Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
sogenannte Schmidtmaschine: Radioaktives Material sendet während seines Zerfalls Elektronen aus. Der Zerfall geschieht zufällig – in unregelmäßigen Abständen schleudert die radioaktive Quelle Elektronen nach außen. Die Zahl der Elektronen, die aus einer Quelle geschleudert werden, kann man mit einem sogenannten Geiger-Müller-Zählrohr messen: Jedes Elektron, das im Zählrohr landet, erzeugt einen elektrischen Impuls. Wenn man diesen Impuls mit einem kleinen Computer verschaltet, kann man aus einer Reihe von Impulsen eine zufällige Zahlenfolge von Nullen und Einsen erzeugen:
01101010110001101110100110110 …
Die Schmidtmaschine nutzt also den zufälligen Zerfall einer radioaktiven Quelle, um eine ebenso zufällige Zahlenreihe zu erzeugen. Die Schmidtmaschine ist nichts anderes als eine aufwendige Variante des Münzwurfs.
Ich klemmte zusätzlich zwei Lichter an »meine« Schmidtmaschine. Löste der elektrische Impuls die Zahl eins aus, leuchtete ein grünes Licht auf; löste der Impuls eine Null aus, erschien ein rotes Licht. Während eines Psychokineseexperiments setzte ich eine Person vor die beiden Lampen und bat sie, den Zerfallsprozess der radioaktiven Quelle so zu beeinflussen, dass die grüne Lampe häufiger leuchtete als die rote. Am Ende berechnete ich die Abweichung vom Zufallswert beziehungsweise vom Erwartungswert, wie Wissenschaftler es nennen. Wenn die grüne Lampe so oft leuchtete, dass es kein Zufall mehr sein konnte, war der Effekt signifikant. Das würde bedeuten, dass die Versuchsperson auf den Zerfall der radioaktiven Quelle einwirkte.
Am ersten Versuch in Freiburg nahmen vor allem Studenten teil. Lars war einer von ihnen. Er studierte Psychologie und kam eines Nachmittags ins Versuchszimmer.
»Grüß Gott«, sagte er. Lars war gebürtiger Bayer. »Ich komm wegen dem Fernsteuerungsversuch«, sagte er lässig und lächelte. Wir begrüßten uns per Handschlag, er hatte einen festen Händedruck.
»Bitte, setzen Sie sich hierhin; wir können gleich mit dem Versuch anfangen«, forderte ich ihn auf. Gleichzeitig legte ich ihm noch vor Beginn des Experiments drei psychologische Fragebögen vor. Mich interessierte nicht nur, ob die Menschen zu Psychokinese in der Lage sind, ich wollte auch wissen, ob ihre Persönlichkeit vielleicht etwas mit der Fähigkeit zu tun hat.
Lars stöhnte. »Sie wollen es aber ziemlich genau wissen«, murmelte er, als er sich die Fragen durchlas.
Was ich von ihm wissen wollte, war durchaus ungewöhnlich, entsprach aber den Standards eines Persönlichkeitsfragebogens. Sind Sie depressiv veranlagt? Würden Sie sich als ängstlich bezeichnen? Sind Sie eher extrovertiert? Solche Fragen.
Außerdem sollte Lars einschätzen, ob er es sich prinzipiell zutraue, Dinge in seiner Umwelt mental zu beeinflussen. Als er diese Frage las, blickte er kurz auf und sah mich über den Tisch hinweg, an dem wir beide saßen, herausfordernd an. »Ob ich die Umwelt mental beeinflussen kann? Na ja, ich hab mir gedacht, das werde ich hoffentlich während meines Psychologiestudiums lernen, oder etwa nicht?«
Er blickte mich lange an und lächelte dabei selbstgewiss. Ich wusste nicht, ob er nun wirklich eine Antwort auf diese Frage erwartete. Schließlich senkte er den Kopf wieder und kreuzte, das konnte ich von der Kopfseite des Textes aus sehen, das unterste Kästchen der Frage an. Er war offensichtlich der Überzeugung, seine Umwelt mental beeinflussen zu können.
Schließlich füllte er noch den letzten Fragebogen aus, der sein aktuelles Befinden abfragte.
In welcher Stimmung sind Sie?
Fühlen Sie sich ausgeglichen?
Haben Sie Stress bei der Arbeit?
Haben Sie privaten Ärger?
Lars schob mit dem Fuß seinen Rucksack zur Seite, den er gleich beim Hereinkommen neben sich auf den Boden gestellt hatte.
»Fangen wir jetzt an?«, fragte er dann.
Ich nickte. »Gleich«, sagte ich.
Entgegen der ursprünglichen Anordnung bei Helmut Schmidt sah Lars nun keine grüne und keine rote Lampe vor sich leuchten. Ich wollte den Versuch noch genauer gestalten und hatte mir eine kleine Änderung ausgedacht. Lars sah in einen kleinen Kasten, in dem sechzehn kleine Signallämpchen übereinander angeordnet waren. In der Ausgangsposition leuchteten die acht unteren Lämpchen. Als der Versuch begann, kam Bewegung in das »Lämpchenthermometer«, wie ich die Konstruktion nannte.
»Immer wenn ein Elektron aus der radioaktiven Quelle die Zahl eins erzeugt, klettert das Lämpchenthermometer nach oben:
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