Die Geishas des Captain Fishby
hineinragte: „Dort, auf der
Chinen-Halbinsel, kann man die Riedgräser, die Binsen für die Tatamis, die
Matten, die wir auf den Boden im Cha ya legen, bekommen. Sie sind hellgrün und
riechen gut. Und wir würden die Binsen ja selber mit Pferdefuhrwerken holen,
aber die Militärpolizei läßt uns nicht dorthin.“
Fisby nickte. Das war ein Sperrgebiet,
zu dem die Eingeborenen nur mit einem besonderen Passierschein Zutritt hatten.
„Gut, dann sucht euch ein paar Leute. Ich nehme den Jeep mit Anhänger, und wir
laden ihn dann dort voll.“ Und mit dem Finger drohend setzte er hinzu: „Aber es
muß rasch gehen!“ Es dauerte ziemlich lange, bis Captain Fisby abfahren konnte.
Zunächst gab es einen Streit zwischen Hokkaido und dem Bürgermeister wegen der
weißen Jacke, die, wie der Bürgermeister behauptete, unterwegs schmutzig werden
könne.
Fisby, der die Jacke genau musterte,
sah dabei, daß sie schon recht abgetragen war, warf dem Bürgermeister einen
vernichtenden Blick zu und fällte dann eine wahrhaft salomonische Entscheidung:
wenn Hokkaido nämlich mitfahre, tue er das in seiner Eigenschaft als Präsident
und müsse deshalb diese Jacke tragen. Darauf gerieten Sakini und Hokkaido
aneinander. Hokkaido erhob als Präsident Anspruch auf den Vordersitz im Jeep,
während Sakini behauptete, daß unbedingt er dort sitzen müsse, damit der Chef
den Weg auch wirklich finde.
Zu allem Überfluß wollten die
Polizisten samt und sonders im Anhänger mitfahren, was überhaupt nicht möglich
war. Es kam darüber zu einem heftigen Zwist, den Hokkaido als Präsident
vergeblich zu schlichten versuchte. Schließlich griff Fisby selber ein:
„Sakini, sag den Polizisten, daß wir
nicht mehr als sechs Mann mitnehmen können. Wo sollen wir sonst die Gräser
hintun?“
Dieser Befehl verursachte ein neues
langes und aufgeregtes Verhandeln, aber schließlich konnte Fisby dann doch
starten. Vorn neben ihm thronte feierlich Hokkaido, während Sakini hinten im
Jeep saß und sechs Polizisten im Anhänger hockten, wo sie tüchtig
durcheinandergeschüttelt wurden.
Als sie in die Nähe von Klein-Koza
kamen, deutete Hokkaido auf mehrere Strohhütten, die dort inmitten eines
Wäldchens von Zwergkiefern standen.
„Chef“, erklärte Sakini, „Hokkaido ist
dafür, daß wir hier halten und beim Bürgermeister Tee trinken.“
„Sakini“, erwiderte Fisby, und er drehte
sich dabei mürrisch um, „sag ihm, wir sind geschäftlich unterwegs und haben
keine Zeit für Besuche.“ Er gab Gas und fuhr um Klein-Koza herum, um so auf die
Straße zu gelangen, die am Meer entlangführt.
Als sie durch Maebaru kamen, begannen
die Polizisten im Anhänger durcheinanderzurufen: sie wollten gern, wie Sakini
dolmetschte, ein paar Freunden ihre Aufwartung machen. Fisby tat jedoch so, als
ob er nichts höre, und fuhr nur um so schneller. In jedem einzelnen Dorfe
wiederholte sich dieses Spiel von neuem. Aber der Captain blieb weiterhin
schwerhörig. Erst auf dem Rückweg, nachdem sie den Wagen mit Binsen vollgeladen
hatten, half ihm seine vergebliche Taubheit nicht mehr.
„Wir müssen in Takaesu halten“, rief
Sakini nachdrücklich, kurz bevor sie dort einfuhren.
„Warum?“ fragte Fisby, der allmählich
hungrig geworden war.
„Um den Webstuhl zu holen.“
„Was für einen Webstuhl?“
„Wir wollen doch aus den Binsen Matten
weben.“ Fisby seufzte verzweifelt und warf einen Blick zurück auf die sechs
Polizisten, die oben auf den Gräsern im Anhänger hockten.
„Wo soll denn der noch hin?“
„Hier oben“, antwortete Sakini und
wies auf das Verdeck des Jeeps.
„Da ist doch kein Platz“, sagte Fisby
ärgerlich. „Aber Chef“, entgegnete Sakini, „was sollen wir mit den Binsen
machen, wenn wir nicht Matten aus ihnen weben können?“
Fisby schob seine Mütze zurück. Er
sah, wie Hokkaido traurig wurde, so als ob er gleich zu weinen anfangen wollte.
„Na schön, nehmen wir den Webstuhl mit. Aber sag Hokkaido, er soll um Gottes
willen nicht flennen.“ Sie hielten vor einem niedrigen, fabrikähnlichen
Gebäude. Fisby, Hokkaido und Sakini, gefolgt von den sechs Polizisten, betraten
das Haus, wo sie von drei Japanern mit tiefen Verbeugungen begrüßt wurden. Als
sie an einem — wie Fisby glaubte — Konferenztisch Platz genommen hatten, wurden
Teetassen aufgetragen, und man schenkte goldgelben Tee ein. Fisby hätte lieber
gewünscht, es wäre pechschwarzer Kaffee gewesen. Wie konnte man bloß Tee so
früh am Tage trinken!
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