabei die Geschichte der Köhlerjungen. Wie erwartet erntete sie Interesse und Beifall für ihren Bericht von den listigen Burschen.
    »Ist der eine denn schlimm verletzt?«, fragte eine der Köchinnen.
    Sie war mitfühlend und auch ein wenig bewandert in Heilkunde. Wenn jemand im Haus krank war und sich nicht gleich an die Priester wenden wollte, die ohnehin nur Gebete kannten, rief er die alte Bozika.
    Amra hob die Schultern. »Ich weiß nicht. Aber der Wächter meinte, der andere habe ihn mehr getragen als gestützt, also kann es so gut nicht um ihn bestellt sein. Der Wächter hat dem Gesunden gesagt, er solle ihn zu den Priestern bringen.«
    Bozika gab einen unwilligen Laut von sich. »Hat er ihm auch ein paar Silberstücke gegeben, damit die ihn in ihre heiligen Hallen aufnehmen?«
    Die Priester betrieben ein behelfsmäßiges Hospital im äußeren Tempelbereich, aber sie halfen nicht umsonst.
    »Es wäre sicher besser, wenn du dich um ihn kümmern würdest«, meinte Amra, ohne der alten Frau damit schmeicheln zu wollen – sie traute Bozika erheblich mehr zu als der Priesterschaft.
    »Und was zwischen die Zähne müssten sie auch kriegen«, warf der oberste Koch ein, ein rundlicher Mann, der sich kaum vorstellen konnte, mal ein paar Stunden nichts zwischen die Zähne zu bekommen. »Die sind doch mit dem geflüchtet, was sie auf dem Leib trugen, bestimmt ohne Nahrung und Geld.«
    »Wären auch die ersten Köhler, die Nahrung und Geld im Überfluss hätten!« Darja, eine der Mägde, lachte. »Die armen Burschen! Wir sollten sie suchen und aufpäppeln.«
    Darja war unternehmungslustig und großherzig. Ihr Vorschlag überraschte niemanden.
    Der Koch wirkte nicht abgeneigt. »Wenn jemand gehen will, mach ich gern einen Korb mit Brot und Wurst fertig«, bot er freundlich an. »Wenngleich ich nicht glaube, dass die braven Fischersfrauen da draußen die Knaben hungern lassen.«
    »Aber Suppe für den Kranken haben die nicht«, meinte Bozika. »Ich dagegen hätt eine schöne Brühe. Und Verbände und Salbe könnt ich auch mitgeben.«
    Bozika selbst wollte allerdings nicht gehen. Es wurde langsam dunkel, und die Menschenmenge vor den Gebäuden dünkte nicht nur sie bedrohlich. Auch Amra hätte keine Lust gehabt, sich noch einmal auf den Weg zu machen. Bei Tag folgten ihr nur lüsterne Blicke der zur Untätigkeit verdammten Fischer und Handwerker, aber nachts mochte sich da so mancher Frechheiten herausnehmen. Zumal es an Selbstgebrautem und Bier nicht mangelte – die Frauen hatten ihre Nahrungs-, die Männer ihre Alkoholreserven mit in die Burg gebracht. Wacholder und Sanddornbrand schienen gegen die nächtliche Kälte und die Angst vor der Armee vor den Toren der Burg zu helfen.
    Nun betrat jedoch erst mal ein Bote aus den Gemächern Vaclavs die Küche. »Der Herr wünscht einen Krug Wein und etwas Brot und Schinken«, richtete er aus. »Amra möchte es ihm herauftragen … und sich selbst auch einen Becher mitbringen, sie hat sicher Durst nach dem langen Tag.« Der Bursche streifte Amra mit einem belustigten Blick. »Ach ja, und ihr sollt den Dorfältesten, die sich im Rittersaal versammelt haben, ein paar Fässer Bier bringen. Mit besten Empfehlungen des Herrn – da will der Herr Vaclav wohl an zwei Fronten gut Wetter machen …«
    Amra sprang auf. »Das tut mir leid für den Herrn Vaclav«, meinte sie scheinheilig, »aber seinen Wein muss er heute allein trinken. Ich hab mich gerade bereit erklärt, noch einen Gang für den Meister Branko …«, sie nickte dem Koch zu, »… und die Frau Bozika zu machen. Sag ihm einfach, ich … ich sei schon weg gewesen.«
    Branko und Bozika verstanden den Wink. Sie eilten sich, Amra den Korb mit Essen und Heilmitteln zu füllen.
    »Aber vielleicht mag er ja mit Darja vorlieb nehmen …«, fügte Amra rasch noch hinzu, als sie Enttäuschung

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