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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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gegenüber, nachdem Baruch ihnen die Kapitulationsbedingungen vorgelegt und Vaclav ihn unter spröden Dankesworten entlassen hatte.
    »Ich sage, wir kämpfen!«, erklärte Muris. »Wir haben das Orakel befragt, der Gott ist erzürnt. Er wird an unserer Seite in die Schlacht reiten! Wir sollten sofort einen Ausfall machen – mit den Köpfen der Unterhändler auf unseren Lanzen.«
    »Das wird uns wenig nützen mit den übermüdeten Männern nach den Löscharbeiten heute Nacht«, gab Vaclav spitz zurück. »Euer Gott hätte die Sache abkürzen können, hätte er Regen geschickt. Oder den Attentäter gleich mit einem Blitz erschlagen …«
    »Vielleicht hat er das«, meinte Muris würdevoll. »Wisst Ihr, ob der Tempel von einer Fackel in Brand gesetzt wurde oder von einem Blitz?«
    Vaclav musste lachen. »Ihr meint, der Gott habe irrtümlich seinen eigenen Tempel abgebrannt, weil er sonst keine Möglichkeit sah, einen Attentäter abzuwehren? Gebt Euch keine Mühe. Man hätte den Leichnam des Mannes finden müssen, und den Blitz hätte man auch gesehen. Es hat ja sogar einer den Gott gesehen – fortreiten in Richtung Meer. Wer weiß, ob er rechtzeitig zurückkommt, um mit uns in die Schlacht zu reiten … Das gilt im Übrigen auch für unseren König.«
    »Ihr verhöhnt den Gott!«, entsetzte sich Muris.
    Vaclav ließ sich nicht einschüchtern. »Ich warte auf den Blitzschlag«, fügte er bissig hinzu. »Aber bleiben wir einmal ernst, Herr Muris. Der Gott wird uns nicht zu Hilfe kommen, damit rechnet Ihr nicht im Ernst. König Tetzlav jedoch sitzt mit einem Kontingent Ritter in Karentia, bereit, den Dänen in den Rücken zu fallen, wenn wir kämpfen. Also stellt Ihr nun Eure Tempelgarde unter meinen Befehl oder nicht?«
    Die Tempelgarde, bestehend aus dreihundert berittenen, gut ausgebildeten Kriegern, unterstand der Priesterschaft.
    »Ich würde die Männer heute Nacht noch ausruhen lassen, die Dänen solange in Sicherheit wiegen – Ihr meint das ja hoffentlich nicht ernst mit einer Opferung der Unterhändler. Dann im Morgengrauen können wir angreifen«, führte Vaclav weiter aus. »Bis dahin hätte auch ein Bote Karentia erreicht, wenn wir ihn gleich über die Klippen aus der Burg schicken. Wenn Tetzlav von hinten angreift, während wir sie vorn beschäftigen …«
    Muris biss sich auf die Lippen, ein Zeichen seiner Unentschlossenheit. Aber dann straffte sich der Priester und blitzte den jungen Mann wütend an.
    »Die Tempelgarde dient dem Schutz des Tempels, wie der Name schon sagt.«
    »Und ist der Tempel nicht bedroht?«, fragte Vaclav. »Ihr sagt, ich soll kämpfen, aber ich habe keine Männer, die ein Schwert führen können. Mit wem soll ich angreifen?«
    »Mit den Männern aus den Dörfern natürlich«, beschied ihn Muris. »Macht mit denen einen Ausfall. Und wenn das keinen Erfolg hat …«
    Vaclav griff sich an die Stirn. »Ein paar Bauern und Fischer gegen das dänische Heer? Selbst wenn sie gehen würden – und das werden sie nicht wollen. Ihre Volksversammlung tagt doch jetzt schon. Wahrscheinlich hat dieser Stralower Gauner sie hintenrum auch vom Angebot der Dänen in Kenntnis gesetzt. Ich wette, da will sich keiner mit seinem Fischmesser den Schwertern der Söldner entgegenstellen.«
    »Wir könnten sie zwingen«, sagte Muris ruhig.
    Vaclav sah ihn ungläubig an und füllte sich einen Becher mit Wein. »Verstehe ich das richtig?«, fragte er dann. »Ihr wollt die Tempelgarde einsetzen, um die Dorfleute den Dänen entgegenzutreiben?«
    »Im Namen des Gottes!«, erklärte der Priester. »Wir werden ihm das letzte Opfer bringen. Wir geben ihm unser Blut und unsere Herzen, das wird ihn stärken, den Feind abzuwehren, wenn er in die Burg eindringt und den Tempel bedroht.«
    Vaclav schüttelte den Kopf und goss seinen Wein in einem Zug hinunter.
    »Ihr seid verrückt, Priester«, meinte er dann und wandte sich an einen Wachmann, der unbeteiligt neben der Tür gestanden hatte. »Hol mir Baruch von Stralow, Mann. Ich werde ihm Bescheid geben.«
    Baruch hatte Amra in der Küche aufgesucht, nachdem er mit dem Burgherrn und dem Hohepriester gesprochen hatte – und er merkte sofort, dass etwas mit der jungen Frau nicht in Ordnung war.
    Amra wirkte wie im Fieber, aufgeregt, glühend, gleichermaßen besorgt und freudig erregt. Er hätte gern allein mit ihr gesprochen, aber der Koch und Bozika belegten ihn gleich mit Beschlag und wollten Dinge wissen, die offensichtlich auch Amra auf der Seele brannten. Alle hingen

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