Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
Vom Netzwerk:
drehte die Karte um. Auf der Vorderseite war eine Zeichnung. Sie zeigte Peter Pan, der Seite an Seite mit Wendy an Big Ben vorbeiflog. Er trug ein grünes Trikot, im Gürtel steckte sein Dolch. Er lächelte Wendy strahlend an, die ihm einen verliebten Blick zuwarf.
    Maja drehte rasch die Karte um. Die schnörkelige Schrift machte ihr plötzlich Angst. Was bedeutete das? War die Karte wirklich an sie gerichtet oder im falschen Briefkasten gelandet? Sie kannte nur einen Pan. Denjenigen, von dem die Zeitungen schrieben. Der Dennis und die anderen Jungen getötet hatte. Der Furcht und Schrecken am Ort ihrer Kindheit verbreitete. Was wollte er von ihr? Sie spürte, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten. »Stig!«
     
    Der wachhabende Beamte auf dem Polizeirevier hielt die durchsichtige Plastiktüte in die Höhe und studierte die Postkarte, die darin steckte. Er runzelte skeptisch seine rotblonden Brauen. »Und die Karte lag in Ihrem Briefkasten … In dieser Klarsichttüte?«
    Sein Blick wanderte von der Tüte zu Maja. Er war Mitte vierzig, rotwangig und beanspruchte viel Platz auf der anderen Seite der Theke.
    Maja schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, ich habe die Karte in die Tüte gelegt.«
    »Aha«, sagte der Beamte, indem er die Tüte senkte. »Und warum?«
    »Um Fingerabdrücke und DNS-Spuren zu sichern und so etwas.«
    Der Beamte schaute von Maja zu Stig, der neben ihr stand und in seinem schweißnassen Trainingsanzug aussah wie ein Penner. Seine Haare waren von dem Duschgel verklebt, das er nicht mehr hatte richtig ausspülen können. Er lächelte den Polizisten zaghaft an. »Wir wollten nur sichergehen, dass dies nichts mit dem gegenwärtigen Fall zu tun hat.«
    Der Beamte schaute Stig so misstrauisch an, als hätte der ihn um ein bisschen Kleingeld angebettelt. »Und welchen Fall meinen Sie?«
    Maja war mit ihrer Geduld langsam am Ende. »Wie viele Fälle gibt es wohl derzeit, in denen sich der Täter Peter Pan nennt und solche Bilder wie dieses hier zurücklässt?«, fragte sie und breitete die Arme aus.
    Der Beamte wandte den Blick ab. »Das ist vertraulich.«
    »So vertraulich, dass die Titelseiten sämtlicher Zeitungen seit drei Monaten voll davon sind.« Sie blickte ihn herausfordernd an.
    Der Beamte ließ ein Schnaufen hören. »Umso mehr …« Er legte die Plastiktüte auf die Theke und schob sie Maja entgegen. »Ich verstehe immer noch nicht, was Sie eigentlich von uns wollen. Es ist ja nicht illegal, jemandem eine Postkarte zu schicken.« Er schüttelte vielsagend den Kopf. »Wenn also niemand Ihren Briefkasten beschädigt oder Ihnen andere Unannehmlichkeiten bereitet hat, sehe ich für uns keinen Grund, tätig zu werden.«
    Maja ballte die Fäuste und schloss die Augen, während sie versuchte, sich zu beherrschen. »Ich möchte mit Katrine Bergman sprechen.«
    »Polizeirätin Katrine Bergman?«, fragte der Beamte und schaute sie ungläubig an.
    »Nein, ist vielleicht nicht nötig«, warf Stig ein und legte Maja rasch den Arm um die Schultern.
    »Genau die«, sagte Maja.
    Der Beamte schaute sie forschend an, doch Majas Blick verriet nicht den leisesten Zweifel. »Setzen Sie sich bitte dort drüben hin.« Er zeigte auf die heruntergekommene Sitzgruppe in einer Ecke des Vorzimmers. Als sie die Plastiktüte an sich nehmen wollte, legte der Beamte vorsichtig die Hand darauf. Sie nickte und betrachtete dies als halben Sieg.
     
    Sie ließen sich in das nikotingelbe Sofa sinken, das so tief war, dass Maja sich beklommen fragte, wie sie dort wieder herauskommen sollte. In dem schäbigen Vorzimmer herrschte reges Treiben, und der mangelnde Luftaustausch machte die Wartezeit schier unerträglich. Es dauerte zwanzig Minuten, ehe sie plötzlich eine Stimme über ihren Köpfen vernahmen: »Hallo, Maja«, sagte Kriminalkommissar Schæfer. Maja versuchte aufzustehen.
    »Bleiben Sie bitte sitzen«, sagte er und nahm Platz. Maja wunderte sich, dass er sie nicht aufforderte, ihn zu Katrine zu begleiten, doch sie sagte kein Wort.
    Er legte die Plastiktüte mit der Karte vor sie auf den Tisch.
    »Wenn ich meinen Kollegen richtig verstanden habe, dann haben Sie das heute Morgen in Ihrem Briefkasten gefunden?«
    Maja nickte. »Ja, Stig hat es gefunden.«
    Stig nickte, und Tom wandte ihm den Blick zu. »Haben Sie irgend eine fremde Person an Ihrem Briefkasten gesehen, Stig?«
    »Nein, der Einzige, den ich während meiner morgendlichen Joggingrunde gesehen habe, war der Vorsitzende der Hausbesitzervereinigung. Aber

Weitere Kostenlose Bücher