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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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wisperte sie Magnus zu. »Sag: Jaroslav, Herr.«
    »Jaroslav, Herr!« Magnus rief die Worte laut und entschlossen.
    Amra atmete auf. Er hatte auch damals mit den Heringen nicht gezögert.
    Vom Wachturm her erklang ein Lachen. »Na, dann will ich jetzt aber auch was sehen!«, neckte er das vermeintliche Liebespaar.
    Amra wusste, dass Darja sich hier mit ihren Liebhabern traf, die Küchenmagd ließ nichts anbrennen.
    »Küss mich!«, flüsterte sie Magnus zu und schmiegte sich trotz aller Angst fast glücklich in seine Umarmung.
    Doch noch bevor ihre Lippen sich trafen, hörten sie Hufschläge. Auf dem Burgwall erschien eine Schimmelstute, hell wiehernd vor Angst und vielleicht auch Faszination, gejagt von einem riesigen schwarzen Hengst, dessen lange Mähne im Wind flog und dessen brünstiges Wiehern klang wie ein Schrei.
    »Der Gott! Der Gott reitet in den Krieg!«
    Für den Torwächter mochte es aussehen, als trüge der Rappe einen Reiter. Und dann ertönte ein Schrei, ein langer, verzweifelter Todesschrei. Der Wächter reagierte darauf mit einem angsterfüllten Heulen. Für ihn musste es sich anhören wie ein von seinem Gott gefällter Feind.
    Amra wusste es besser. »Das kommt von der Klippe«, flüsterte sie bestürzt. »Dein … dein Freund …«
    Magnus konnte es nicht leugnen, der Schrei war aus der Richtung gekommen, an der Bohdan und er hatten absteigen wollen.
    Magnus klammerte sich an eine letzte Hoffnung. »Aber … aber … man hört keinen …«
    »Man hört keinen Aufprall, es ist zu tief«, beschied ihn Amra. Als Kind hatte sie oft genug Steine die Klippe hinuntergeworfen.
    Noch während sie sprach, hörte man weiteren Lärm, diesmal kamen die Stimmen, Schreie und warnender Hörnerklang jedoch aus Richtung Tempel.
    »Feuer! Feuer, der Tempel brennt!«
    »Ich denke, du kannst jetzt gehen.« Amra löste sich widerwillig aus Magnus’ Armen. Es war Zeit, sie wies ihm rasch den Weg zum sichersten Abstieg von der Klippe. »Sei vorsichtig. Und eil dich nicht zu sehr. Niemand wird dich entdecken.«
    Wenn jetzt jemand die Klippe inspizieren würde, dann in der Gegend, aus der Bohdans Schrei gekommen war. Aber wahrscheinlich würden auch die Wächter zum Tempel eilen, um das Feuer zu löschen.
    Magnus sah Amra an. »Ich hätte dich gern geküsst«, flüsterte er.
    Doch die junge Frau wandte sich bereits ab und rannte auf den Tempel zu wie alle anderen auf der Burg. Sie würde binnen kürzester Zeit mit der Menge verschmelzen.
    Magnus ließ sich vorsichtig über den Rand der Klippe gleiten. Er sah besser nicht hinunter, um keine Angst zu bekommen, aber er war guten Mutes: Der Gott, welcher auch immer, hatte sein Opfer bereits bekommen.

Kapitel 5

    S ie fordern uns zur Kapitulation auf?«
    Die Volksversammlung tagte erneut im Rittersaal des Königspalas, wobei die Stimmung der Volksvertreter zwischen Erschöpfung und Aufregung schwankte. Die Männer von Vitt und Puttgarden hatten die ganze Nacht mit Löscharbeiten zugebracht, und auch jetzt noch hing der schwere Geruch von Rauch und verbranntem Holz und Fleisch in der Luft. Menschen und Pferde waren zwar nicht zu Schaden gekommen, aber die Kadaver all der am Tag zuvor geopferten Tiere waren in den Flammen verkohlt. Der Wind wehte Gestank und Asche über die Burganlage, die draußen kampierenden Menschen konnten kaum atmen. Und sogar im abgeschlossenen Palas verpesteten Rauch und Aschepartikel die Luft.
    Die Männer hätten auch sicher lieber geschlafen, als über das weitere Vorgehen dieser Belagerung zu diskutieren, aber Admir, der Ortsvorsteher von Vitt, hatte einen Boten empfangen, der alarmierende Nachrichten brachte. Gesandt wurde er von Baruch von Stralow – der Kaufmann hatte gleich um die Mittagszeit nach dem Brand um Einlass in die Burg gebeten. Er kam als Unterhändler der Dänen, gefolgt von einigen Obodritenkriegern, die wohl seine Leibgarde bildeten und sicher auch den Verhandlungen lauschen sollten. Einen von ihnen hatte er gebeten, die Volksversammlung vom Angebot der Feinde in Kenntnis zu setzen, während er dem Protokoll entsprechend mit dem Oberbefehlshaber der Burg und der Priesterschaft verhandelte. Admir hatte daraufhin gleich die Versammlung einberufen, und der Obodrit wiederholte seinen Vortrag nun in monotonem Tonfall vor den Dorfvorstehern und Bürgern.
    »Waldemar, König von Dänemark, und Heinrich, Herzog von Sachsen und Bayern, bieten Volk und Priesterschaft von Arkona freies Geleit bei kampfloser Übergabe der Burg, sofern

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