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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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jede Beute.«
    Heinrich der Löwe lächelte. »Wohl gesprochen«, bemerkte er. »Welche Freude bereitet uns doch die Jagd …«
    Am nächsten Tag traf für Mathilde ein Falke ein, noch kostbarer als Amras, da er ganz schneeweiß war. Allerdings viel zu groß und zu jung für das zierliche Mädchen, wenn auch ein Terzel. Horus war auch noch kaum gezähmt und ungestüm. Er pickte Mathilde in die Finger, als sie ihn kröpfte. Das Mädchen konnte seinen Ärger darüber kaum bezähmen, bedankte sich aber trotzdem mit schönen Worten bei seinem Gatten.
    Heinrich musterte den Vogel strafend.
    »Er braucht sicher noch die Hand eines erfahrenen Falkners«, meinte er. »Erlaubt mir, Herrin, dass ich ihn für Euch ausbilde. Vielleicht hilft auch das Vorbild eines gut ausgebildeten Vogels. Ich werde Frau Amra bitten, künftig gelegentlich gemeinsam mit mir zu jagen.«
    Amra erfuhr erst durch Melisande davon, die junge Frau war zufällig Zeugin der Szene geworden. Aber dass Amra diese Partie gewonnen hatte, wusste sie schon durch Herzog Heinrichs letztes Geschenk: einen prächtigen Gürtel mit goldener Schnalle.
    »Der Herr wird deutlicher«, meinte Mariana zufrieden. »Zweifellos träumt er davon, diesen Gürtel einmal selbst zu öffnen.«
    Amra bereitete die Vorstellung Albträume. Der Herzog war freundlich und machte ihr inzwischen weit weniger Angst als damals König Tetzlav. Hätte sie ihn nicht ständig mit Magnus verglichen, hätte sie vielleicht sogar Zuneigung zu ihm entwickeln können. Aber es hatte Magnus gegeben – wo immer er jetzt auch stecken mochte –, und es gab Mathilde. Für Herzog Heinrich vielleicht nur ein Kind, doch Amra machte sich da nichts vor. Eleonore von Aquitanien hatte ihre Tochter nicht dazu erzogen, an ihrem eigenen Hof nur die zweite Dame zu sein.

Kapitel 8

    M agnus von Lund weilte tatsächlich nicht mehr am Hof des Herzogs. Er hatte es einfach nicht ausgehalten, Amra jeden Tag zu sehen – und zu wissen, dass sie ihn nicht mehr liebte oder zumindest nicht mehr lieben wollte. Die Tage des Turniers waren eine einzige Qual gewesen. Magnus hatte Amras Anwesenheit am Rand des Turnierplatzes natürlich bemerkt, und schwankte zwischen dem Stolz, seiner Dame endlich zu zeigen, was er unter ihrem Zeichen leistete, und der Furcht, sie könnte ihm untersagen, es weiterhin zu führen. Mitunter war es ihn hart angekommen, sich auf seine Gegner zu konzentrieren, da sein Blick ständig Amra suchte, um den Ausdruck ihres Gesichts zu deuten. Schaute sie wohlwollend, stolz, würde sie vielleicht sogar ein lobendes Wort für ihn finden, wenn er gewänne? Oder missbilligte sie sein Auftreten unter ihrem Zeichen? Missbilligte sie vielleicht überhaupt jeden Turnierkampf? Hasste sie ihn, weil er sich bei Ritterspielen auszeichnete, statt mit ihr zu fliehen und sich ein neues Leben aufzubauen, wie auch immer dieses aussehen würde? Bei Nacht wälzte Magnus sich auf seinem Lager und versuchte, Amra im Geiste zu erklären, was diese Kämpfe für ihn als Ritter bedeuteten und warum es keine Alternativen zu dem Leben gab, das sie jetzt führten. Und tagsüber dachte er fieberhaft über eine Lösung nach, erging sich sogar in wüsten Fantasien wie dem Anschluss an eine Raubritterbande. Er träumte von Amra in seinen Armen und erwachte mit dem immer gleichen Alb auf der Brust: Sie hatte ihn verlassen, er hatte sie verraten, es gab keine Zukunft.
    Am letzten Turniertag hatte Amra dann auch noch zusehen müssen, wie er dieses Mädchen küsste, dessen Anerkennung die Herzogin ihm als »Preis« zuerkannte. Ob sie als Slawin diese Sitte kannte? Oder ob sie glaubte, es entspräche seinem Wunsch und sei folglich ein neuer Verrat?
    Schließlich klammerte Magnus sich daran, dass Amra ihn nicht wegen ihres Zeichens zur Rede gestellt hatte, und hoffte in den Tagen nach der Hochzeit jeden Tag darauf, sie zu sehen oder sie gerade nicht zu sehen, um die Wunde nicht immer wieder aufzureißen.
    Denn natürlich ließen sich ihre Treffen nicht umgehen – es war zu erwarten gewesen, dass Herzogin Mathilde einen offenen Hof führen würde. Die Frauen kamen zu den Trainingsplätzen der Ritter, um ihnen zuzusehen. Sie luden die Ritter in die Gärten, man ritt gemeinsam zur Jagd oder lauschte den Spielleuten im Rittersaal. Letzteres zum Glück nicht in jeder Nacht – Herzog Heinrich bevorzugte, im Stillen, allein mit seinen Rittern zu tafeln, statt ständig Konversation zu machen und das Gelächter und Gekicher der zum größten Teil ja

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