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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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nicht vollkommen, wenn sich Euer Lachen nicht daruntermischt.«
    Amra wunderte sich über die poetischen Worte, aber andererseits hatte auch schon Mariana erwähnt, dass in der fülligen, unscheinbaren Joana wohl eine Dichterin steckte.
    Mathilde öffnete die Augen und blinzelte ins Licht. »Ich sehe keine Sonne«, bemerkte sie unwillig. »Und Vögel hör ich auch keine. Nur eine fette Kuh, die mich anmuht.«
    Amra war erschrocken, doch Joana, mochte sie auch verletzt sein, ließ sich nichts anmerken.
    »Auch die Kühe sind bereits wach«, sagte sie munter. »Schließlich wollen sie Euch die frischeste Milch für Euren Brei geben. Süßer Honig steht bereit, süßer Wein …«
    Mathilde verdrehte die Augen, dann richtete sie sich auf – und sah Amra, die eine Schüssel mit warmem Wasser und ein Tuch für ihre Morgentoilette bereithielt. Mathildes Augen blitzten kurz auf. Ihr schien wieder einzufallen, was sie mit Amra vorhatte.
    »So reibt mir das Gesicht ab, Frau Amra«, verlangte sie und schloss fest die Augen, was sie wieder kindlich wirken ließ.
    Amra fiel es nicht schwer, den Lappen behutsam über ihr hübsches Gesicht zu führen, Mathilde schrie jedoch sofort auf, als sie es berührte.
    »Nicht! Das ist zu heiß! Wollt Ihr mich verbrühen? Kühlt das ab, sofort!«
    Das Wasser war gerade mal lauwarm gewesen, aber Amra nahm sich ein Beispiel an Joana und brachte kein Wort zu ihrer Entschuldigung vor. Stattdessen ging sie hinaus, füllte kaltes Wasser hinzu – und wurde gleich darauf gerügt, weil die Herzogin jetzt angeblich vor Kälte erstarrte.
    Amra wunderte sich nicht, als Mathilde dann den Brei zu süß und den Wein zu sauer fand. Als sie ihren Becher mit dem Getränk umwarf, verlangte sie dafür von Amra eine Entschuldigung. Die Kleidung, die Joana für sie herauslegte, lehnte sie ab.
    »Ich treffe an diesem Morgen meinen Gatten!«, erklärte sie mit schneidender Stimme und einem stolzen Seitenblick auf Amra. »Er begleitet mich zur Falkenjagd.«
    Amra hoffte, dass der Herzog auf ihre Anwesenheit dabei verzichten würde.
    »Also wählt ein angemessenes Gewand.«
    Das war schwierig, so viele Reitkleider hatte Mathilde nicht, und es war auch gar nicht Sitte, sich zur Jagd zu prächtig zu kleiden. Trotzdem fand Joana schließlich etwas Passendes, und Amra half dem Mädchen in ein Hemd aus Seide und ein dunkelrotes Unterkleid, zu dem die nachtblaue Tunika passte. Dann warf Mathilde ihr vor, die Bänder zu fest anzuziehen oder den Gürtel zu lose. Über ihre Versuche, ihr Haar zu bürsten, geriet sie völlig außer sich.
    »Das ziept! Ihr tut mir weh! Wie hat Eure frühere Herrin Euch nur ertragen? Melisande! Weckt mir Melisande. Sie soll mich herrichten.«
    Amra floh aufatmend, musste dann jedoch feststellen, dass Melisande den freien Morgen schon genutzt hatte, um zu ihrem Pferd und ihrem Falken zu gehen. Zum Glück erhob sich Frau Aveline, die den Tumult mitbekommen hatte.
    »Bleib einfach hier, Amra, ich werde der Hoheit schon den Kopf zurechtsetzen«, meinte sie seufzend. Vor Aveline hatten Mathilde und ihre Freundinnen Respekt, sie war wohl schon am englischen Hofe eine Art Erzieherin der Prinzessin gewesen.
    Amra hatte nur noch den Wunsch, sich in ihr Bett zu verkriechen und den Kopf unter die Decke zu stecken. Daraus wurde allerdings nichts. Melisande kam zurück und erzählte von der Jagd, für die der gesamte Hof sich bereithalten sollte.
    »Außer uns haben es wohl auch schon alle gewusst«, seufzte Melisande. »Der Herzog selbst nimmt teil, auf Wunsch seiner Gattin. Pass bloß auf, dass du Snêgelle zurückhältst, wenn sie ihren Falken fliegen lässt.«
    »Aber der Herzog wird doch gerade sehen wollen, wie sie fliegt«, wandte Amra unglücklich ein.
    Melisande zuckte die Schultern. »Dann muss er das sagen«, meinte sie. »Vorerst halt dich einfach zurück!«
    Von Mariana, der sie das Herz ausgeschüttet hatte, erhielt Amra gleich darauf einen genau entgegengesetzten Rat.
    »Du solltest die Fibel anlegen«, meinte die alte Edelfrau. Amra hatte ihr das neueste Geschenk des Herzogs gezeigt. »Und du solltest deine schönsten Kleider tragen. Der Herzog wird mitreiten, du musst ihm einen schönen Anblick bieten.«
    »Und die Herzogin vollständig verärgern?«, fragte Amra ungläubig. »Sie hegt doch jetzt schon einen Hass gegen mich.«
    »Eben«, meine Mariana. »Du musst dir Rückhalt beim Herzog verschaffen. Wenn er dich vor allen anderen hofiert, wagt sie nicht mehr, dich so zu behandeln wie

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