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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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heute Morgen. Jetzt löse wenigstens schnell noch dein Haar, es ist dein Vorrecht als Jungfrau, es offen zu tragen. Zeig, was du hast, Mädchen! Nutz deine Möglichkeiten!«
    Amra erschien also mit offenem Haar, nur einen leichten dunkelgrünen Schleier über die rote Pracht gelegt, dessen Farbe sie umso intensiver leuchten ließ. Ein breiter Haarreif hielt die Locken zurück und ließ den Haaransatz sehen, aber sie hielt die Augen gesenkt, als sie sich schüchtern in die Jagdgesellschaft einreihte.
    Der Herzog hatte eben seiner Gemahlin aufs Pferd geholfen, stieg nun selbst auf seinen Hengst und lächelte Amra ganz offen an, als er ihrer ansichtig wurde.
    »Frau Amra, Zierde meines Hofes! Kommt, versteckt Euch nicht hinter Euren Freundinnen, reitet mit mir und meiner Gattin! Und da haben wir ja auch Euren prächtigen Vogel!«
    »Ich wundere mich ein wenig, mein Gemahl«, meinte Mathilde, »warum Ihr meine Hofdamen so reich beschenkt. Oder doch zumindest eine. Können demnächst wohl alle mit solchen Zuwendungen rechnen?« Sie sah Amra eisig an.
    Herzog Heinrich lachte. »Da ist doch wohl nicht jemand eifersüchtig?«, neckte er seine kleine Gemahlin. »Nun, wer von den Mädchen hat sich beschwert? Ihr habt doch alle bereits herrliche Falken.«
    »Vielleicht hätte ich aber lieber einen weißen«, sagte Mathilde.
    Heinrich verbeugte sich im Sattel geziert vor ihr. »Euer Wunsch soll mir Befehl sein, und nun lasst uns reiten.« Dann wandte er sich Amra zu. »Kommt, Frau Amra, reitet neben uns. Habt Ihr Euch denn schon eingewöhnt am Hof meiner Gattin? Bereitet Euch die Sprache keine Schwierigkeiten? Gefällt Euch das Leben an einem so offenen Hof? Auf der Burg Arkona ging es doch wohl eher traditionell zu.«
    Amra wand sich vor Verlegenheit, konnte sich jedoch nicht davor drücken, Herzog Heinrichs Fragen zu beantworten. Und als Mathilde anhaltend schwieg, entspannte sie sich langsam und fand sich freudig in seine höfliche Konversation. Herzog Heinrich machte ihr Komplimente, neckte sie … Wäre Mathilde nicht gewesen, hätte Amra den Ausflug mit ihm genießen können. Er trat ihr in keiner Weise zu nahe – aber er bevorzugte sie doch unter den anderen Mädchen. Sie hörte Mathildes Freundinnen jetzt schon hinter sich tuscheln.
    Im Wald ließen die Jäger schließlich ihre Falken auf, wobei Amra dieses Mal peinlich darauf achtete, Mathildes Mascot das erste Rebhuhn schlagen zu lassen. Leider zur Unzufriedenheit des Herzogs.
    »Nanu, Frau Amra … habt Ihr es nicht geschafft, Euer Falkenweib schnell genug in die Luft zu bringen? Der Falkner verriet mir schon, es fehle Euch ein wenig an Übung …«
    Amra biss sich auf die Lippen. Das offenbarte eigentlich die Lüge, die sie für Heinrich erdichtet hatte. Der Herzog schien den Widerspruch nicht zu bemerken – Mariana musste Recht haben, er war blind in sie verliebt.
    »Darf ich?«
    Amra erschrak, als er sein Pferd nah an ihres heranlenkte. Seine Schenkel streiften ihre Beine, seine Hand ihre Schulter, als er die behandschuhte Rechte nach dem Vogel ausstreckte. Amra befreite Snêgelle rasch von ihrer Haube, und der Herzog übernahm das Tier geschickt auf seinen Handschuh. Einer der Setter entdeckte in genau diesem Moment ein Rebhuhn und zeigte es in der charakteristischen Haltung des Vorstehhundes an, woraufhin der Herzog das Falkenweib rasch in die Luft warf. Snêgelle stieg sofort hoch hinauf – und stürzte sich in steilem Flug hinab, als der Hund auf ein Wort des Herzogs das Rebhuhn aufscheuchte.
    Die gesamte Jagdgesellschaft verfolgte fasziniert, wie pfeilschnell und genau der weiße Falke das Wild schlug. Heinrich rief das Tier daraufhin zurück – aber Snêgelle landete auf Amras Handschuh.
    »Oh! Da haben sich zwei gesucht und gefunden!« Der Herzog lachte, weit davon entfernt, beleidigt zu sein. »Da müsste ich ja glatt eifersüchtig sein, wenn’s kein Weibchen wäre … Erzählt man sich nicht Geschichten um einen jungen Ritter, der sich in einen Falken verwandelt, um seiner Dame nahe zu sein?«
    Amra errötete. Sie nahm Snêgelle ihre Jagdbeute ab und kröpfte das Falkenweibchen. Dann reichte sie Heinrich das Rebhuhn. Sie war froh, es loszuwerden, das tote Tier lag noch warm und schlaff in ihrer Hand, es ließ sie erschauern.
    »Hier … die … die Beute steht wohl Euch zu«, murmelte sie.
    Mathilde sah Amra strafend an. In ihren schönen Augen loderte die Wut. »Tut nicht so großzügig«, fuhr sie die junge Frau an. »Dem Herzog gebührt hier wohl

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