Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
Vom Netzwerk:
begannen mir dagegen unwichtig zu erscheinen. Der Unterschied zwischen dem Leben hier im Haus der Tanakas und dem Leben in Yoroido war so groß wie der Unterschied zwischen dem Duft einer kochenden Speise und einem ganzen Mundvoll dieser Köstlichkeit.
    Als es dunkel wurde, wuschen wir uns am Brunnen Hände und Füße und gingen hinein, um unsere Plätze auf dem Boden an einem quadratischen Tisch einzunehmen. Verblüfft sah ich, wie der Dampf unserer Mahlzeit bis in die Dachbalken aufstieg, und staunte über die elektrischen Lampen, die über unseren Köpfen hingen und strahlend helles Licht verbreiteten. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Bald brachten die Dienstboten das Abendessen aus gegrilltem Seebarsch, eingelegtem Gemüse, Suppe und gedämpftem Reis, doch kaum hatten wir zu essen begonnen, als das Licht ausging. Herr Tanaka lachte – offenbar geschah das recht oft. Die Dienstboten gingen umher und entzündeten die Laternen, die an hölzernen Dreifüßen hingen.
    Beim Essen wurde kaum gesprochen. Ich hatte erwartet, daß Frau Tanaka elegant sei, aber sie sah aus wie eine ältere Version von Satsu, nur daß sie sehr häufig lächelte. Nach dem Essen begann sie mit Satsu eine Runde Go zu spielen, während sich Herr Tanaka erhob und einer Dienerin zurief, sie solle ihm seine Kimonojacke bringen. Kurz darauf war er verschwunden, und Komako winkte mir, ihr zur Tür hinaus zu folgen. Draußen zog sie Zoris an und lieh auch mir ein Paar dieser Strohsandalen. Ich fragte sie, wohin wir gingen.
    »Still!« sagte sie. »Wir folgen meinem Papa. Das mache ich immer, wenn er ausgeht. Es ist ein Geheimnis.«
    Wir liefen den Weg entlang und bogen in die Hauptstraße Richtung Senzuru ein – immer in einiger Entfernung von Herrn Tanaka. Innerhalb weniger Minuten waren wir im Ort angelangt. Komako ergriff meinen Arm und zog mich in eine Seitenstraße. Am Ende eines gepflasterten Weges, der zwei Häuser miteinander verband, kamen wir an ein papierbespanntes Fenster, das von innen beleuchtet war. Komako preßte ihr Gesicht an ein Loch, das in Augenhöhe ins Papier gebohrt worden war. Während sie hineinspähte, hörte ich drinnen Gelächter und plaudernde Stimmen, und irgend jemand sang zur Saitenmusik eines Shamisen. Schließlich trat sie beiseite, so daß auch ich mein Auge an das Loch pressen konnte. Die Hälfte des Zimmers drinnen war durch einen Wandschirm vor meinen Blicken verborgen, doch wie ich sah, saß Herr Tanaka mit einer Gruppe von drei oder vier anderen Männern auf den Matten. Ein alter Mann neben ihm erzählte gerade, wie er einer jungen Frau einmal eine Leiter gehalten und ihr dabei unter den Rock gespäht habe; alle lachten, bis auf Herrn Tanaka, der in jenen Teil des Zimmers blickte, den ich nicht sehen konnte. Eine ältere Frau im Kimono brachte ihm ein Glas, das er hielt, während sie ihm Bier einschenkte. Herr Tanaka wirkte auf mich wie eine Insel mitten im Meer, denn während sich alle anderen über die Geschichte amüsierten – sogar die ältere Frau, die das Bier einschenkte –, fuhr Herr Tanaka einfach fort, ans andere Ende des Tisches hinüberzustarren. Ich löste mein Auge von dem Loch, um Komako zu fragen, was für ein Haus das sei.
    »Das ist ein Teehaus«, erklärte sie mir, »in dem die Männer von Geishas unterhalten werden. Mein Papa kommt fast jeden Abend hierher. Ich weiß nicht, warum es ihm hier so gut gefällt. Die Frauen schenken Getränke ein, und die Männer erzählen Geschichten – das heißt, solange sie nicht Lieder singen. Am Schluß sind sie alle betrunken.«
    Ich legte das Auge gerade rechtzeitig wieder an das Loch, um zu sehen, wie ein Schatten über die Wand wanderte. Dann kam eine Frau in mein Blickfeld. Ihre Frisur war mit grünblühenden Weidenkätzchen verziert, dazu trug sie einen hellrosa Kimono, der über und über mit weißen Blumensilhouetten geschmückt war. Der breite Obi um ihre Taille war orangefarben und gelb. Noch nie hatte ich etwas so Elegantes gesehen. Das Eleganteste, was die Frauen in Yoroido besaßen, war ein Kimono aus Baumwolle oder höchstens Leinen, mit einem einfachen blauen Muster. Im Gegensatz zu ihrer Kleidung war die Frau selbst jedoch alles andere als hübsch. Ihre Zähne standen so abstoßend weit vor, daß die Lippen sie nicht ganz bedeckten, und ihr Kopf war so schmal, daß ich fast glaubte, sie sei als Baby zwischen zwei Bretter gepreßt worden. Das mag grausam klingen, aber es kam mir sehr seltsam vor, daß Herr Tanakas Blick an ihr hing

Weitere Kostenlose Bücher