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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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jenes Jahres, während ich noch achtzehn war, tranken General Tottori und ich bei einer Zeremonie im Ichiriki-Teehaus zusammen Sake. Es war die gleiche Zeremonie wie jene, die Mameha zu meiner älteren Schwester gemacht hatte und später Dr. Krebs zu meinem mizuage-Paten. In den darauffolgenden Wochen wurde Mutter von allen dafür beglückwünscht, daß sie eine so vorteilhafte Verbindung geschlossen hatte.
    Am ersten Abend nach der Zeremonie begab ich mich auf Anweisung des Generals in ein kleines Gasthaus namens Suruya nordwestlich von Kyoto, in dem es nur drei Zimmer gab. Ich war inzwischen so sehr an Luxus gewöhnt, daß mich die schäbige Umgebung überraschte. Im Zimmer roch es nach Schimmel, und die Tatamis waren vor Alter so trocken und vergilbt, daß sie unter meinen Füßen zerbröselten. In einer Ecke war Putz von der Wand gefallen. Im Nebenzimmer hörte ich, wie ein alter Mann laut einen Zeitschriftenartikel las. Je länger ich dort kniete, desto unbehaglicher fühlte ich mich, so daß ich ungeheuer erleichtert war, als der General endlich eintraf – obwohl er, nachdem ich ihn begrüßt hatte, nichts weiter tat, als das Radio einzuschalten und ein Bier zu trinken.
    Nach einiger Zeit ging er hinunter, um ein Bad zu nehmen. Als er danach wieder heraufkam, zog er sofort den Bademantel aus und marschierte, während er sich die Haare frottierte, splitternackt im Zimmer umher. Unter der Brust ragte sein kleiner, runder Bauch hervor, und darunter wuchs ein dickes Büschel Haare. Bis dahin hatte ich noch nie einen nackten Mann gesehen und fand das hängende Hinterteil des Generals fast schon komisch. Doch als er sich mir zuwandte, glitt mein Blick, wie ich zugeben muß, sofort dorthin, wo… nun ja, wo ich eigentlich seinen »Aal« erwartet hatte. Dort schlenkerte zwar etwas hin und her, kam aber erst richtig zum Vorschein, als der General sich auf dem Rücken ausstreckte und mir befahl, mich auszuziehen. Er war ein seltsamer, kleiner, verrückter Mann, doch ohne jedes Schamgefühl, wenn es darum ging, mir zu sagen, was ich tun sollte. Ich hatte befürchtet, daß ich selbst einen Weg finden müßte, wie ich ihn befriedigen konnte, doch wie sich herausstellte, brauchte ich nur seinen Befehlen zu folgen. In den drei Jahren, die seit meiner mizuage vergangen waren, hatte ich vergessen, wie groß mein Entsetzen gewesen war, als sich der Doktor schließlich auf mich herabsenkte. Jetzt erinnerte ich mich wieder daran, aber merkwürdigerweise empfand ich weniger Entsetzen als vielmehr eine unbestimmte Übelkeit. Der General ließ das Radio an und auch das Licht – fast so, als wollte er sichergehen, daß ich deutlich erkannte, wie schäbig das Zimmer war: in allen Einzelheiten, bis hin zu dem häßlichen Wasserfleck an der Decke.
    Im Laufe der Monate verschwand die Übelkeit, und meine Begegnungen mit dem General waren für mich nichts weiter als eine zweimal wöchentlich anstehende unschöne Pflicht. Manchmal fragte ich mich, wie es wohl mit dem Direktor sein würde, und ehrlich gesagt hatte ich ein bißchen Angst, es könnte genauso unangenehm sein wie mit dem Doktor und dem General. Doch dann geschah plötzlich etwas, was mich die Dinge in einem ganz anderen Licht sehen ließ. Ungefähr zu jener Zeit begann ein Mann namens Yasuda Akira regelmäßig nach Gion zu kommen. Sämtliche Zeitschriften hatten über ihn berichtet, weil er mit einer neuartigen Fahrradlampe, die er erfunden hatte, sehr großen Erfolg gehabt hatte. Im Ichiriki war er zwar noch nicht willkommen und hätte es sich wohl auch nicht leisten können, doch er verbrachte drei bis vier Abende die Woche in einem kleinen Teehaus namens Tatematsu im Tominaga-cho-Teil von Gion, nicht weit von unserer Okiya entfernt. Ich selbst lernte ihn bei einem Bankett im Frühjahr 1939 kennen, als ich neunzehn Jahre alt war. Er war so viel jünger als die Männer um ihn herum – vermutlich höchstens dreißig –, daß er mir sofort auffiel, als er das Zimmer betrat. Er strahlte die gleiche Würde aus wie der Direktor. Ich fand ihn überaus attraktiv, wie er mit aufgekrempelten Hemdsärmeln dasaß, das Jackett hinter sich auf den Matten. Einen Moment beobachtete ich einen alten Mann in seiner Nähe, der mit seinen Eßstäbchen ein kleines Stück geschmorten Tofu aufnahm, während er den Mund schon so weit aufgerissen hatte, daß ich an eine Tür denken mußte, die aufgeschoben wird, damit eine Schildkröte gemächlich hindurchmarschieren kann. Dagegen wurden mir fast

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