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Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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verfolgt hatte. Warum hatte sie nur dorthin gehen müssen?
    »Spielen die Hormone verrückt?«, fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen.
    Sie schaute ihn irritiert an. »Was soll das denn heißen?«
    »Ach nichts, entschuldige«, sagte er und warf die Hände in die Luft.
    »Ich hab nur versucht herauszufinden, was mit dir los ist.«
    »Das kannst du dir sparen.«
    »Na schön«, entgegnete er, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte aus dem Seitenfenster.
    »Danke«, knurrte sie und parkte den Wagen.
     
    In dem riesigen Laden stand die Luft still. Werdende Eltern und Großeltern schoben sich Schulter an Schulter durch die endlosen, randvoll mit Babyartikeln gefüllten Gänge, die an eine Großmarkthalle für Säuglinge denken ließen. Unter den Kunden, die um die besten Angebote kämpften, herrschte eine geradezu aggressive Stimmung. Den zahllosen schwangeren Bäuchen nach zu urteilen, stand dieser Gegend ein wahrer Babyboom bevor.
    Maja war in Schweiß gebadet, als ein Verkäufer sie zu der Abteilung für Sicherheitsausstattung führte. Es handelte sich um einen schlaksigen, völlig verpickelten jungen Kerl, der noch keine zwanzig war. Maja konnte sich nicht vorstellen, dass er selbst Kinder hatte, und fühlte sich bei ihm nicht gerade gut aufgehoben. Wenn man keine eigenen Kinder hatte, woher sollte man dann wissen, welcher Kindersitz der sicherste war? Sie war überzeugt davon, dass er irgendein Verkäufergewäsch absondern und versuchen würde, ihnen das teuerste Modell anzudrehen.
    Die stickige Luft machte ihr zunehmend das Atmen schwer. Hierherzukommen war die schlechteste Idee aller Zeiten gewesen, die sie bereits bitter bereute.
    »Hier ist der Trendline, unser Luxusmodell«, sagte der Verkäufer, indem er einen Kindersitz aus dem Regal nahm. »Er verfügt über einen weitaus besseren Komfort als die anderen Modelle und hat ergonomisch geformte Griffe.«
    Er schien alles über Kindersitze zu wissen und hob bereitwillig weitere Modelle herunter.
    Stig drehte den Trendlinesitz hin und her, ohne irgendwelche Erkenntnisse zu gewinnen. »Also, ich glaube, der ist ziemlich gut, Schatz«, sagte er schließlich. »Oder willst du lieber den hier?« Er zeigte auf ein Modell mit lila Nackenstütze.
    Maja lehnte sich gegen das nächste Gitterbett. »Mir doch egal«, antwortete sie kurzatmig und trocknete sich mit einem aufgeweichten Papiertaschentuch die Stirn.
    Stig seufzte. »Aber das ist doch eine wichtige Entscheidung«, wandte er ein. »Also lieber den mit den ergonomischen Griffen und den mit dem extra Schaumkissen?«
    »Nehmen wir einfach irgendeinen.«
    Der Verkäufer, der drauf und dran war, einen weiteren Sitz aus dem Regal zu heben, hielt in der Bewegung inne und warf Maja einen nervösen Blick zu.
    Sie spürte, dass ihr Taschentuchflusen im Gesicht klebten, und wischte sie von der Wange.
    »Ich dachte, du wolltest …«
    »Ist doch sowieso scheißegal!« Einige Kunden schauten Maja beunruhigt an.
    Tränen standen ihr in den Augen.
    »Aber mein Schatz«, sagte Stig und stellte den Kindersitz auf den Boden. Er versuchte sie zu umarmen, doch sie machte sich sofort wieder frei.
    »Wenn wir einen Unfall bauen und der Wagen ist total Schrott, dann kann so ein Ding aus Stoff und Plastik auch nichts mehr ausrichten. Dann ist das Baby sofort tot.« Sie schaute die beiden Modelle mit Abscheu an.»Ist sowieso alles nur eine Illusion.«
    Der Verkäufer hob die Hand, um etwas einzuwenden, doch Stig kam ihm zuvor. »Danke für die Hilfe, aber wir kommen schon zurecht.«
    Der Verkäufer lächelte erleichtert und eilte davon.
    Stig entdeckte zwei Kinderstühle, die aussahen wie psychedelische Pilze, und brachte Maja dazu, sich hinzusetzen. Trotz der niedrigen Höhe war das besser, als auf dem Boden zu sitzen.
    »Alles in Ordnung, mein Schatz?«, fragte er und lächelte vorsichtig.
    Sie nickte, zog ein weiteres Taschentuch hervor und schnäuzte sich.
    »Maja, kann ich dir irgendwie …« Er brach ab.
    Sie kniff die Lippen zusammen und senkte den Kopf. Es dauerte ein wenig, ehe sie antwortete. »Ich glaube, mit den Hormonen ist alles in Ordnung, aber danke, dass du fragst. Und entschuldige, dass ich so unausstehlich bin.«
    »Ist schon gut. Soll ich dir ein Glas Wasser holen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Sie saßen schweigend da, während Stig ein paar Papierkrümel von ihrer Stirn entfernte.
    »Ich habe gesehen, wie sie ihn vom Baum losgebunden haben.«
    Stig runzelte die Stirn und sah sie besorgt an. »Jetzt

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