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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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konntest du?« Er schien sich kaum beherrschen zu können, die junge Frau zu schütteln.
    Amra hob ihren Schleier nun vollständig und hatte endlich bessere Sicht auf ihre Umgebung. Die Ritter führten die Geiseln durch das Heerlager. Amra erkannte ordentlich angelegte Wege zwischen den Zelten, vor denen sie stolz ihre Helme aufgepflanzt hatten, um zu zeigen, welche bedeutende Persönlichkeit der hier Kampierende repräsentierte. Natürlich zog sie bewundernde Blicke auf sich, aber das war sie gewohnt.
    Baruch zog rüde Amras Schleier über ihr Haar. »Lass das! Führ dich nicht so schamlos auf! Die Kerle werden noch früh genug kommen, um euch Mädchen zu begaffen.«
    Außer Amra waren noch sieben weitere sehr junge Frauen unter den weiblichen Geiseln. Nur zwei waren älter, beide von Adel. Sie hatten sich freiwillig zur Verfügung gestellt, um den Frieden zu wahren.
    »Aber der König garantiert doch für unsere Sicherheit«, wandte Amra eingeschüchtert ein. »Ihr habt selbst übersetzt …«
    »Der König wird sich kaum mit seinem Schwert vor deinem Zelt aufbauen«, schnaubte Baruch. »Glaub mir, Kind, mein Volk kennt sich da aus! Seit Jahrhunderten garantieren Könige und Kirchenfürsten die Sicherheit ›ihrer Juden‹. Aber wenn es Ernst wird, haben sie das schnell vergessen. Also halt dich bedeckt … Um des Ewigen willen, Amra, wie konntest du dich nur auf eine solche Dummheit einlassen! Ein Tausch mit der Tochter eines Fischers! Wenn wir dich wenigstens als Adlige ausgeben könnten … Aber wer hätte denn gedacht, dass du als Geisel überhaupt infrage kämst? Du warst sicher, Amra. Und morgen wärst du frei gewesen. In spätestens zwei Tagen schleifen sie das Heiligtum des Götzen … Himmel, Amra, was machen wir jetzt nur?«
    Der Kaufmann rang die Hände. Amra verstand immer noch nicht, was er befürchtete. Die Geiseln hatten das Lager nun erreicht, das man rasch für sie errichtet hatte. Es lag hinter dem Heerlager der Obodriten – sicher eine freundliche Geste des Königs, der seine unfreiwilligen Gäste unter anderen Slawen glücklicher wähnte. Was die Männer anging, schien das auch zuzutreffen. Sie kamen gleich mit den Wachen ins Gespräch, es wurde gelacht, und der ein oder andere Schlauch Wein, Bier oder Stärkeres wanderte von einer Hand zur anderen.
    »Ich besorge jetzt erst einmal ein Zelt für dich und die anderen Frauen«, meinte Baruch. »Und so lange setzt du dich in eine Ecke und verhüllst dein Gesicht und deinen Körper so gut es geht. Verstanden?«
    Amra nickte eingeschüchtert, während Baruch sich eilig entfernte. Auch er hatte die Verbrüderung zwischen Geiseln und Obodritenkriegern bemerkt und zudem registriert, dass das Lager nicht inmitten der Zelte von Rittern lag, sondern von den Unterkünften einfacher Kämpfer umgeben war. Die kampierten um ihre Feuer herum am Boden oder schützten sich mit einer improvisierten Zeltplane vor Wetterunbilden. Zweifellos tranken sie sich jede Nacht warm – Amra und die anderen Frauen mussten geschützt werden. Vielleicht ließen sich ja Wachen organisieren.
    Baruch machte sich auf die Suche nach Magnus von Lund oder einem anderen, dem er trauen konnte. Den slawischen Rittern traute er nicht.

Kapitel 7

    S eid Euch sicher, Herr Pribislav, dass ich einen weiteren Auftritt dieser Art nicht dulden werde!«
    Waldemar von Dänemark hatte die slawischen Fürsten in sein Zelt gebeten – wobei sein Bote ihnen gerade mal ein Mindestmaß an Höflichkeit entgegengebracht hatte. Nun wanderte der König aufgebracht vor Pribislav und dessen Bruder Niklot hin und her und redete sich seinen Ärger von der Seele.
    »Wenn ich in aller Öffentlichkeit eine Bitte an Euch richte, so ziemt es sich nicht, dem einfach zuwiderzuhandeln!«
    Pribislav, ein großer Mann mit rundem Gesicht, fleischigen Lippen und platter Nase grinste ihn an. »Meine Kenntnisse des Dänischen sind unzureichend«, bemerkte er. »Aber ist es nicht das Wesen einer Bitte, dass man dazu auch Nein sagen kann?«
    »Nicht in diesem Fall!«, fuhr der König ihn an. »Herrgott, Herr Pribislav, stellt Euch nicht dumm! Es ging darum, ein paar Worte zu sagen, nicht um einen Einsatz in der Schlacht. Da fordert es die Höflichkeit, einen Befehl als Bitte zu formulieren!«
    »Ach so«, der Slawe verzog schelmisch das Gesicht. »Also ein Befehl … Aber seid Ihr denn überhaupt weisungsberechtigt? Wie ich es verstehe, bin ich hier als Vertreter des Herzogs Heinrich. Und der ist Euer gleichberechtigter

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