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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Waffenbruder!«
    Waldemars Augen schienen Funken zu sprühen. Die Obodriten raubten ihm langsam die Fassung. Dennoch bemühte er sich, ruhig zu bleiben.
    »Herzog Heinrich hätte Euer Verhalten auch nicht gutgeheißen!«
    Niklot, jünger, aber nicht minder kräftig als sein Bruder, zuckte die Schultern. »Da bin ich mir nicht so sicher«, behauptete er. »Herzog Heinrich sandte uns aus, um zu kämpfen, nicht um schöne Worte zu machen und dann feige den Schwanz einzuziehen.«
    Waldemars Hand fuhr an sein Schwert. »Zeiht mich nicht der Feigheit!«, stieß er hervor. »Es sei denn, Ihr wollt Euren König zum ritterlichen Zweikampf fordern.«
    Niklot und Pribislav lachten. Der König roch jetzt den Alkohol in ihrem Atem. Wahrscheinlich war es völlig sinnlos, überhaupt auf die Männer einzureden. Sie ließen es sonst wirklich noch auf einen Kampf ankommen, und dann würde er Herzog Heinrich erklären müssen, warum er seine Lehnsleute hatte köpfen lassen müssen. Schließlich war der König sakrosankt, niemand konnte ihm einfach so den Fehdehandschuh hinwerfen. Und ihn anzugreifen, bedeutete den Tod.
    Pribislav schien sich daran nun auch zu erinnern und wurde ein wenig diplomatischer. »Herzog Heinrich sandte uns aus, die Burg zu erobern«, fügte er den Worten seines Bruders hinzu. »Und unsere Männer haben sich uns angeschlossen, weil sie Beute wollten – und einen guten Kampf. Stattdessen tauschen wir Artigkeiten aus und heißen Geiseln willkommen. Das kann einem leicht als Feigheit ausgelegt werden, und glaubt mir, ich musste mir da von meinen Rittern schon einiges anhören. Da draußen sind Männer meines Stammes, König! Geborene Krieger! Die wollen Blut sehen, die wollen Frauen.«
    »Eure Männer sind Christen!«, fuhr ihm plötzlich ein hochgewachsener braunhaariger Mann im Bischofsornat ins Wort. Absalom von Roskilde hatte bislang still neben Waldemars erhöhtem Stuhl gesessen und scheinbar in der Bibel gelesen, während sein König und Jugendfreund den Slawen eine Strafpredigt hielt. Aber nun mischte er sich ein. »Und wir sind hier, um diesen Menschen die Frohe Botschaft zu bringen. Sie vom Joch des Heidentums zu befreien. Nicht, um sie niederzumetzeln.«
    »Nun, in der Beziehung hatten Eure Priester aber wenig Einwände, als man unserem Volk den neuen Glauben brachte«, höhnte Pribislav.
    Die Obodriten hatten sich den Eroberern unter Heinrich dem Löwen nicht kampflos ergeben, und die Folge waren Blutvergießen und Brandschatzung gewesen. Pribislav nahm das seinem Lehnsherrn auch keineswegs übel. Es gehörte zu den normalen Gepflogenheiten der Kriegführung, und er wäre eher verwundert gewesen, hätte Heinrich darauf verzichtet.
    Absalom hob bedauernd die Hände wie zu einer segnenden Geste. »Mitunter lässt es sich nicht vermeiden«, meinte er dann milde. »Wenn ein Volk die Wahrheit nicht sehen und den rechten Glauben nicht annehmen will, dann sendet der Herr schon einmal Feuer und Schwert. Aber auf Burg Arkona zeigen sich die Menschen ja einsichtig. Wir sollten der Dreifaltigkeit dafür danken. Ich werde morgen einen Gottesdienst zelebrieren, und ich erwarte, dass Ihr und Eure Leute anwesend seid!« Absaloms Stimme wurde schneidend. Der Bischof pflegte seine Befehle sehr deutlich auszudrücken.
    Pribislav zuckte die Schultern. »Daran soll’s nicht liegen«, meinte er gönnerhaft. »Aber bleiben wir doch bei der Sache. Was ist mit der Beute, Eure Heiligkeit?« Er verbeugte sich grinsend vor dem Bischof, der bei der unangemessenen Anrede das Gesicht verzog. »Unserem Lehnsherrn Heinrich von Sachsen und Bayern stehen die Hälfte des Tempelschatzes und die Hälfte der Geiseln zu.«
    »Die Geiseln werden freigesetzt, sobald sämtliche Kapitulationsbedingungen erfüllt sind«, sagte der König steif.
    Die Slawenfürsten lachten erneut. Sie hatten offensichtlich keinen Funken Respekt.
    »In zehn Jahren also? Wenn hier eine Christenkirche neben der anderen steht? Aber selbst dann wird sich noch der eine oder andere Heide auf Rujana finden. Macht uns nichts vor, König Waldemar: Die Leute kommen niemals frei. Ihr werdet sie als Sklaven verkaufen, sobald Ihr mit ihnen abgesegelt seid. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen, Ihr könnt sie kaum jahrelang durchfüttern. Aber unser Herr Heinrich hätte da gern seinen Anteil – ebenso vom Tempelschatz.«
    »Den haben wir nicht vor morgen«, beschied ihn der König, jetzt endgültig am Ende seiner Geduld. »Was mich angeht, so habe ich nun genug von Euch,

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