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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
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dann weitergegangen. Während alle noch etwas verwirrt über die Baumblüte grübelten, spazierten die Autoritäten mit Maura und dem König vorneweg zum Haus mit der Nummer 71. Dort wurden sie schon von einem Lakaien mit einer Hacke erwartet. Keine Angst, das war natürlich nicht irgendein Werkzeug, sondern eine Sonderanfertigung extra für diesen Anlass aus Silber und Gold mit einem Griff aus Akazienholz. Ein echtes Museumsstück, auch wenn man noch nicht weiß, in welchem Museum es einmal landen wird. Zuerst hat es der Bürgermeister in die Hand genommen und dann dem König so feierlich übergeben, als würde er eine Monstranz überreichen. Und, stell dir vor, der König hat das Teil ohne jegliches Befremden, ja fast mit einer gewissen Übung in die Hand genommen, als hätte er mit dem Abriss von Städten schon Erfahrung. ›Was machen wir, wenn er den Stein nicht einreißen kann?‹, hat dann doch tatsächlich einer von diesen ewigen Nörglern gefragt, die die Fähigkeiten der Bourbonen immer in Frage stellen. Ich weiß nicht, woher er das hatte, aber Comillas hat ihm geantwortet: ›Kein Problem, mein Herr, machen Sie sich keine Sorgen. Der Stein ist zuvor gelockert worden, der sitzt wackeliger als ein alter Backenzahn.‹ Natürlich durften auch böswillige Kommentare nicht fehlen ›Ha, das habe ich schon immer einmal sehen wollen: Der König mit der Hacke in der Hand wie ein Arbeiter im Steinbruch!‹ Schließlich, wie nicht anders zu erwarten, löste sich der Stein ohne weitere Zwischenfälle, und alle haben applaudiert und sich gegenseitig beglückwünscht. In der Zwischenzeit hat der König um ein neues Taschentuch gebeten. Nach den Fotos für die Zeitungen und den unabdingbaren Grußworten hat sich das Komitee auf den Weg zur Capitanía General gemacht, wo direkt nacheinander die Audienz, das Mittagessen und der Empfang stattfinden sollten. Dann hat jemand den König nach seinem Befinden gefragt und ob er wünsche, den Programmablauf zu verändern. Aber Don Alfonso hat nur gesagt: ›Nein, nein. Lassen Sie uns wie geplant weitermachen. Was ist denn jetzt vorgesehen? Gehen wir jetzt essen?‹ Als sie ihm dann erklärten, dass sechshundert Unternehmer auf ihn warteten, um ihm über ihre neuesten Errungenschaften zu berichten, hat er nur die Augen geschlossen und mit dem Ärmel der Admiralsuniform den Schweiß abgewischt und gesagt: ›Dann soll es wohl so sein.‹ Aber dann ging gar nichts mehr. Am Tor der Capitanía General angekommen, hielt der König die Augen immer noch geschlossen und reagierte nicht einmal auf die Puffe, die ihm die honorigsten Adeligen aus seinem Gefolge verpassten. Ein Spaßvogel hat dann Witze darüber gerissen, ob vielleicht Bastardas dieses Programm ohne jede Pause organisiert hat. Ein anderer sprach sogar von einer Vergiftung, dann war von einem neuen Attentat die Rede. Aber das sind nur einige der Auswüchse. Jeder musste seinen Kommentar abgeben, aber alle schienen eher wegen der Störung des geplanten Tagesablaufes in Sorge als wegen des Zustandes des Ohnmächtigen. Und da niemand wusste, wie mit dem Zwischenfall umzugehen war, habe ich schließlich angeordnet, ihn sofort zu uns zu bringen, und alle waren einverstanden. Außerdem habe ich gedacht, dass ich mir dann hier andere Schuhe anziehen könnte. Rorrita, bitte sei nicht böse, ich weiß nur zu gut, dass du dich über einen hinkenden Ehemann ärgern würdest.«
    Maria del Roser lächelte amüsiert über Rodolfos Bericht, der so genau war, dass sie das Gefühl hatte, dabei gewesen zu sein. Sie bedachte ihren Mann mit einem wohlwollenden Blick.
    »Das hast du gut gemacht, mein Schatz, wie immer«, lobte sie ihren Mann.
    Rodolfo, der sich gerade seine alten Stiefeletten überstreifte, stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    »Ich bin mir sicher gewesen, dass du mich verstehst, meine Liebe. Und jetzt lass uns zu den Gästen gehen, ich höre da unten Krach, und ich will nicht, dass es heißt, die Gastgeber würden sich verstecken.«
    Der Lärm war wegen der Ankunft des Kardinals und dessen Gefolge entstanden – zwei oder drei Bischöfe sowie ein Erzpriester, die hastig die schmalen, kenntnisreichen Hände von Dr. Gambús segneten und sich so schnell zum Patio begaben, wo der Imbiss angeboten wurde, als ob sie den Weg kannten. Dort stellten sie fest, dass im Hause Lax vorzügliche Speisen gereicht wurden und dass die Gespräche der Anwesenden nur um ein Thema kreisten, nämlich den Galaempfang, der für denselben Abend im

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