Die Geisha - Memoirs of a Geisha
zurückzahlen wird, bis sie zwanzig ist.«
Hatsumomo wandte sich mir zu. Wenn man ihr Lächeln sah, hätte man denken können, sie sei eine Mutter, die ein Baby bewundert. Laut aber sagte sie dazu:
»Wenn Sie sie vielleicht an ein Freudenhaus verkaufen würden, Mutter…«
»Hör auf, Hatsumomo! Ich habe dich nicht hereingebeten, um mir so etwas von dir anzuhören. Ich will wissen, was du Mameha in letzter Zeit angetan hast, um sie zu provozieren.«
»Mag sein, daß ich Fräulein Etepetete den Tag verdorben habe, indem ich auf der Straße an ihr vorbeigegangen bin, aber sonst habe ich wirklich nichts getan.«
»Irgend etwas führt sie aber im Schilde – nur was?«
»Das ist doch wirklich kein Geheimnis, Mutter. Sie glaubt, daß sie sich durch unseren kleinen Dummkopf an mir rächen kann.«
Mutter antwortete nicht, sondern schien über Hatsumomos Worte nachzudenken. »Vielleicht«, sagte sie schließlich, »glaubt sie wirklich, daß Chiyo als Geisha erfolgreicher sein wird als unser Kürbisköpfchen, und möchte ein schönes Stück Geld an ihr verdienen. Wer könnte ihr das verdenken?«
»Ich bitte Sie, Mutter… Um Geld zu verdienen, braucht Mameha Chiyo nun wirklich nicht! Glauben Sie vielleicht, es wäre Zufall, daß sie ihre Zeit auf ein Mädchen verschwendet, das zufällig in derselben Okiya lebt wie ich? Wenn sie glaubt, es könnte helfen, mich aus Gion zu vertreiben, würde Mameha sich vermutlich sogar mit Ihrem Hund verbünden.«
»Nun komm schon, Hatsumomo. Warum sollte sie dich aus Gion vertreiben wollen?«
»Weil ich schöner bin als sie. Braucht sie einen besseren Grund? Sie will mich demütigen, indem sie allen sagt: ›Ich möchte Ihnen meine neue jüngere Schwester vorstellen. Sie lebt in derselben Okiya wie Hatsumomo, aber sie ist ein so kostbares Juwel, daß man sie statt dessen mir zur Ausbildung anvertraut hat.‹«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich Mameha so verhält«, sagte Mutter nahezu flüsternd.
»Wenn sie glaubt, sie könnte Chiyo zu einer erfolgreicheren Geisha machen als Kürbisköpfchen«, fuhr Hatsumomo fort, »wird sie sich noch wundern. Aber es freut mich, daß Chiyo in einen Kimono gewickelt und herumgezeigt werden wird. Das ist eine perfekte Gelegenheit für Kürbisköpfchen. Haben Sie schon mal gesehen, wie sich ein Kätzchen auf ein Wollknäuel stürzt? Kürbisköpfchen wird eine weit bessere Geisha sein, wenn sie ihre Krallen an dieser hier gewetzt hat.«
Das schien Mutter zu gefallen, denn sie hob die Mundwinkel zu einer Andeutung von Lächeln.
»Ich hätte nie gedacht, daß dies ein so schöner Tag werden würde«, sagte sie. »Als ich heute aufwachte, gab es zwei nutzlose Mädchen in der Okiya. Jetzt werden sie sich gegenseitig bekämpfen… und zwar mit Hilfe von zwei der prominentesten Geishas von ganz Gion!«
12. KAPITEL
Am folgenden Nachmittag ließ mich Mameha in ihre Wohnung kommen. Diesmal saß sie bereits am Tisch und erwartete mich, als die Dienerin die Tür aufschob. Ich war bemüht, mich angemessen zu verneigen, bevor ich in das Zimmer trat. Dann ging ich zum Tisch hinüber und verneigte mich abermals.
»Mameha-san, ich weiß nicht, was Sie zu dieser Entscheidung bewogen hat«, begann ich, »aber ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen…«
»Sei lieber noch nicht dankbar«, fiel sie mir ins Wort. »Bis jetzt ist noch nichts geschehen. Du solltest mir lieber erzählen, was Frau Nitta nach meinem gestrigen Besuch zu dir gesagt hat.«
»Nun ja«, antwortete ich ihr, »ich glaube, Mutter war ein bißchen ratlos, weil sie nicht wußte, wieso Sie auf mich aufmerksam geworden sind. Und ehrlich gesagt, das bin ich auch.« Ich hoffte, Mameha würde etwas dazu sagen, aber das tat sie nicht. »Was dagegen Hatsumomo betrifft…«
»Auf die wollen wir keinerlei Zeit verschwenden. Du weißt ja, daß es ihr ein Vergnügen wäre, dich ganz tief fallen zu sehen. Genau wie Frau Nitta.«
»Ich begreife nicht, warum Mutter mich fallen sehen wollte«, sagte ich. »Wenn ich Erfolg habe, wird sie schließlich mehr Geld verdienen.«
»Außer du zahlst deine Schulden zurück, bis du zwanzig bist, denn dann wird sie mir eine ganze Menge Geld schulden. Diese Wette habe ich gestern mit ihr abgeschlossen«, erklärte Mameha, während die Dienerin uns Tee servierte. »Wenn ich nicht fest davon überzeugt wäre, daß du Erfolg haben wirst, hätte ich diese Wette nicht abgeschlossen. Doch darfst du niemals vergessen, daß es bei mir sehr strenge Regeln
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