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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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in den Augen der Magd aufblitzen sah.
    Darjas unwillige Miene verzog sich sofort zu einem Strahlen. Die junge Frau sprang auf, um den Wein abzufüllen und nach dem besten Schinken zu suchen. Darja schwärmte für Vaclav, sie war mehr als bereit, alles zu tun, um ihn zu unterhalten. Sie lief schließlich hinauf und über die Wehrgänge in die Kemenaten der Fürstenfamilie.
    Amra trat mit ihrem Korb vor die Tür. Es war längst dämmrig, aber von nächtlicher Stille war die Burg noch weit entfernt. Stimmen, vereinzelter Gesang, Streitereien Betrunkener … Amra war unschlüssig, wohin sie ihre Schritte wenden sollte. Wo konnten die Köhlerburschen untergekommen sein? Sie glaubte nicht, dass die Burschen im Hospital der Priester zu finden waren. Köhler standen weit unten in der Rangordnung der Gesellschaft von Rujana, ein Köhlerkind hätte nie gewagt, auch nur das Wort an einen Svantevit-Priester zu richten, geschweige denn im Tempelbezirk um Obdach zu bitten. Also irgendwo sonst auf der Burg – aber bestimmt nicht in geschlossenen Räumen. Die besseren Quartiere waren gleich von den ersten Geflüchteten in Beschlag genommen worden, und so viel Anteil die Rujaner auch am Schicksal der Jungen nehmen mochten – sie hätten sicher nicht ihre trockenen und warmen Schlafplätze für sie geräumt. Außerdem hätte die Küche bestimmt davon gehört, wenn im Palasbereich oder in den Ställen ein schwer verletzter Mann aufgetaucht wäre. Man hätte Bozika längst zu ihm gerufen. Es musste also ein Quartier unter freiem Himmel sein – und wahrscheinlich eher am Wall, wo die Ärmsten ihre Unterstände aufgebaut hatten. Diese Plätze waren nicht begehrt – schließlich würde man dort zuerst von feindlichen Pfeilen getroffen oder niedergemacht, wenn der Feind durchbrach. Außerdem nutzten die Männer den Burgwall als Latrine, und auch die Frauen hatten sich dort Verschläge geschaffen, um in relativer Abgeschiedenheit ihre Notdurft zu verrichten. Es stank folglich bestialisch.
    Amra wandte sich in die Gegend, in die man die Nachzügler unter den Geflüchteten verwiesen hatte. Sie musste dazu am Tempelbezirk vorbei und hoffte, zumindest dort nicht mit zotigen Bemerkungen oder gar Übergriffen rechnen zu müssen. Und wenn sie sich nah am inneren Wall hielt …

Kapitel 4

    J etzt komm, jetzt sicher!«
    Magnus hatte schon nicht mehr damit gerechnet, dass Bohdan die Nacht irgendwann als dunkel genug empfinden würde, um endlich aufzubrechen. Doch nun machte der slawische Ritter Anstalten, ihm aufzuhelfen. Magnus bemerkte peinlich berührt, dass er die Hilfe brauchte. Er war steif nach dem langen Tag Liegen auf dem kalten Boden. Wobei die Burgbewohner und auch ihre Belagerer noch Glück hatten – es war kühl in diesen Frühlingstagen, aber trocken.
    Während Magnus seine Glieder lockerte, dachte er flüchtig daran, dass diese Trockenheit Arkona zum Verhängnis werden konnte. Die gesamte Anlage war aus Holz errichtet. Sie musste brennen wie Zunder. Er tastete nach seinem Feuerstein, während er sich von Bohdan zum Burgwall ziehen ließ. Es war sicherer, zunächst an den Latrinen entlangzulaufen, als sich auf direktem Weg durch die teils schlafende, teils noch zechende Menschenmenge zu tasten.
    »Wohin jetzt?«, erkundigte Bohdan sich leise, als sie über das unebene und obendrein stinkende Gelände am Fuße des inneren Walls liefen. »Wo Palas?«
    Magnus schüttelte den Kopf. »Bohdan, ich werde den Rittersaal nicht anzünden«, sagte er ernst. »Das können wir nicht tun, das ist nicht ritterlich.«
    »Ist was?«, wisperte Bohdan verwirrt.
    »Wir sind Ritter, keine Meuchelmörder!«, beharrte Magnus. »Wir legen anderswo Feuer.«
    »Dann in Ställe«, gab Bohdan nach. »Pferde tot, nix Ritterkampf.«
    Magnus blitzte ihn entsetzt an. Wie die meisten Ritter liebte er Pferde. »Bist du verrückt?«, fragte er scharf. »Außerdem sind die Ställe zurzeit voller Frauen und Kinder.«
    Bohdan hätte das auf dem Weg schon sehen müssen. Die Pferde grasten am Wall, ihre Ställe hatte man für die Geflüchteten hergerichtet.
    »Es sei denn …«, Magnus hatte plötzlich einen Einfall. »Die Tempelhengste. Die werden sie nicht rausgestellt haben, die dienen doch dem Gott. Das ist es, Bohdan, wir zünden den Tempel an! Die Statue von ihrem Götzen!«
    »Feuer Svantevit?« Bohdan sah seinen Mitstreiter an, als sei der nicht recht bei Trost. »Und wenn sich rächen Gott?«
    Magnus verdrehte die Augen. »Du bist Christ, Bohdan!«, sagte er

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