Die Geishas des Captain Fishby
Sukiyaki zu. Aber die anderen behaupten, er verstehe nichts davon. Der
Polizeichef soll es darum tun.“ Fisby war dieser Zank gar nicht recht. Daß nur
niemand auf den Gedanken käme, ihn zum Schiedsrichter darüber einzusetzen, wer
von den beiden nun kochen sollte! Um sich von seiner Befürchtung abzulenken,
versuchte er krampfhaft ein Gespräch in Gang zu bringen. „Sakini“, wandte er
sich wieder an den Dolmetscher, „sag doch ‘Goldblume’, es sei mir aufgefallen,
daß sie heute nur lackierte Teller, Schüsseln und Becher benutze.“
Die Geisha sah einen Augenblick von
der Pfanne auf, lächelte und ließ durch Sakini antworten, bei offiziellen
Gesellschaften sei das immer so üblich.
Fisby hielt jetzt den Zeitpunkt für
gekommen, eine Lanze für Seiko zu brechen. „Ich hatte eigentlich erwartet, daß
das bemalte Geschirr heute eingeweiht würde.“
„Nein, das ging nicht“, erwiderte
Sakini, „weil das, was ihr jemand gebracht hat, nicht genügt, nicht einmal für
einfache Gesellschaften.“
„Wer hat es ihr denn gebracht?“
forschte Fisby weiter. „Danach hat sie gar nicht gefragt. Jedenfalls meint sie,
der, der das Geschirr bemalt hat, sei nur ein Stümper.“
Natürlich war das niemand anderes als
Seiko gewesen, und sie spielte nur die Gleichgültige, wie unschwer zu erraten
war.
„Ich habe übrigens gehört“, sagte Fisby
mit der unschuldigsten Miene von der Welt, „Seiko ist wieder im Dorf. Ist er am
Ende heute abend auch hier?“
„Goldblume“ schnitt ein verächtliches
Gesicht und tuschelte dann mit Sakini: „Pah — was soll der hier? Er hat ja
nichts Richtiges anzuziehen. Wer bloß im Cha ya herumsitzt, Mädchen nachläuft
und durchs ganze Land vagabundiert, der kann ja auch keinen Kimono haben.“
„Goldblume“ ergriff wieder die kleine
Porzellanflasche mit dem Sake und füllte Fisbys Becher von neuem.
Verstohlen blickte Fisby zu Hokkaido
hinüber und stellte erleichtert fest, daß der Streit endlich beigelegt schien.
Von den anderen überstimmt, hatte Hokkaido das Amt des Kochs dem Polizeichef
überlassen müssen, was ihn jedoch nicht daran hinderte, sich unaufhörlich mit
unerbetenen Ratschlägen einzumischen.
Als Hokkaido merkte, daß Fisby zu ihm
hinübersah, winkte er, stand dann etwas mühsam auf und kam, sehr zu Fisbys
Mißfallen, langsam auf ihn zugeschritten. Er verneigte sich tief, und Sakini
stotterte, sichtlich peinlich berührt: „Chef, Hokkaido fragt, ob er für Sie und
den Doktor ein paar Lieder singen darf, während das Sukiyaki gekocht wird.“
Fisby spürte, daß es auf einmal
merkwürdig still im Saale geworden war. Aller Augen waren ängstlich flehend auf
ihn gerichtet. „Oh, ich weiß nicht“, räusperte er sich. „Was meinen Sie dazu,
Doktor?“
„Nun, ich höre immer gern ein Lied“,
antwortete der Arzt. „Und was denken Sie?“
Fisby hätte jetzt am liebsten
überhaupt nichts gedacht. Schon wurden von den anderen Tischen her Hokkaido ein
paar höhnische Bemerkungen zugerufen, und selbst „Goldblume“ wirkte sonderbar
nervös. Fisby wollte sich gerade dahin gehend entscheiden, Hokkaido möge doch
lieber etwas später singen, aber da er an Hokkaidos vor Erwartung glühendem
Gesicht ablesen konnte, wie sehr er sich darauf freute, etwas vortragen zu
können, brachte er es nicht über sich, ihn zu enttäuschen. „Nun ja“, meinte er
leise. „Das wäre vielleicht nicht schlecht.“
Sakini starrte Fisby fassungslos an.
„Soll ich ihm das wirklich sagen, Chef?“
„Ja, natürlich, wir möchten gern ein
Lied hören.“
Im Saal erhob sich lautes Seufzen und
Stöhnen, und Fisby rutschte unruhig auf seinem Kissen hin und her. Aber
Hokkaido rieb sich befriedigt die Hände und strahlte übers ganze Gesicht. Dann
setzte er eine feierliche Miene auf und ließ verkünden, daß er jetzt ein vier-
oder fünfhundert Jahre altes Lied vortrage. Es handle von einer Männerschar,
die von China über das Meer gekommen sei, um das Schloß Nakagusuku zu erobern.
„Ach, dann ist es also ein
Kriegslied?“ fragte Fisby interessiert.
„Ja, Chef. Und Hokkaido muß darin
viele Rollen singen — die der Männer im Schloß und die der Männer, die aus
China herübergekommen sind. Und das Schwere sei dabei, läßt er sagen, daß es
ein Lied fast ohne Worte ist.“
Der Doktor starrte Fisby an. Fisby
starrte den Doktor an. „Man kann aber doch kein Lied singen, das gar keinen
Text hat?“
„Doch, er singt eben den Lärm von den
Schlachten. Darf er jetzt
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