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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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Freund hielt. Und schlimmer noch: Ohne Nobu als Gönner wurde ich nicht mehr zu den Partys der Iwamura Electric eingeladen, und das bedeutete, daß es für mich kaum eine Möglichkeit gab, dem Direktor zu begegnen.
    Obwohl sich Nobu nicht mehr blicken ließ, kam der Direktor natürlich weiterhin regelmäßig ins Ichiriko. Eines Abends sah ich ihn im Flur, wo er leise einen jungen Mitarbeiter zurechtwies und seine Worte dabei mit dem Füllfederhalter unterstrich, aber ich wagte nicht, ihn zu unterbrechen, nur um ihm guten Abend zu sagen. An einem anderen Abend brachte ihn Naotsu, eine besorgt dreinblickende junge Lerngeisha mit einem sehr häßlichen Unterbiß, zur Toilette, als er mich sah. Er ließ Naotsu einfach stehen und kam herüber, um mit mir zu plaudern. Wir tauschten die üblichen Höflichkeiten aus. In seinem verhaltenen Lächeln glaubte ich die Art Stolz zu entdecken, die Männer oft zu empfinden scheinen, wenn sie ihre Kinder betrachten. Bevor er zu seinen Gästen zurückkehrte, sagte ich zu ihm: »Wenn es einmal einen Abend gibt, Direktor, an dem die Gesellschaft der einen oder anderen Geisha hilfreich wäre…«
    Das war sehr aufdringlich von mir, aber zu meiner Erleichterung nahm es mir der Direktor nicht übel.
    »Das ist eine gute Idee, Sayuri«, sagte er. »Ich werde bestimmt an dich denken.«
    Aber die Wochen vergingen, und er meldete sich nicht.
    Eines Abends Ende März kam ich zu einer sehr lustigen Party, die der Gouverneur der Präfektur von Kyoto in einem Teehaus namens Shonju gab. Dort entdeckte ich den Direktor, der gerade ein Trinkspiel zu verlieren schien – mit der gelockerten Krawatte und den hochgekrempelten Hemdsärmeln wirkte er sehr erschöpft. Eigentlich hatte der Gouverneur viel mehr Runden verloren, vertrug aber den Alkohol besser als der Direktor.
    »Ich bin froh, daß du hier bist, Sayuri«, sagte er zu mir. »Du mußt mir helfen. Ich habe Probleme.«
    Als ich die roten Flecken auf seinem glatten Gesicht sah und die nackten Arme mit den aufgekrempelten Hemdsärmeln, mußte ich gleich an Yasuda-san in jener Nacht im Tatematsu-Teehaus denken. Einen flüchtigen Moment hatte ich das Gefühl, als sei alles ringsumher im Raum verschwunden außer dem Direktor und mir und als würde ich mich ihm in seinem angetrunkenen Zustand zuwenden, bis er die Arme um mich legte, damit ich seinen Mund mit meinen Lippen berühren konnte. Ganz kurz verspürte ich sogar eine gewisse Verlegenheit, weil meine Gedanken womöglich so offensichtlich waren, daß der Direktor sie leicht zu lesen vermochte… Doch wenn dem so war, so ließ er es sich nicht anmerken. Um ihm zu helfen, verabredete ich mit einer anderen Geisha, das Tempo des Spiels ein wenig zu bremsen. Dafür schien mir der Direktor dankbar zu sein, und als alles vorüber war, setzte er sich zu mir, trank Unmengen von Wasser, um nüchtern zu werden, und unterhielt sich mit mir. Schließlich zog er ein Taschentuch heraus, das jenem in meinem Obi glich, trocknete sich damit die Stirn und strich sich das kräftige Haar zurück, bevor er zu mir sagte:
    »Wann hast du das letztemal mit deinem alten Freund Nobu gesprochen?«
    »Das ist schon eine ganze Weile her, Direktor«, antwortete ich. »Ehrlich gesagt, ich habe den Eindruck, daß Nobu zornig auf mich ist.«
    Der Direktor blickte auf sein Taschentuch hinab, das er sorgfältig zusammenlegte. »Freundschaft ist etwas sehr Kostbares, Sayuri«, sagte er. »Man darf sie nicht einfach wegwerfen.«
    In den darauffolgenden Wochen dachte ich oft über dieses Gespräch nach. Als ich mich eines Tages Ende April für eine Aufführung der Tänze der Alten Hauptstadt schminkte, kam eine junge Lerngeisha zu mir, die unbedingt mit mir sprechen wollte. Ich legte meinen Make-up-Pinsel hin und erwartete, daß sie mich um einen Gefallen bat, denn unsere Okiya war noch immer wohlversorgt mit Dingen, auf die andere in Gion inzwischen verzichten mußten. Statt dessen sagte sie:
    »Es tut mir furchtbar leid, wenn ich Sie belästige, Sayuri-san, aber ich heiße Takazuru. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir vielleicht helfen können. Ich weiß, daß Sie einmal sehr gut mit Nobu-san befreundet waren…«
    Nach den vielen Monaten, in denen ich mir Gedanken über ihn gemacht und mich furchtbar geschämt hatte für das, was ich getan hatte, genügte es, Nobus Namen ganz unerwartet zu hören, um mir das Gefühl zu geben, als wären Sturmläden geöffnet worden, um einen ersten frischen Luftzug hereinzulassen.
    »Wir müssen

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