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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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etwas Schreckliches geschah.
    »Vater«, sagte ich, »Herr Tanaka will, daß Satsu-san und ich ins Dorf runterkommen.«
    Satsu nahm ihre Schürze ab, hängte sie an einen Haken und ging zur Tür hinaus. Mein Vater antwortete nicht, sondern zwinkerte ein paarmal und starrte auf die Stelle, an der Satsu zuletzt gestanden hatte. Dann richtete er den Blick finster zu Boden und nickte. Im Hinterzimmer hörte ich meine Mutter im Schlaf weinen.
    Satsu war schon fast im Dorf, bis ich sie eingeholt hatte. Seit Wochen hatte ich mir diesen Tag ausgemalt, doch niemals hätte ich erwartet, daß ich so große Angst empfinden würde. Satsu schien sich gar nicht darüber klar zu sein, daß dieser Gang ins Dorf sich von den anderen unterschied. Sie hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, die Holzkohle von ihren Händen zu waschen, so daß sie, nachdem sie sich die Haare zurückstrich, schwarze Streifen im Gesicht hatte. Da ich nicht wollte, daß Herr Tanaka sie in diesem Zustand sah, streckte ich, wie es meine Mutter getan hätte, die Hand aus, um die Streifen fortzuwischen. Satsu stieß meine Hand beiseite.
    Draußen vor der Fischfabrik verneigte ich mich und wünschte Herrn Tanaka einen guten Morgen. Natürlich erwartete ich, daß er sich freuen würde, uns zu sehen. Statt dessen wirkte er seltsam kalt. Vermutlich hätte das für mich ein erster Hinweis darauf sein müssen, daß sich die Dinge nicht so entwickelten, wie ich es mir vorgestellt hatte. Als er uns zu seinem Pferdefuhrwerk führte, sagte ich mir, er werde uns wahrscheinlich zu seinem Haus kutschieren, damit seine Frau und seine Tochter dabeisein konnten, wenn er uns über unsere Adoption informierte.
    »Herr Sugi wird vorn sitzen, bei mir«, erklärte er mir, »also solltet ihr, Shizu-san und du, hinten einsteigen.« Genau das sagte er: »Shizu-san.« Ich fand es ziemlich unhöflich von ihm, den Namen meiner Schwester so falsch auszusprechen, aber sie schien es nicht zu bemerken. Sie stieg hinten auf die Ladefläche und setzte sich, die Hand auf die schleimigen Bretter gestützt, inmitten der leeren Fischkörbe nieder. Dann wischte sie sich mit derselben Hand eine Fliege vom Gesicht und hinterließ dabei einen glänzenden Fleck auf ihrer Wange. Ich vermochte mit dem Schleim nicht so unbefangen umzugehen wie Satsu. Ich konnte an nichts anderes denken als an den Gestank und daran, wie schön es wäre, mir sofort, wenn wir Herrn Tanakas Haus erreichten, die Hände und womöglich sogar die Kleider zu waschen.
    Während der Fahrt sprachen Satsu und ich kein Wort miteinander, bis wir den Hügel vor Senzuru erklommen hatten. Da sagte sie plötzlich:
    »Ein Zug.«
    Ich blickte angestrengt hinunter und entdeckte in der Ferne einen Zug, der offenbar auf das Dorf zukam. Der Rauch wallte auf eine Art nach hinten, die mich an eine sich häutende Schlange denken ließ. Ich fand dieses Bild recht clever und versuchte es Satsu zu erklären, aber es schien sie nicht zu interessieren. Herr Tanaka hätte es zu schätzen gewußt, dachte ich, und Komako ebenfalls. Also beschloß ich, es zu erwähnen, sobald wir bei den Tanakas eintrafen.
    Doch dann wurde mir auf einmal klar, daß wir gar nicht zum Haus der Tanakas unterwegs waren.
    Ein paar Minuten später hielt der Wagen außerhalb des Dorfes auf einem Stück Land neben den Schienen. Eine Menge Leute standen dort, umgeben von aufgetürmten Säcken und Kisten. Und dort auf der Seite stand die Zappelfrau mit einem seltsam schmalen Mann in einem steifen Kimono. Er hatte weiches schwarzes Haar wie eine Katze und hielt einen Stoffbeutel in der Hand, der an einer Schnur hing. Ich fand, daß er nicht nach Senzuru paßte, vor allem, wenn man ihn neben all den Bauern und Fischern mit ihren Kisten und einer alten buckligen Frau mit einem Rucksack voller Yamswurzeln stehen sah. Als die Zappelfrau etwas zu ihm sagte und er sich umdrehte, um uns zu mustern, entschied ich sofort, daß ich Angst vor ihm hatte.
    Herr Tanaka stellte uns den Mann als Herrn Bekku vor. Herr Bekku sagte gar nichts, sondern musterte mich nur eingehend, während er anscheinend nicht wußte, was er von Satsu halten sollte.
    »Ich habe Sugi aus Yoroido mitgebracht«, sagte Herr Tanaka zu ihm. »Möchten Sie, daß er Sie begleitet? Er kennt die Mädchen, und ich könnte ihn für ein bis zwei Tage entbehren.«
    »Nein, nein.« Mit einer Handbewegung wehrte Herr Bekku den Vorschlag ab.
    So etwas hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Ich fragte, wohin wir fahren würden, da mir aber

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