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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
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Architekten noch lauter hallen.
    »Verdammt noch mal, die Bauarbeiter sind überhaupt kein Problem. Im Gegenteil, die sind glücklich und zufrieden verschwunden. Das Problem ist, dass wir schon wieder gegen Widerstände arbeiten müssen, wie immer! Der 1. Mai steht doch vor der Tür! Könnte man vielleicht mal erfahren, warum alles auf einmal so schnell gehen soll? Ihr habt den Kasten Jahrzehnte lang vergammeln lassen, und nun wollt ihr das ganze Projekt innerhalb von einem Monat völlig umschmeißen? Verdammte Scheiße, Mann, so geht’s nicht … Nein, das Problem ist gar nicht mal, dass eine Änderung des Entwurfs so kompliziert ist. Dieser freie Raum, den ich geplant habe, aus dem kann ich mit zwei, drei Änderungen einen Ausstellungsraum für ein Museum machen. Aber wir beide wissen sehr wohl, dass das nicht der Punkt ist. Die Presse hat die Nachricht schon gebracht. Wir sind eine Verpflichtung eingegangen. Ich habe meinen Namen für das Projekt hergegeben. Das ist nicht mein Stil, verstehst du! Und auch nicht der Stil meines Büros. Klar akzeptiere ich deine Argumente, aber du musst endlich mal meine Argumente akzeptieren! Ich kann einfach nicht die Verantwortung für das neue Projekt übernehmen, und wenn es tausend Mal auf meinem alten Entwurf basiert. Mann, ich habe eine Bibliothek geplant, und wenn ihr jetzt entschieden habt, daraus ein Museum zu machen, steige ich aus. Ganz einfach.«
    Arcadio nimmt die Kasserolle und betrachtet das Innere. Die blaue Porzellanschicht ist gesplittert. Er begutachtet die Gebrauchsspuren, als seien sie von höchstem Interesse. Wenn ihn jemand in diesem Moment sehen würde, würde er sich fragen, warum ein vernunftbegabter Mensch beim Betrachten eines Kochtopfs vor Glück zu strahlen scheint.
    »Nein, nein, nein und noch mal nein! Jetzt hör mir mal zu«, geht das Gespräch oben weiter. »Hörst du mich? Ich werde meine Meinung nicht ändern. Wirklich, es tut mir herzlich leid. Aber ich habe einfach zu viele andere Projekte in der Warteschleife, um mit eurem ewigen Hin und Her meine Zeit zu verplempern. Wenn ich dir sage, dass ich aussteige, dann meine ich das auch. Ich kann dir höchstens noch ein anderes Büro empfehlen, aber ich kann dir natürlich nicht garantieren, dass sich das Projekt in dem Zeitraum, von dem du sprichst … Natürlich bin ich kooperativ, Mann, für wen hältst du mich eigentlich? Ich mache dir nur keinen Entwurf für dein Scheißmuseum. Und jetzt lass mich bitte nicht noch mehr Zeit verplempern! Während ich mit dir gesprochen habe, habe ich schon mindestens vier wichtige Anrufe verpasst. Wirklich, ich denke, du suchst dir besser einen Ersatzarchitekten, und ich gehe wieder zu meinen …«
    Mehr muss Arcadio nicht anhören. Er überquert den Wagenhof und schlüpft durch das Holztor. Auf der Straße angekommen, blickt er hoch. Zu den spitzbogigen Fenstern von Don Rodolfos Kabinett, das später dessen Sohn benutzte und das nun leersteht, wie alles andere auch. Zu dem großen Fenster im ersten Stock, wo früher das Ehepaar seine Zimmer hatte, die später zu Doña Maria del Rosers Gemächern mit dem angrenzenden kleinen Salon wurden, hinter dessen Fenstern Teresa wichtige Entscheidungen traf und der nun verlassen der Dinge harrt. Zu dem kleinen Bullauge im dritten Stock, wo die Kinder ihr Zimmer hatten und von dem aus Concha immer die vorübergehenden Passanten beobachtete. Neben seinen Füßen klappern die Fensterluken der Dienstbotenzimmer vor Aufregung, ihre Geheimnisse preiszugeben.
    Arcadio geht lächelnd weiter. Alles Leblose beobachtet und begleitet ihn schweigend.
    Als er die Hand in die Tasche steckt, um Violeta anzurufen, stellt er fest, dass er immer noch den Topf in der Hand hält.
Olympia , 1914
Öl auf Leinwand, 95 × 51 cm
MNAC, Sammlung Amadeo Lax
Montserrat Espelleta Torres, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Bella Olympia, »Schöne Olympia«, war während des Ersten Weltkriegs die Sensation auf den Bühnen von Barcelona. Begünstigt durch die spanische Neutralität in dem Konflikt, erlebte die Stadt in dieser Zeit einen bis dato unbekannten wirtschaftlichen Wohlstand. In genau diesem Kontext ist das Porträt zu verstehen, das den Höhepunkt einer Epoche einfängt, in der der Reichtum beispiellos glänzte und in der Müßiggang und Verschwendung maßgeblich zum Lebensstil der führenden Industriellen und Künstler der Stadt gehörten.
In dem Porträt bestechen die fröhliche Farbgebung der Stola der Sängerin – gelb,

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