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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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noch sehr jungen Mädchen zu ertragen. Wenn die Frauen zugegen waren, konnte Magnus weder essen noch trinken, er sah nur noch Amra, die ernst und meist allein an einem wenig wichtigen Tisch saß, bildschön in ihren feinen Kleidern und doch im Stillen unglücklich. Ihr Blick suchte Magnus, wenn sie hereinkam, aber dann sah sie den ganzen Abend entschlossen in eine andere Richtung, und Magnus verhielt sich wie ein tumber Tor, wenn ihn ein Ritter ansprach und nach seiner Meinung zu einem Pferd, einem Harnischfeger oder gar zu einer der Hofdamen fragte. Es war nicht auszuhalten, und so ergriff Magnus denn auch die erste Gelegenheit, vom Hof des Herzogs zu fliehen, als Heinrich eine Eskorte für Bischof Berno von Schwerin zusammenstellte.
    Auch Berno war inzwischen aus Rujana zurückgekehrt – er berichtete, König Waldemar habe die anderen ranischen Festungen ohne Blutvergießen eingenommen, und Fürst Tetzlav komme seinen Verpflichtungen bereitwillig nach. Allerdings bestätigte er auch und in weitaus klareren Worten als Magnus, dass Waldemar nicht daran denke, den Vertrag mit Heinrich einzuhalten. Weder solle die sächsische Kirche Anteil an den Ländereien bekommen, die vormals der ranischen Priesterschaft gehört hatten, noch würden weitere Teile des Schatzes oder Erlöse aus dem Verkauf der Geiseln an Heinrich gesandt werden.
    Bischof Berno war darüber genauso empört wie sein Landesherr, hatte er doch darauf gehofft, die Besitztümer der Ranen auf dem Festland seinem Bistum einverleiben zu dürfen. Bischof und Herzog berieten sich lange – und schließlich machte sich der Bischof in mehr oder weniger geheimer Mission auf zur Mikelenburg, der Residenz der Slawenfürsten Pribislav und Niklot. Er würde seine Amtsbrüder in den Ländereien der Obodriten besuchen und sich vom Fortgang der Christianisierung in Pribislavs Herrschaftsbereich überzeugen. Und natürlich würde er auch mit den Fürsten sprechen.
    Magnus nahm an, dass König Waldemars Verrat bei diesen Audienzen eine große Rolle spielen würde. Es war gut möglich, dass Heinrich seine slawischen Lehnsleute erneut zu den Waffen rief und dass sie den Ruf begeistert aufnahmen. Auch Pribislav grollte König Waldemar, er hätte zu gern Rache für die erlittenen Demütigungen genommen.
    Magnus hätte mit all dem am liebsten nichts zu tun gehabt, aber er hoffte, dass der Ritt nach Mikelenburg ihn ablenkte. Vielleicht würde er dann nicht mehr jeden Augenblick des Tages an Amra denken, und vielleicht konnte ja auch sie ihm verzeihen, wenn sie ein bisschen Abstand voneinander hielten. Soweit er wusste, hatte Heinrich bislang nicht die Hand auf seine Geisel gelegt – möglicherweise ging Baruchs Plan auf, die Herzogin fand Gefallen an Amra, und die junge Frau etablierte sich als Hofdame und Kammerfrau. Dann würde sie Magnus am Ende vielleicht dankbar sein – und an die Rettung vor dem Sklavenmarkt denken, statt daran, mit welchen Absichten man sie an Heinrichs Hof gesandt hatte.
    Magnus ließ sich also Bernos Eskorte zuteilen und vergaß über die Anstrengungen der Reise wirklich mitunter, sich wegen Amra zu grämen. Es gab kaum größere Ansiedlungen zwischen Sachsen und dem Land der Obodriten. Die Wege durch die endlosen, dichten Waldgebiete waren schlecht instand gehalten, teilweise zugewuchert oder schlammig. Das Wetter spielte auch nicht mit – auf das ungewöhnlich warme Frühjahr, das die Eroberung Rujanas erleichtert hatte, folgte ein nasskalter Sommer. Die Pferde der Ritter und des Bischofs versanken oft bis zu den Sprunggelenken im Schlamm, die Zelte waren nach der dritten Nacht durchfeuchtet und trockneten während der ganzen Reise nicht mehr. Die Ritter und ihre Pferde tasteten sich mit gesenkten Köpfen durch den Regen – und nicht einmal der Bischof rügte die Männer für ihre Flüche, wenn der Weg dann doch wieder plötzlich endete und zur Umkehr zwang, sofern man nicht riskieren wollte, sich im Unterholz der dichten Buchenwälder zu verirren.
    Und auch als sie die Mikelenburg dann endlich erreichten, besserte sich die Stimmung nicht. Wie Arkona war diese Slawenfestung aus Holz erbaut, von Erdwällen umgeben und nicht für die Unterbringung vieler Gäste eingerichtet. Pribislavs Rittersaal war feucht und zugig, die Ritter konnten sich allenfalls warm trinken. Dafür immerhin war gesorgt, Bier und Wein flossen in Strömen, aber der Wein, den Magnus bevorzugte, war sauer und von schlechter Qualität.
    Dennoch betrank sich Magnus ganz gegen

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