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Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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führt.«
    »Ich weiß nicht, Maja …«
    »Hast du das Gefühl, dass wir hier weiterkommen?«, fragte Maja und zeigte auf die Karte.
    Katrine drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. »Können wir noch den Kaffee trinken, den du versprochen hast, ehe wir sie aus den Federn holen?«
     
    Die Sonne riss sich von den Dächern der Stadt los und tauchte alles in ein rötliches Licht. Die Luft stand still. Die lauernde Wärme zehrte bereits an den Kräften der Frühaufsteher unter den Verkehrsteilnehmern. Der Radiosprecher der Frühnachrichten kündigte den heißesten Tag des Jahres an. Maja fuhr die Hauptstraße entlang. Die Stille zwischen ihr und Katrine zeugte vom Ernst ihrer Mission. Es war ihre letzte Initiative auf der Suche nach Timmie. Ein verzweifeltes letztes Stochern im Nebel. Aber etwas anderes blieb ihnen nicht übrig. Maja wusste nicht, was sie den Eltern sagen sollte. Sie hoffte, das würde sich von selbst ergeben, wenn sie sich gegenüberstanden. Dass Timmies Eltern irgendetwas äußern würden, das mit Sørens Aussagen in Einklang zu bringen war - das ihnen den Weg zum Felsen der Verlassenen in der Lagune der Meerjungfrauen wies. Wo auch immer der sein mochte.
    Keiner von ihnen bemerkte den schwarzen Mondeo, der ihnen im Schutz des Morgenverkehrs, ein paar Wagenlängen hinter ihnen, folgte.
     

51
    Maja fuhr den einsamen Kiesweg entlang. Der schwere Mercedes wirbelte viel Staub auf und zog ihn wie eine Fahne hinter sich her. Früher hatte sich hier eine Schrebergartenkolonie befunden. Inzwischen waren die provisorischen Hütten und Häuschen zu festen Behausungen geworden, die mehr oder minder das ganze Jahr hindurch bewohnbar waren. Es war ein Viertel, das von allen ignoriert wurde, die nicht selbst hier wohnten. Ein Viertel, das niemand besuchte, der nicht dazu gezwungen war.
    »Da vorne«, sagte Katrine und zeigte auf ein rostiges Gartentor.
    Maja parkte den Mercedes hinter einem ausgebleichten roten Volvo 244 mit vier platten Reifen. Sie öffnete die Tür und stieg aus. Hinter ihnen legte sich der Staub, und der Weg kam langsam zum Vorschein. Katrine blickte sich um. »Was für eine abgefuckte Gegend, man wundert sich immer wieder. Warst du schon mal hier?«
    »Ein einziges Mal, als ich einen Hausbesuch gemacht habe.«
    Maja schob das Tor auf und betrat den Vorgarten. Auf dem Weg, der zu einem gelben Holzhaus führte, lag ein umgekipptes Dreirad. Ein Stück weiter eine kopflose Puppe. Maja blickte an der Fassade empor. Vor den Fenstern befanden sich dicke, blaue Veloursvorhänge. »Glaubst du, hier ist jemand zu Hause?«
    »Gleich werden wir’s wissen.«
    Katrine stapfte zur Tür und klopfte fest gegen die mattierte Scheibe. Irgendwie wirkte das sehr professionell, fand Maja. Wahrscheinlich hatte sie das schon eine Million Mal gemacht. Sie warf Katrine, die mit ihren dunklen zurückgestrichenen Haaren, der schmalen Sonnenbrille und dem engen schwarzen T-Shirt etwas Einschüchterndes hatte, einen flüchtigen Blick zu. Als sie selbst bemerkte, dass sie die Sonnenbrille noch trug, nahm sie sie rasch ab.
    Katrine klopfte erneut an die Tür, diesmal noch kräftiger.
    »Vielleicht ist keiner zu Hause.«
    »Oder sie schlafen ihren Rausch aus. Das haben sie letztes Mal gemacht, als ich hier war.«
    Hinter der Haustür hörte man es rascheln. Kurz darauf öffnete sich die Tür, und ein kleines Mädchen im Nachthemd schaute überrascht zu ihnen auf. Sie musste ungefähr vier Jahre alt sein und hatte noch den Schlaf in den Augenwinkeln. Maja ging in die Hocke und lächelte sie an. »Hallo«, sagte sie.
    »Hallo«, wiederholte das Mädchen.
    »Ist deine Mama oder dein Papa zu Hause?«
    Das Mädchen nickte vorsichtig.
    »Wärst du so nett und würdest mal einen von ihnen holen?«
    »Okay«, antwortete das Mädchen rasch und lief ins Haus zurück.
    Maja erhob sich und versuchte durch den Türspalt einen Blick in den Flur zu werfen, doch war es so schummrig, dass sie nur ein paar Jacken an ihren Haken und einen Schuhhaufen sehen konnte.
    Das Mädchen kam mit ihrem Vater zurück. Er starrte sie schlaftrunken an. Der Mann war Mitte dreißig und hatte fettige, halblange Haare, die ihm wie eine Kappe am Kopf klebten. Er trug eine schwarze Trainingshose und ein verwaschenes grünes Metallica-Shirt.
    Katrine streckte die Hand aus. »Polizeirätin Katrine Bergman«, stellte sie sich vor. »Wir haben schon früher miteinander geredet wegen des Verschwindens Ihres Sohnes. Dies ist meine Assistentin, Maja …«
    »Haben

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