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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sie an seinen Lippen, wenn er Antworten gab.
    »So waren diese … Köhlerjungen tatsächlich Spione der Dänen?«, erkundigte sich Bozika. »Was für eine üble List! Aber sie haben den Frevel ja wohl mit dem Tode gebüßt, oder?«
    Amra schien bei dieser Bemerkung zusammenzufahren.
    Baruch schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, ist einer zurückgekommen«, meinte er. »Ich wurde hinzugezogen, nachdem er Bericht erstattet hatte.«
    »Es hätte aber noch schlimmer kommen können«, meinte der Koch. »Wenn sie den Palas angesteckt hätten … mit all den Leuten drin … So traf’s nur ein teures Dach und ein paar Ställe.«
    »Und eine Statue, wenn ich richtig informiert bin«, bemerkte Baruch und warf Amra fragende Blicke zu.
    Die junge Frau hatte sich sichtlich entspannt, als er von dem wohlbehalten heimgekommenen Attentäter gesprochen hatte. Ob da etwas gewesen war?
    »Der Gott ist ja wohl vorher weggeritten«, meinte Bozika, ohne sich größere Sorgen zu machen. »Der Torwächter an den Klippen hat’s gesehen, nicht, Amra? Hast du doch gehört? Oder hast du’s gar auch gesehen?«
    Amra sah sich plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Sie bereute, von dem Ausbruch des Torwächters erzählt zu haben und errötete.
    »Was hast du denn an den Klippen gemacht, Amra?«, erkundigte sich Baruch, freundlich, aber sichtlich alarmiert – und wurde gleich von Bozika über Amras Auftrag informiert, die Köhlerjungen zu finden und zu verpflegen.
    »Und die hast du an den Klippen gesucht?«
    Amra wand sich unter Baruchs forschendem Blick – und atmete auf, als sich die Küchentür öffnete und ein Wachmann eintrat.
    »Herr Vaclav wünscht den Kaufmann Baruch von Stralow noch einmal zu sprechen!«, meldete der Mann.
    Baruch erhob sich. »Ich komme«, sagte er ruhig. »Und du, Amra«, der Kaufmann suchte nach Worten, »sei … sei vorsichtig.«
    Amra hatte mit einem strengen Blick gerechnet, aber sie sah nur Zuneigung und Besorgnis in seinen Augen.
    Die Edlen von Arkona hatten ihre Plätze im Rat eingenommen, und Vaclav lehnte sich würdevoll auf Tetzlavs erhöhtem Thron zurück. Dem jungen Mann gefiel es, hier umgeben von seinen Rittern den Herrscher zu spielen – auch wenn es nur vorübergehend und er gänzlich ohne Macht war. Doch Tetzlav war bislang auch nicht viel mehr Einfluss beschieden gewesen, die Priesterschaft hatte das Zepter in der Hand gehalten. Jetzt würde sich das ändern. Eine neue Zeit würde anbrechen, und er, Vaclav, die Zeichen dafür setzen. Wobei er das Volk von Rujana auf seiner Seite wusste. Admir hatte sich bei ihm melden lassen, kurz nachdem Muris wutschnaubend gegangen war. Die Versammlung des Volkes des nördlichen Rujana hatte entschieden, die Kapitulationsbedingungen der Dänen anzunehmen. Fehlte nur noch die Zustimmung des Königs …
    Vaclav richtete sich stolz auf, als Baruch sich vor ihm verbeugte. Der Unterhändler war reich gekleidet, sein Brokatumhang und das lange Gewand aus feinstem Stoff waren einer Audienz beim König durchaus angemessen. Vaclav freute sich an dem Respekt, den man ihm zollte. Schade, dass Amra ihn hier nicht sehen konnte, auf dem Thron des Königs, die Geschicke der Insel lenkend.
    »Herr Baruch«, erklärte Vaclav mit tragender Stimme. »Wir haben das Kapitulationsangebot des Dänenkönigs erhalten, und die Versammlung des Volkes ist dafür, es anzunehmen. Die letzte Entscheidung darüber muss allerdings der König treffen. Wir bitten Euch folglich, Boten nach Karentia zu senden. Was uns angeht, so werden wir als Zeichen unseres guten Willens die geforderten Geiseln stellen.«
    Baruch nickte und atmete im Stillen auf. Er hatte eine solche Entscheidung erhofft. Wenn alles gut ging, würde Amra sehr bald in Sicherheit sein. Und frei. Man konnte sie nicht weiter für die Lästerung eines Gottes bestrafen, an den offiziell keiner mehr glaubte.
    Vaclav sah den Händler mit erleichterter Miene ziehen und schickte auch die Ritter hinaus, die der kurzen Audienz beigewohnt hatten. Er wies einen Diener an, Wein bringen zu lassen und verlangte dabei nach Amra – sie würde sich hoffentlich nicht wieder eine Ausrede einfallen lassen, um sich dem Dienst bei ihm zu entziehen. Am Vortag hatte ihn ihre angebliche Unauffindbarkeit ärgerlich gemacht, aber er wollte sie auch nicht zwingen. Schließlich gab es schon genug, was sie ihm vorwerfen konnte. Wenn sie ihn jemals lieben sollte, musste er Geduld mit ihr haben, Geduld gehörte jedoch nicht zu seinen

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