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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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kletterte brav von seinem Sitz am Sattelknauf auf die Hand der Falknerin. Wie ließ man es jetzt noch auf? Amra versuchte, sich an die richtigen Handbewegungen zu erinnern, dabei verlor sie das Rebhuhn und die Hunde aus dem Blick. Sie sah nicht, dass am anderen Ende der Lichtung gleichfalls Pferde aus dem Wald traten – und andere Hunde dasselbe oder ein anderes Rebhuhn aufscheuchten.
    Amra hob den Arm. »Flieg!«, sagte sie – und hörte im gleichen Moment Melisandes Ruf.
    »Nicht, Amra! Lass sie!«
    Snêgelle erhob sich majestätisch von ihrer Hand aus in den Himmel. Amra blickte verwirrt zu Melisande.
    »O nein …«
    Die Freundin schaute Snêgelle unglücklich nach. Ihre Gaia saß noch auf ihrer Hand, Melisande musste ihr blitzschnell erneut die Haube übergestreift haben.
    Und dann sah Amra auch, was ihre plötzliche Aufforderung zum Rückzug ausgelöst hatte. Auf der anderen Seite der Lichtung sprengte eben das Pferd der Herzogin auf die Heidefläche, begleitet von den Zeltern ihrer zwei besten Freundinnen und dem knochigen Braunen des Ersten Falkners. Über ihnen schwebte Mascot – Mathilde musste ihn im gleichen Moment aufgelassen haben wie Amra ihre Snêgelle. Aber der weiße Gerfalke war sehr viel größer und schneller als der kleine Lannerfalke. Bevor Mascot noch zum Sturzflug ansetzen konnte, hatte Snêgelle das Wild bereits gesehen und fixiert und stürzte wie ein Geschoss auf das Rebhuhn herunter. Sie schlug es mit einem einzigen Schnabelhieb, erhob sich mit ihrer Beute erneut in die Lüfte und suchte schon das Pferd ihrer Falknerin.
    Amra wäre unbändig stolz auf sie gewesen – doch jetzt wurde ihr schlagartig klar, warum Melisande ihren Falken zurückgehalten hatte. Der Herzogin gebührte der Vortritt bei der Jagd. Mascot hätte das Rebhuhn schlagen sollen.
    Beide Vögel kreisten nun über der Lichtung.
    »Das Federspiel!«, rief Melisande der erschrockenen Amra zu. »Ruf sie zurück, bevor sie womöglich noch Mascot schlägt!«
    Amra begann, ihr Federspiel ungeschickt kreisen zu lassen. Zum Glück war Snêgelle exzellent abgerichtet. Sie kehrte sofort auf Amras Handschuh zurück, ließ sich die Beute abnehmen und nahm dankbar die Belohnung aus Amras Hand.
    Die Herzogin rief ihren Falken jetzt auch zurück – und Amra befürchtete einen Herzschlag lang, er würde womöglich Melisande anfliegen, statt Mathilde. Der Falkner schwang zum Glück ebenfalls geschickt das Federspiel, Mascot kannte ihn. Alle atmeten auf, als das Tier sich auf Mathildes Handschuh niederließ, die Jagdbeute hing jedoch an Amras Sattelknauf. Amra wäre am liebsten geflohen, als Mathilde ihr Pferd auf sie zulenkte.
    Sie senkte den Kopf vor der jungen Herzogin. »Verzeiht, Herzogin, ich … ich habe nicht gesehen … ich wollte nicht …«
    »Ein in der Tat ganz außergewöhnlich schöner Falke«, bemerkte Mathilde. »Schnell, listig … und so unschuldig weiß.«
    »Ich hatte wirklich nicht die Absicht, Euch … Euch in die Quere zu kommen, ich …« Amra wusste nicht, was sie noch zu ihrer Entschuldigung anbringen sollte.
    »So tut es auch nicht«, sagte Mathilde kalt, und die Warnung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Kommt mir nicht in die Quere, Frau Amra. Mein Falke mag klein sein, aber seine Krallen sind scharf.«
    Damit wendete sie ihr Pferd um und setzte es in Galopp. Die anderen Mädchen folgten ihr – ausnahmsweise nicht ausgelassen kichernd, sondern eher bedrückt. Der Falkner machte eine entschuldigende Geste in Richtung Melisandes. Zweifellos war er es, der Mathilde hergeführt hatte. Dass Melisande ihm zuvorkommen würde, konnte er nicht ahnen.
    Amra ließ Melisandes aufgeregte Kommentierung des Zwischenfalls wortlos an sich abprallen. Sie überlegte kurz, ob es nützen würde, der Herzogin das Falkenweibchen zu schenken, aber das würde Herrn Heinrich brüskieren. Und die Chance auf Mathildes Freundschaft war sowieso verwirkt. Im Gegenteil – wie es aussah, hatte sie in ihr schon jetzt eine gefährliche Feindin …

Kapitel 7

    S eit dem Tag der Falkenjagd war es aus mit Amras Ruhe am Hof des Herzogs. Nicht nur, dass ihr am Abend der Jagd ein weiteres Geschenk Heinrichs überreicht wurde – der kleine Page erschien mit einer Fibel in Form eines Falkenkopfes und erklärte, sein Herr gratuliere zu der erfolgreichen Jagd und hoffe, Frau Amra bald einmal begleiten zu können, wenn sie ihren Falken aufließ –, von jetzt an ließ auch Mathilde sie nicht mehr aus den Augen.
    »Du bist morgen früh zum

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